Gelungene Integration: Von Gambia nach Wiesloch
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Von Hans-Dieter Siegfried
Wiesloch. Ansumana Sanneh kam im Januar 2016 nach Deutschland. Der 26-Jährige, bis dahin in Gambia beheimatet, machte sich per Schiff über das Mittelmeer auf den Weg, kam in Italien an, um dann direkt nach Deutschland weiterzureisen. So begann seine persönliche Erfolgsgeschichte, er lernte Deutsch, absolvierte mit Bravour eine Lehre als Maler, Tapezierer und Trockenbauer und ist seit einigen Tagen bei seinem Ausbildungsbetrieb in Heidelberg fest angestellt.
Sanneh wohnte zunächst in der Gemeinschaftsunterkunft an der Walldorfer Straße in Wiesloch. Schon von Beginn an besuchte er Deutschkurse, absolvierte erfolgreich in kurzer Zeit die jeweiligen Stufen – eine der Voraussetzungen für einen Ausbildungsplatz. Im Februar 2017 trat er eine Praktikumsstelle an und verlängerte diese wenig später. "Das hat mir Spaß gemacht", sagte Sanneh im Gespräch mit der RNZ am Rande der Stadtbücherei in Wiesloch. Sein Chef in dem Malerbetrieb bot ihm viel Unterstützung, setzte sich für ihn ein und übernahm Ansumana jetzt in eine feste Anstellung. "Meine Abschlussprüfung musste wegen Corona leider verschoben werden, aber jetzt hat alles geklappt", erzählte er. Über seine Beweggründe, seine Heimat Gambia zu verlassen, äußerte sich Sanneh nicht.
Aus Wiesloch zog er später um, denn die Verweildauer in den Gemeinschaftsunterkünften ist auf zwei Jahre begrenzt. Er kam in eine "Anschlussunterbringung" nach Dossenheim und wohnt dort mit anderen Flüchtlingen zusammen, sein Zimmergefährte stammt ebenfalls aus Gambia. Allerdings musste Sanneh erst einige Hürden überwinden. Da Gambia als "sicheres Herkunftsland" eingestuft ist, erhielt er zunächst keine Aufenthaltsgenehmigung. Aber mit einem Widerspruch setzte er sich vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe durch und erhielt eine "Ausbildungsduldung". Sollte er also einen Ausbildungsplatz vorweisen können, dürfe er bleiben. Und dies meisterte er erfolgreich. Mit der Festanstellung ist nunmehr auch eine weitere Aufenthaltsgenehmigung – für zwei Jahre – verbunden, dann wird über seinen speziellen Fall individuell entschieden. Bahman Zolfaghari, sein jetziger Chef, äußerte sich sehr zufrieden über seinen Schützling. "Er macht seine Sache toll und zeigt großes Engagement. Auch seine Deutschkenntnisse sind überdurchschnittlich." Sanneh, der in Gambia eine englischsprachige Schule bis zur zwölften Klasse besucht hatte, erhielt nicht nur an seinem heutigen Arbeitsplatz Unterstützung.
Volker Enders vom "Netzwerk Asyl" half dem jungen Mann auf unterschiedliche Weise. Denn bereits ab August 2015 erwiesen sich die Stadtbibliothek und das angrenzende Areal als Anziehungspunkt für Geflüchtete. Dort gab es freien Zugang ins Internet und so konnte man mit der jeweiligen Heimat in Kontakt treten. "Ich war von Anfang an als eine Art Streetworker mit dabei", berichtete Enders, der zeitweise als Sprecher des Arbeitskreises "Erwachsenenbildung" beim Netzwerk Asyl agierte. "Damals fanden in der Gerbersruhschule die ersten Sprachkurse für Flüchtlinge statt", erinnerte er sich. Enders lernte Sanneh vor etwas mehr als zwei Jahren noch in der Gemeinschaftsunterkunft kennen.
Später erhielt Sanneh vom Netzwerk Asyl einen Laptop und Enders besorgte zudem einen Ausweis für die Stadtbibliothek. Die sei nach wie vor für viele Flüchtlinge eine wichtige Anlaufstelle – zum einen wegen des Internets, zum anderen, um dort Bücher auszuleihen. Mit angepackt hat Enders unter anderem beim Umzug aus der Gemeinschaftsunterkunft in Wiesloch nach Dossenheim und begleitete Sanneh zur Gerichtsverhandlung nach Karlsruhe.
Während des Gesprächs mit der RNZ kramte Ansumana Sanneh in seinem Rucksack, um sein Smartphone herauszuholen. "Das ist der einzige Kontakt in meine Heimat", erzählte er. Viel laufe über Whatsapp und so könne er sich mit seiner Familie in Gambia austauschen. Auf dem Rucksack ist außen ein Aufkleber vom VFB Stuttgart angebracht, dem Sanneh die Daumen für die kommende Saison in der ersten Fußball-Bundesliga drückt. Er selbst hat es eher mit der Fitness als mit dem Kicken und ist auf dem Fahrrad viel unterwegs. Seine nächsten Ziele sind eine eigene Wohnung und der Führerschein. "Den brauche ich sicherlich für meinen Job als Maler", ließ er in hervorragendem Deutsch wissen. "Auch hier werde ich meine Unterstützung anbieten, vielleicht bekommen wir aus einem Topf sogar Zuschüsse", signalisierte Enders seine Hilfe. Auch nach dem Umzug nach Dossenheim besteht zwischen den beiden regelmäßiger Kontakt, aus dem einstigen Betreuer ist ein unverzichtbarer Freund geworden.
Sanneh ist ein gutes Beispiel für gelungene Integration, die immer von beiden Seiten kommen muss: Die Komponenten eigene Willenskraft, gepaart mit dem Wunsch, sich schnell einzuleben und die Sprache zu lernen, werden durch die Hilfe von außen, in diesem Fall durch das Netzwerk Asyl, optimal ergänzt. Wie Sophie-Lucia Gassner vom Integrationsmanagement der Stadt Wiesloch dazu informierte, wisse man derzeit von 16 Flüchtlingen im Zuständigkeitsbereich, die sich in Ausbildung befinden. "Mit Abstand am meisten gefragt ist ein Platz in der Altenpflege", so Gassner. Weitere Berufe sind beispielsweise Frisör, Fliesenleger, pharmazeutische Assistenz oder LKW-Fahrer. Etwa vier Personen hätten eine Ausbildung abgebrochen, teils aber eine andere angefangen. Gründe dafür waren laut Gassner mangelnde Sprachkenntnisse, die finanzielle Versorgung oder die weite Entfernung zu Arbeitsplatz oder Berufsschule.