Aufwendiges Event: Live-Gänsehaut im Lockdown: Ein Konzertstream der Gorillaz
Mit Livestream-Konzerten versuchen derzeit viele Musiker, sich in der Corona-Flaute über Wasser zu halten. Die innovative Cartoon-Band Gorillaz um Pop-Multitalent Damon Albarn zeigt, was damit möglich ist.
Der britische Musiker Damon Albarn (52) hat als Frontmann der erfolgreichen Cartoon-Truppe Gorillaz ein aufwendiges Event gewagt - und mit einem als Livestream verfügbaren Auftritt im Londoner Kong-Studio erneut seine Vorreiterrolle in der aktuellen Popmusik unter Beweis gestellt.
Das Erlebnis eines echten Konzerts konnte es natürlich nicht bieten, was die Gorillaz für Sonntagabend angekündigt hatten. Erst recht nicht, wenn man diese vor gut 20 Jahren gegründete, ursprünglich rein virtuelle Comicfiguren-Band schon mal tatsächlich auf einer Bühne erlebt hat.
Der von einem kunterbunten Trickfilm-Feuerwerk gesäumte 75-minütige Streaming-Gig zeigte aber immerhin, was dieser aus der Corona-Not geborene Live-Ersatz technisch und emotional möglich machen kann. Insgesamt rund 120 Beteiligten sei es zu verdanken, dass ein gutes Dutzend Live-Musiker und zahlreiche Gaststars eine Gorillaz-Performance präsentieren konnten, sagte Albarn, der seit Anfang der 90er Jahre weitere große Erfolge mit den Bands Blur und The Good, The Bad & The Queen feierte.
Ansonsten hielt sich der Sänger und Multiinstrumentalist nicht mit langen Ansagen auf, sondern ließ die dynamischen Bilder von Comic-Zeichner Jamie Hewlett («Tank Girl») und die tanzbaren Live-Sounds für sich sprechen. Die Cartoon-Figuren 2D, Murdoc, Noodle und Russel (also die eigentlichen Gorillaz) tauchten mit schrägen Späßen in Animationen auf - vor, neben oder hinter Live-Musikern wie Robert Smith (The Cure), Beck, Peter Hook (New Order), Matt Berry, Slowthai, Leee John und Schoolboy Q.
Pop-Legende Elton John und die malische Sängerin Fatoumata Diawara traten als Trickfilm-Figur oder Avatar auf. Vor allem Stücke des neuen Gorillaz-Albums «Song Machine Season One: Strange Timez» (2020) wurden gespielt. Dieses zwischen Soul-Balladen, Electro, Hip-Hop, Reggae, Gospel und Indie-Rock pendelnde Werk gilt als eine der besten Platten des Jahres.
Albarn hatte sich im Herbst in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur begeistert über den spontanen «Spirit» seines Multikulti-Projekts geäußert. «Man startet mit etwas und weiß nicht, wie es enden wird.» Musik, die «wie ein Puzzle ohne Bildvorlage» entstehe, sei für ihn viel interessanter als konkrete Richtungsvorgaben. Diesen Werkstatt-Charakter hatte nun auch das mitreißende Livestream-Konzert der Gorillaz.