Reilingen: Kühlboxen transportieren jetzt Impfstoff statt Organe
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Von Stefan Kern
Reilingen. Noch vor wenigen Wochen dürfte sich vermutlich kaum jemand für Verpackungstechnologie interessiert haben. Doch das hat sich grundlegend geändert. Die Firma Schaumaplast in Reilingen stellte bisher Passiv-Kühlboxen für den Transport von Medikamenten und Organen her. Nun sind Kühlboxen hinzugekommen, die für den Transport der Impfstoffe gegen das Coronavirus verwendet werden. Die meisten Impfstoffe gegen das Virus müssen nämlich bei Temperaturen von minus 70 Grad Celsius transportiert werden – über mehrere Tage hinweg und ohne Temperaturschwankungen.
Schon vor einigen Jahren gründete das Unternehmen einen Bereich namens "Kaltverpackung", erklärt Thomas Plautz, Chef von Schaumaplast am Standort Reilingen mit rund 100 Mitarbeitern. Im Fokus stand damals der Transport von Organen und Medikamenten, für den man eine stabile Kühlkette braucht. Bei Impfstoffen genügten bis dato in den meisten Fällen Temperaturen zwischen zwei bis acht Grad. Das gehe auch mit einer Kiste und einem Kühlelement oder mit einem Lkw samt strombetriebenem Kühlaggregat, sagt Markus Hoffmann, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing.
Er verantwortet bei dem Unternehmen das Projekt "Impfstoff". Die für die Präparate erforderlichen minus 70 Grad Celsius sind da eine ganz andere Liga. Eine mobile, aktive Kühlung über ein mit Strom betriebenes Kühlaggregat sei dafür ungeeignet. Um den neuen Impfstoff zu kühlen, sei eine passive Kühlung über Trockeneis nötig. Mit herkömmlichem Eis hat das jedoch nichts zu tun, betont "Dabei handelt es sich nicht um gefrorenes Wasser, sondern um festes Kohlendioxid", erklärt Plautz. Eine Besonderheit von Trockeneis ist, dass es bei Normaldruck nicht schmilzt, sondern gasförmig wird. Für den Transport sehr temperatursensibler Stoffe sei Trockeneis geradezu ideal.
Entscheidend ist aber die Isolierung. Derzeit kann man in den Verpackungsboxen von Schaumaplast eine Temperatur von mindestens Minus 70 Grad Celsius über einen Zeitraum von fünf Tagen aufrecht erhalten. "Das geht auch im Sommer bei mehr als 30 Grad Umgebungstemperatur", so Hoffmann. Die Kühlkette für den Impfstoff könne also für ganz Europa gewährleistet werden. Nicht jedoch für Afrika, das in dieser Hinsicht eine schwierige Infrastruktur besitze.
Das Unternehmen sucht nun nach einer Lösung für dieses Problem. Derzeit laufen Tests mit pallettengroßen Kühlboxen, in denen die erforderlichen Temperaturen bis zu acht Tagen gehalten werden können.
Die Belegschaft habe mit großem Einsatzwillen auf die neue Mission reagiert, berichtet Hoffmann. Es sei wohl angekommen, dass das Unternehmen ein zentraler Bestandteil der globalen Impfinfrastruktur geworden sei. Denn die Mitarbeiter des Unternehmens stellen sicher, dass die medizinische Versorgung aufrechterhalten wird. Mit 800 bis 1000 Verpackungsboxen pro Tag und in verschiedenen Größen sei man auf einem guten Weg, dem Bedarf gerecht zu werden, so die Verantwortlichen. Und noch habe man zusätzliche Reserven, um die Produktion hochzufahren.
Die Kühlboxen sind vor allem für den Transport von den Produktionsstätten zu Zwischenlagern, den sogenannten Hubs, wichtig. Auf "der letzten Meile" zu den Impfzentren genüge eine normale Kühlung mit Temperaturen zwischen zwei und acht Grad. Schließlich könne man den Menschen kein Mittel mit einer Temperatur von Minus 70 Grad direkt verabreichen. Die Firma Schaumaplast wurde 1964 in Viernheim gegründet und beschäftigt rund 250 Menschen an sieben Standorten in Deutschland, Polen und den USA. In Reilingen ist das Unternehmen seit 1971 vertreten.