Rhein-Neckar Löwen: Deutliche Niederlage im Spitzenspiel gegen THW Kiel (Update)
Von Tillmann Bauer
Heidelberg. Sobald Frau und Kind schlummern, schmeißt Lukas Nilsson die Konsole an. Mit seinen schwedischen Freunden aus der Heimat daddelt der Rückraumspieler der Rhein-Neckar Löwen gerne mal im Internet, wenn sich der Tag dem Ende neigt. "So früh kann ich noch nicht schlafen", sagt der 24-jährige Familienvater. Nilsson ist eben ein echter Zocker – beim großen Spitzenspiel in der Handball-Bundesliga musste der Mann mit den langen blonden Haaren bei seinem ehemaligen Verein bewusst ins Risiko gehen. Für den Jackpot kurz vor Weihnachten hat es aber bei weitem nicht gereicht – der Meister THW Kiel hat seine Stärke trotz zweiwöchiger Quarantäne bewiesen, die Rhein-Neckar Löwen letztendlich deutlich mit 32:23 (15:11) besiegt und den Badenern schon den sechsten und siebten Minuspunkt in dieser Saison hinzugefügt – im Titel-Rennen müssen sich die Löwen also erst mal hinten anstellen.
"Alles in allem war die Durchschlagskraft der Kieler aus dem Rückraum zu stark für uns", sagte Uwe Gensheimer (7 Tore): "Irgendwann waren wir auch mental nicht mehr bereit, uns noch mal aufzubäumen, weil der THW dann zu weit weg war." Der Kapitän schob traurig hinterher: "Es tut uns leid."
Konnte Nilsson noch vor dem Anpfiff mit seinen Ex-Mitspielern scherzen, kippte die Stimmung nachdem der Ball durch die Lüfte flog. Gegen die großgewachsene Kieler Deckung – Hendrik Pekeler (2,03 Meter), Patrick Wiencek (2), Sander Sagosen (1,93), und Harald Reinkind (1,97) – tat sich der Mannheimer Rückraum extrem schwer. Mittelmann Andy Schmid wurde im ersten Abschnitt quasi komplett aus dem Spiel genommen, Lukas Nilsson und auch Niclas Kirkelokke hatten nur zu selten Lichtblicke. Weil die spielerische Klasse von Linkshänder Albin Lagergren (Verletzung am Zeh) weiterhin fehlte, warfen die Mannheimer in der Anfangsviertelstunde nur vier Tore, zur Pause waren es zumindest elf – trotzdem zu wenig, um sich an der Förde die Feiertage zu versüßen.
"Wir haben zu viele Fehler gemacht und verdient verloren", sagte Martin Schwalb: "Man muss neidlos anerkennen: Das war ein Statement von Weltklasse-Akteuren." Und doch war sein Team eigentlich lange im Spiel. Noch in der 40. Minute lag man lediglich mit zwei Toren im Rückstand (18:20) – was danach passierte, erinnerte aber an die jüngsten Auftritte gegen Flensburg, Hannover und den Bergischen HC: die Löwen brachen plötzlich vorne und hinten vollkommen ein, vergaßen alles, was sie sich vorgenommen hatten und ließen sich vom Kieler Star-Ensemble abschießen. Ja, teilweise sogar vorführen.
Lukas Nilsson wird also genervt unterm Weihnachtsbaum sitzen. Er mag es gar nicht, zu verlieren – einen gelungenen Jahresabschluss wird der Schwede wahrscheinlich trotzdem noch haben. Wenn das Fest vorbei ist, kommt an diesem Sonntag (17 Uhr) der HSC 2000 Coburg zum letzten Spiel des Kalenderjahres in die SAP Arena. Gegen den Aufsteiger sollte man sich auch ohne großes Risiko einen Heimsieg erspielen können.
Kiel: Ekberg 9/3, Sagosen 5, Reinkind 7, Voigt 7, Wiencek 1, Zarabec 1,Pekeler 2.
Löwen: Gensheimer 7/4, Kirkelokke 2, Groetzki 4, Nilsson 3, Schmid 3, Patrail 1, Petersson 2, Ahouansou 1.
Strafminuten: Sunnefeldt 4, Pekeler 2 – Kirkelokke 2, Lagarde 2, Gislason 2, Gensheimer 2.
Stenogramm: 3:2 (5.), 5:3 (10.), 7:4 (15.), 10:7 (20.), 11:8 (25.), 15:11 (Halbzeit), 17:13 (35.), 20:17 (40.), 23:19 (45.), 25:19 (50.), 29:21 (55.), 32:23 (Ende).
Update: Mittwoch, 23. Dezember 2020, 20.29 Uhr