Freibad-Ärger: Sind die Heidelberger Bäder "familienunfreundlich"?
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Von Sebastian Riemer und Julia Lauer
Heidelberg. In der Hitze dieser Tage erleben die Freibäder einen Riesenansturm. Doch wegen der Corona-Regeln dürfen im Tiergartenbad im Neuenheimer Feld nur 300 Gäste zeitgleich rein, im Bergheimer Thermalbad 100. Diese Begrenzung verstehen die meisten Badegäste, für Ärger sorgt aber weiterhin das Prozedere.
Denn man braucht Glück, um überhaupt ein Zeitfenster zu ergattern. Freigeschaltet werden diese im Internet immer drei Tage im Voraus – und zwar um Mitternacht. Ein Beispiel aus der Nacht auf Mittwoch: Um 0.30 Uhr sind für den Samstag in beiden Heidelberger Bädern noch zu allen Zeiten Plätze frei, um 0.45 Uhr sind einzelne Schichten bereits weg. Und am Mittwochmorgen um 9.30 Uhr ist zumindest im Thermalbad für Samstag alles ausgebucht.
Das nächste Problem, das noch immer nicht gelöst ist: Da man bei der Reservierung nicht gleich bezahlen muss, werden immer wieder reservierte Plätze nicht in Anspruch genommen. "Auf Grundlage unserer bisherigen Erfahrung kalkulieren wir diesen Ausfall ein", sagt dazu eine Sprecherin der Stadtwerke. Der Energieversorger betreibt beide Heidelberger Bäder. Es können also immer ein paar mehr Leute reservieren, als Plätze zur Verfügung stehen. Zugleich arbeite man weiter "mit Hochdruck" daran, ein Online-Bezahlsystem einzuführen. Dann müssten die Leute bei der Online-Reservierung gleich auch bezahlen. Aber: Ein konkreter Termin für die Einführung steht noch nicht fest, es gebe noch technische Probleme.
Neue Kritik kommt jetzt von den Heidelberger Grünen: Die beiden Freibäder seien "familienunfreundlich", heißt es in einer Pressemitteilung vom Dienstag. Bis vor Kurzem seien die Kinderbecken geschlossen gewesen, nun wenigstens das im Thermalbad geöffnet. "Aber die Aufenthaltsdauer von 1,5 Stunden ist für Menschen mit kleinen Kindern viel zu knapp. Da lohnt es sich nicht einmal, die Decke auszupacken", sagt Grünen-Stadträtin Kathrin Rabus. "Familien mit kleinen Kindern müssen auf die Nachbarkommunen ausweichen, wo die Babybecken geöffnet und die Zeitschienen länger sind. Das ist ein miserables Signal für Heidelbergs Familienfreundlichkeit."
Der Heidelberger Holger O’Malley, Vater der dreijährigen Leni, kann das bestätigen: "Für 90 Minuten packe ich mein Kind nicht ein, das lohnt sich nicht. Und im Tiergartenbad, wo man drei Stunden rein darf, ist das Kinderbecken zu." Er fährt mit seiner Tochter deshalb jetzt immer nach Walldorf. Dort gibt es Vier-Stunden-Fenster und ein offenes Kinderbecken. "Es ist natürlich Quatsch, dass wir uns dafür ins Auto setzen müssen, wo wir ja eigentlich zwei sehr schöne Bäder in Heidelberg hätten."
Auch eine Mutter aus der Weststadt, die am Dienstag mit ihren kleinen Kindern im Thermalbad ist, findet die Zeitfenster etwas knapp – erst recht, wenn kostbare Minuten beim Einlass verloren gehen. So wie an diesem Tag, als sie das Bad erst mit 20 Minuten Verzögerung betreten konnten. Dennoch sei ihr das lieber, als ins Neuenheimer Feld zu fahren. Sie sagt auch: "So kommen mehr Leute rein, das verstehe ich schon." Peter Otholt ist Schichtleiter im Thermalbad. Familien, sagt er, kämen vor allem in der zweiten von fünf Schichten, die um 10.30 Uhr beginnt. Bei ihm habe es noch keine Beschwerden gegeben. Auch seine Kollegin Ute Keim findet, dass die Zeit für Familien mit kleinen Kindern nicht zu knapp bemessen sei. Keim, selbst Mutter und Großmutter, meint: "Mit kleinen Kindern ins Schwimmbad zu gehen, ist anstrengend. Länger als zwei Stunden wollen viele Eltern gar nicht bleiben."
Die Grünen-Fraktion hatte sich mehrmals mit der Bitte an die Stadtwerke gewandt, den Freibadbetrieb mehr auf die Bedürfnisse von Familien zuzuschneiden. So sollten die Zeitfenster im Thermalbad ab 14 Uhr oder speziell für Familien verdoppelt werden. Zudem solle schnell auch das Babybecken im Tiergartenbad öffnen.
Immerhin dieser Wunsch wurde nun erhört. Auf RNZ-Anfrage meldeten die Stadtwerke gestern, dass das Planschbecken in dem Bad im Neuenheimer Feld ab sofort geöffnet sei. Bisher war dies nicht möglich, weil die Corona-Landesverordnung vorschreibt, dass jede "Attraktion" – so eine ist auch das Baby-Planschbecken – von einer Aufsichtsperson überwacht wird. "Wir haben bereits unser Personal um ein Drittel aufgestockt, um auch für Familien mit kleinen Kindern den Badbesuch attraktiv zu machen", so die Sprecherin.
Und auch in Sachen Zeitfenster tut sich etwas: "Sobald das Online-Bezahlsystem verfügbar ist, planen wir auch im Thermalbad Zeitblöcke von drei Stunden." Noch ginge das nicht, da im Kassenbereich viel weniger Platz sei als im Tiergartenbad. Erst mit der Online-Bezahlung ließen sich Schlangen besser vermeiden.