Bayern: Söder-Regierung nach Panne bei Corona-Tests in Bedrängnis - Rotes Kreuz verteidigt sich
Wortgewaltige Ankündigungen, und nun diese Panne: Bayerns Regierung um Markus Söder gerät in Bedrängnis. 900 positiv auf Corona Geteste wissen nicht, dass sie infiziert sind. Die Opposition schießt scharf. Das Rote Kreuz gibt den Schwarzen Peter an Landesstellen zurück.
Die Panne bei der Übermittlung von Corona-Testergebnissen in Bayern bringt die Staatsregierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in Bedrängnis. Die Opposition kritisierte den CSU-Chef heftig und verlangte Konsequenzen. Söder, der sich bei einer Krisensitzung über die Panne informieren ließ, sagte eine für diesen Donnerstag geplante Reise an die Nordsee ab. "Bayern geht vor", schrieb er am Mittwoch auf Twitter. Während das Bayerische Rote Kreuz sich gegen Vorwürfe wehrt, drängt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf eine schnelle Behebung der Panne.
"Ministerpräsident Markus Söder hat ja selbst gesagt, das sei sehr ärgerlich - das ist ohne Zweifel so", sagte Spahn am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Es sei aber nun einmal so, dass "in außergewöhnlichen Zeiten auch Fehler passieren". Entscheidend sei, dass solche Fehler "transparent gemacht werden und dass sie dann schnell behoben werden", sagte Spahn. Dies mache die bayerische Staatsregierung.PAID BERLIN³: Söder und die K-Frage 14.38h
900 Corona-Infizierte werden nun informiert
Am Mittwochnachmittag hatte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) in München bekanntgegeben, dass 44.000 Reiserückkehrer nach Tests in Bayern noch kein Ergebnis bekommen haben, darunter auch 900 nachweislich Infizierte. Letztere sollen bis zum Mittag Informationen über ihren Befund bekommen. Grund für die Verzögerungen seien vor allem Probleme bei der Übertragung von Daten per Hand und eine unerwartet hohe Nutzung des Angebots, erklärte der Präsident des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Andreas Zapf.
Huml sagte am Mittwochabend in den ARD-"Tagesthemen", in dieser Dimension seien ihr die Verzögerungen nicht vorher bekannt gewesen. Auf die Frage, wer für die Panne die Verantwortung trage, sie oder Söder, antwortete Huml ausweichend. "Es ist wichtig, dass wir jetzt die Problematik erkannt haben und uns entsprechend darum kümmern und dass wir hier eben diese Verantwortung annehmen", sagte sie. Mehr als 300 Mitarbeiter allein beim Landesamt arbeiteten die Nacht durch, und man habe auch Unterstützung aus anderen Behörden.
Rotes Kreuz: Reisende per Hand erfasst
Das Bayerische Rote Kreuz wehrte sich unterdessen gegen Andeutungen, die darauf schließen lassen, dass die Hilfsorganisationen eine (Teil-)Schuld an dieser Problematik haben". Es sei bedauerlich, dass der "schweißtreibende Einsatz der Ehrenamtlichen" in ein negatives Licht gerückt werde, sagte ein Sprecher. Die bayerischen Hilfsorganisationen seien vom Freistaat beauftragt worden, innerhalb eines Tages fünf Teststationen zu errichten. Dabei hätten sie sich an den Vorgaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und der Gesundheitsämter orientiert. "Da das LGL sich nicht in der Lage gesehen hat, in dieser kurzen Zeit eine entsprechende Software zur Verfügung zu stellen, mussten die Reisenden händisch mit Formularen erfasst werden", hieß es in einer Mitteilung.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sieht in der bayerischen Corona-Panne die Spätfolge einer verfehlten Entwicklung: "Wir haben in den letzten 20 Jahren angesichts nicht bestehender Herausforderungen für den öffentlichen Gesundheitsdienst, den leider etwas kaputt gespart." Das räche sich jetzt. Reinhardt forderte, das Gesundheitswesen wieder besser auszustatten. Zurückhaltend äußerte sich der Ärztepräsident zu der Forderung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), wonach sich Reiserückkehrer aus Risikogebieten einem zweiten Corona-Test unterziehen sollen. Ob sich dieser Aufwand lohne, da mache er "ein Fragezeichen dran", sagte Reinhardt.12: Panne bei CoronaTests mit 900 Infizierten - 7f8c1fcf3d4852a2
Opposition macht Markus Söder verantwortlich
Oppositionspolitiker von Grünen, SPD und FDP sprachen wahlweise von "eklatantem Regierungsversagen", einer "desolaten Bilanz" und Schlamperei. Verantwortlich machten sie in erster Linie den Regierungschef, der zuletzt als guter Krisenmanager gelobt worden war und auch in deutschlandweiten Umfragen Spitzenwerte erzielte. Selbst als beliebtester möglicher Unions-Kanzlerkandidat wurde er gehandelt.
Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann erklärte: "Markus Söder muss umgehend dafür sorgen, dass das Handeln seiner Ministerinnen und Minister mit seinen wortgewaltigen Ankündigungen Schritt hält. Sonst muss man an dieser Stelle festhalten: Söder kann Krise nicht." Der SPD-Landtagsabgeordnete Markus Rinderspacher twitterte: "Dieses Versagen erfordert Aufklärung." Er warf unter anderem die Fragen auf: "Wie kann das passieren? Wer steht politisch dafür gerade?"
Private Unternehmen lösen Hilfsorganisationen ab
Seit dem 25. Juli können sich Reisende bei der Ankunft an den Flughäfen München und Nürnberg testen lassen, seit Anfang August in Memmingen. Zunächst war das Angebot freiwillig. Für Urlauber aus Risikogebieten greift seit Samstag bundesweit eine Testpflicht.
Darüber hinaus hatte die Staatsregierung seit Ende Juli Teststationen an den Hauptbahnhöfen München und Nürnberg sowie an den Autobahnraststätten Hochfelln-Nord (A8), Inntal-Ost (A93) und Donautal-Ost (A3) einrichten lassen. Diese wurden zunächst von Hilfsorganisationen betrieben. Seit dieser Woche übernehmen nach und nach private Anbieter den Betrieb. Damit soll auch die Datenübertragung an allen Stellen digitalisiert werden.
Rund 85.000 Tests wurden nach Angaben von Huml bislang insgesamt gemacht. Die Übertragungsprobleme beträfen aber fast ausschließlich die Tests an Raststätten und Bahnhöfen, wo insgesamt bei knapp 60.000 Menschen Rachenabstriche genommen worden seien. Wie viele von ihnen aus welchem Land ankamen und wo sie wohnen, war zunächst unklar. Zapf sprach von einer "Panne", Huml bedauerte die Verzögerungen.