Freiwilliger Polizeidienst: Vorerst keine neuen "Hilfspolizisten"
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Von Martin Oversohl
Stuttgart. Ersatz-Polizei? Oder Sozialarbeiter in Uniform? Wenn es um die Aufgaben und die Ausstattung des Freiwilligen Polizeidienstes geht, liegen zwischen den beiden Polit-Partnern in der Landesregierung wahre Welten. Die CDU will aufrüsten, die Grünen wollen abrüsten – in dieser Legislaturperiode werden sie bei diesem Thema keinen Haken mehr setzen, obwohl Grün-Schwarz das eigentlich im Koalitionsvertrag festgelegt hatte.
"Es sieht leider so aus, dass wir uns beim Freiwilligen Polizeidienst nicht mehr einig werden, sagt CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart und schiebt den Schwarzen Peter den Grünen zu. Diese wollten den Polizeidienst offenbar gar nicht stärken. "Es reicht nicht aus, sich nach Krawallen wie in Stuttgart demonstrativ hinter die Polizei zu stellen und ansonsten in Sonntagsreden das hohe Lied auf das Ehrenamt zu singen", kritisiert er. "Man muss auch bereit sein, etwas zu tun." Es sei notwendig, die Polizei von vergleichsweise einfachen und ungefährlichen, aber durchaus zeitraubenden Aufgaben wie Prävention, Verkehrserziehung und Jugendarbeit zu entlasten.
Der freiwillige Polizeidienst unterstützt die Polizei vor allem bei großen Veranstaltungen, er regelt etwa den Verkehr bei Volksfesten oder Umzügen. Auch vorbeugend sind die Ehrenamtlichen aktiv und warnen zum Beispiel vor Wohnungseinbrüchen.
Als Reserve gibt es den Dienst in Baden-Württemberg schon seit 1963. Die grün-rote Vorgängerregierung wollte ihn auf Drängen der SPD abschaffen und beschloss 2011, keine neuen Hilfspolizisten mehr einzustellen. Die grün-schwarze Landesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, für den Freiwilligendienst eine neue Grundlage zu schaffen.
Ginge es nach der CDU, würden die Hilfssheriffs die Profis auch auf Streife begleiten, bewaffnet und in Uniform. "Sie sollten auf Anhieb als Ordnungshüter erkennbar sein", sagte Reinhart. "Die Optik und das Auftreten sind ein Aspekt der Prävention."
Die Grünen sind allerdings gegen den Einsatz des Freiwilligen Polizeidienstes auf Streife. "Wir wollen einen unbewaffneten und präventiv tätigen Polizeifreiwilligendienst ohne Uniform", sagt Uli Sckerl, der innenpolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion. "Er soll an sozialen Brennpunkten tätig sein." Es gehe um Ansprache und um Hilfsangebote zum Beispiel in Fußgängerzonen oder auf örtlichen Festen. "Wenn es zu Auseinandersetzungen kommt, müssen die Freiwilligen den Polizeivollzug zu Hilfe holen."
Strafverfolgung komme mit den Freiwilligen nicht in Frage: "Wir wollen und dürfen diese Ehrenamtler nicht in Gefahr bringen", sagte Sckerl. Das sei keine Frage des Zutrauens, sondern der Kompetenz, die man brauche, um diese anspruchsvolle Aufgabe zu übernehmen. "Diese Professionalität kann und darf man von Polizeifreiwilligen nicht erwarten, die eine Kurzzeitausbildung genießen."
Die Polizisten würden das Freiwilligen-Angebot lieber heute als morgen abschaffen und lehnen eine Bewaffnung strikt ab: "Auf keinen Fall", sagt Hans-Jürgen Kirstein, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Den Freiwilligen könne innerhalb von nur 14 Tagen kein ausreichendes Training geboten werden. "Nicht umsonst haben wir eine umfangreiche Ausbildung mit situationsbedingten Handlungstrainings, welche einer Prüfung unterliegen, ob jemand für den Polizeiberuf geeignet ist", sagt Kirstein. Die Landesregierung kaschiere mit dem Freiwilligen Polizeidienst lediglich die Lücken im Personal.
Optimismus verbreiten weder CDU noch Grüne, wenn es um eine Lösung vor der kommenden Landtagswahl geht: "Zwei derart unterschiedliche Konzepte lassen sich letztlich nicht vereinbaren", sagt Sckerl. Und auch der Juniorpartner kann die Macke im Koalitionsvertrag verschmerzen: "Ich kenne keinen Koalitionsvertrag, der zu 100 Prozent abgearbeitet wurde", bilanziert Reinhart.