Vor dem Lockdown: Der große Ansturm blieb in Mannheim aus
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Von Olivia Kaiser
Mannheim. Eine Akustik-Version von "Last Christmas" klingt durch das Einkaufszentrum Q 6/Q 7. Passend – immerhin beginnt am Mittwoch der harte Lockdown und die Einzelhändler müssen schließen. Es ist also die letzte Gelegenheit zum Weihnachtseinkauf für alle, die ihre Geschenke nicht im Internet bestellen wollen. Von Panikstimmung ist im Center allerdings am Montagmittag noch nichts zu sehen, obwohl mehr Menschen unterwegs sind, als sonst um diese Zeit. Das bestätigt auch Geschäftsführer Hendrik Hoffmann. Vor den Eingängen stehen mehrere Servicemitarbeiter, die aufpassen, dass jeder Kunde einen Mund-Nasen-Schutz trägt und den richtigen Ein- und Ausgang benutzt. "Weil wir nicht wussten, was uns erwartet, haben wir das Personal verstärkt", erklärt Hoffmann. "Es läuft aber alles sehr diszipliniert." Besonders frequentiert seien die geschenkorientierten Läden.
Auch auf den Planken ist noch nichts von einem Gedränge zu spüren. Es sind zwar auch dort mehr Menschen unterwegs, Schlangen bilden sich allerdings nur vor den typischen Weihnachtsgeschenk-Geschäften wie Juwelieren oder Parfümerien. Doch abseits der Haupteinkaufsstraßen herrscht gähnende Leere. Piotr Montag wartet auf Kundschaft. Seit 35 Jahren führt er das Juweliergeschäft Nemo abseits der Kunststraße. Ihn trifft der erneute Lockdown hart. "In der Woche vor Weihnachten mache ich den meisten Umsatz im ganzen Jahr", sagt er. "Aber es hilft ja nichts."
Gut besucht sind auch die Deko-Geschäfte, wo sich die Kunden noch schnell mit Weihnachtsschmuck und Kerzen eindecken. Entspannt einkaufen lässt es sich in den Bekleidungsgeschäften. "Ich habe einen Pullover für meine Mutter als Weihnachtsgeschenk gekauft", erzählt ein Mann und hält freudig eine Tüte in die Höhe. "Ich hatte Angst, dass die Geschäfte proppenvoll sein würden. Aber es lief sehr gut. Die Menschen achten auch auf die Abstände."
Am frühen Abend tummeln sich dann zwar mehr Einkaufswillige in der Innenstadt, der große Ansturm ist jedoch ausgeblieben. Mehrstöckige Einkaufstempel wie Kaufhof und Saturn bleiben unter der erlaubten Kundenanzahl, lediglich an den Kassen bilden sich kleinere Schlangen. Diesen Eindruck bestätigt auch Lutz Pauels, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Mannheim City. "Für einen Montag war zwar mehr Betrieb, aber von einem Ansturm kann man nicht sprechen." Das sei auch schon am vergangenen Wochenende so gewesen, obwohl die drohende Schließung des Einzelhandels da bereits bekannt gewesen sei. Generell sei die Stimmung unter den Gewerbetreibenden nicht gerade berauschend, doch "wir sind froh, dass wir noch die Zeit bis Mittwoch für den Abverkauf haben."
Ein Blick auf die Kennzeichen der Autos, die in der City unterwegs sind, zeigt, dass viele Bürger aus der Pfalz, Ludwigshafen, dem Rhein-Neckar-Kreis und Heidelberg den Weg nach Mannheim gefunden haben – nichts Ungewöhnliches für die Quadratestadt. Allerdings habe sich das Kundenverhalten verändert: "Die Leute halten sich nicht länger als nötig in der Stadt auf", weiß Pauels. "Sie gehen zielgerichtet in die Geschäfte, kaufen ein und verlassen die Stadt dann wieder." Deshalb komme es auch nicht zu voll belegten Parkhäusern. "Normalerweise bummeln die Menschen über den Weihnachtsmarkt, trinken einen Glühwein oder setzen sich noch in ein Café. Das ist ja alles gerade nicht möglich." Da die Verweildauer jetzt viel kürzer sei, käme es auch nicht zu Massenaufläufen.
"Die Menschen verhalten sich sehr diszipliniert", teilt Paules die Einschätzung von Hendrik Hoffmann. Die Polizei habe keine Schlangen vor Geschäften auflösen oder gar Läden zwangsschließen müssen. Polizei und Ordnungsdienst sind am Montag sehr präsent. Immer wieder fahren Einsatzfahrzeuge durch die Planken oder die Breite Straße. Auch zu Fuß patrouillieren Streifenpolizisten, von Weitem erkennbar in ihren gelben Warnwesten. "Insgesamt kam es zu keinen nennenswerten Vorkommnissen", berichtet ein Polizeisprecher kurz vor 19 Uhr. "Die Menschen verhalten sich alle sehr diszipliniert." Und um 20 Uhr sind die Straßen dann wieder einsam.