Aglasterhausen: Gemeinde und Polizei warnen vor falschen Beamten und Enkeln
![Aglasterhausen: Gemeinde und Polizei warnen vor falschen Beamten und Enkeln](http://www.rnz.de/cms_media/module_img/1238/619330_1_gallerydetail_image_1724f495cb555c55.jpg)
Von Heiko Schattauer
Aglasterhausen. Vier Prozent. Was Sparer mit Blick auf Nullzinsrunden überglücklich machen würde, bereitet Hans Becker zunehmend Sorgen. Becker ist Polizeipräsident und vier Prozent ist der Anteil der Fälle, in denen falsche Polizeibeamte mit ihrer Betrugsmasche am Ende zum Erfolg, sprich: an das Geld ihrer Opfer kamen. "Diese Quote ist definitiv zu hoch", stellt der Chef des Polizeipräsidiums Heilbronn klar und erklärt zugleich, wie man die Erfolgschancen der dreisten Betrüger künftig minimieren will.
Mit einer speziellen Bekämpfungskonzeption, die vor allem auch in Sachen Prävention einen Schwerpunkt setzt. Ein wichtiger Baustein sind dabei sogenannte "Sensibilisierungsschreiben", wie sie die Polizei nun in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Aglasterhausen unter die Leute, besser: die Senioren bringt.
"Wir haben mit der Gemeinde und Bürgermeisterin Schweiger innovative Partner gefunden, wofür wir sehr dankbar sind", lobte der Polizeipräsident am Donnerstag in kleiner, coronakonformer Runde im Rathaus. Was genau hinter der ersten Sensibilisierungsaktion im Neckar-Odenwald-Kreis und den fiesen Methoden der Kriminellen steckt, erläuterten Präsident Hans Becker und Präventionsbeauftragte Pamela Friedel in diesem Rahmen und im Beisein von Revierleiter Markus Schmitt ebenso.
So sei in den vergangenen Jahren leider ein massiver Anstieg der Fallzahlen in diesem Bereich auszumachen. Versechsfacht haben sich im Vergleich von 2017 zu 2020 die Delikte, die als Enkeltrick oder falsche Polizeibeamte geführt werden. "Und dazu kommt noch eine vermutlich hohe Dunkelziffer", so Becker, denn nicht jeder Fall werde auch gemeldet. Viele Senioren schämten sich, erst recht, wenn sie auf die Betrügereien hereingefallen sind.
Damit das in Aglasterhausen nicht passiert, erklärte sich Bürgermeisterin Sabine Schweiger gemeinsam mit ihrem Verwaltungsteam gerne bereit, die Präventionsarbeit der Polizei aktiv zu unterstützen und damit die Senioren in der Gemeinde besser zu schützen. "Das ist uns wichtig, zumal solche Delikte ja ins Persönlichste der Opfer gehen", so Sabine Schweiger, "das ist ja genauso schlimm wie ein Einbruch."
Mit den 850 Sensibilisierungsschreiben, die man Anfang der Woche an alle Bürger(innen) über 65 Jahre in Aglasterhausen verschickt hat, will man dazu beitragen, dass die Senioren besser Bescheid wissen, wie die Betrüger agieren. Und sie folglich weniger anfällig dafür sind, den Kriminellen auf den Leim zu gehen.
Warum diese Sensibilisierung so wichtig ist, verdeutlicht Hans Becker: "Die Betrüger sind hochgradig organisiert, bauen am Telefon einen immensen psychologischen Druck auf." So werde der Anruf des falschen Polizeibeamten, der vor der Einbruchserie in der Nachbarschaft warnt und vorsorglich die Wertgegenstände des potenziellen Opfers "sichern" will, oft noch von einem weiteren Anrufer, der sich dann als Staatsanwalt o.ä. ausgibt, begleitet. "Die Betrüger sprechen perfektes Deutsch und sind oft sehr bestimmt", ergänzt Becker.
Dank des persönlichen Anschreibens und vor allem auch wegen des dazugehörigen Infoblatts sollen die potenziellen Opfer der falschen Beamten oder Enkel besser vorbereitet, besser informiert, eben sensibler werden. "Ich glaube, dass gerade auch die Art und Weise des Anschreibens und die Tatsache, dass das der Polizeipräsident unterschrieben hat, hilfreich für die Aufmerksamkeit sind", findet Sabine Schweiger, die als Bürgermeisterin natürlich ebenfalls unterschrieben hat. Und nicht nur das: "Wir haben einen Vormittag lang gefaltet und eingetütet auf dem Rathaus", skizziert Schweiger, dass die Kooperation hier in der Tat Hand in Hand lief.
"Die erste Rückmeldung habe ich schon", konnte Pamela Friedel von umgehendem Feedback auf die Sensibilisierungsschreiben berichten. Eine ältere Frau habe sich bei der Präventionsexpertin nach den Hintergründen der Aktion erkundigt. "Wenn man sich so mit dem Thema beschäftigt, ist das natürlich der Idealfall", freute sich Pamela Friedel.
Um am Thema, das auch die Polizei mehr als ihr lieb sein kann beschäftigt, weiter dran zu bleiben, sollen auf die Sensibilisierungsaktion sobald (wieder) möglich weitere Veranstaltungen folgen. Um die Risikogruppe noch besser zu informieren und zu schützen, hat man spezielle Vorträge und Theaterstücke (wie "Tatort Telefon") kreiert, die man natürlich zeitnah präsentieren will. Damit die Quote der dreisten Betrüger künftig deutlich schlechter wird.