Masterplan Neuenheimer Feld: Jetzt geht es an die Umsetzung
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Viereinhalb Jahre hat das Tauziehen um den neuen Masterplanprozess für das Neuenheimer Feld gedauert. Mit einer letzten Informationsveranstaltung im Großen Hörsaal der Chemie haben die Projektträger von Stadt, Land und Universität am Freitag das Verfahren offiziell beendet. Damien Ertel von der Landesbehörde "Vermögen und Bau" sowie Samy Schneider vom Stadtplanungsamt stellten vor 80 anwesenden Gästen und 30 online zugeschalteten Zuschauern die vom Gemeinderat im März verabschiedeten Ergebnisse und die weiteren Schritte vor. Und die Vertreter von Stadt und Land lobten insbesondere die herausragende Bürgerbeteiligung, ohne die der erreichte Kompromiss nicht möglich gewesen wäre.
> Den Kompromiss tragen alle mit: Mit der Unterteilung des Neuenheimer Feldes in Quartiere mit unterschiedlichen Schwerpunkten – etwa dem Klinikcluster –, dazwischen qualitativ hochwertigen Freiräumen und einer kompakten, angemessenen Nachverdichtung gebe es nun einen zukunftsfähigen, am Bestand orientierten Ansatz für die künftige Entwicklung des Campus, lobte Damien Ertel. Als er die beiden Entwürfe von Astoc und Kerstin Höger in seiner Präsentation übereinanderlegte, wurde deutlich, wie sehr sich die beiden Planungsteams in ihren Vorstellungen für das Neuenheimer Feld angenähert haben; sie sind fast deckungsgleich. Der Gemeinderat habe nun beschlossen, aus diesen beiden Entwicklungsentwürfen eine Synthese zu bilden. Ertel: "Es mögen für manche nicht die Leuchttürme sein, die anfangs erwartet wurden. Trotzdem kann der Masterplan Strahlkraft entwickeln." Es sei ein tragfähiger Kompromiss mit einer robusten und flexiblen Lösung gefunden worden. Der Hühnerstein im Handschuhsheimer Feld diene zwar als Bauflächenreserve, solle aber bis 2050 möglichst nicht bebaut werden. Trotzdem gelinge es, mit dem Masterplan zusätzliche 868.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche im Neuenheimer Feld unterzubekommen. Werde dies alles umgesetzt, könne auch die Vision von einer weitgehend autofreien Campusmitte Realität werden. In einigen Punkten, zum Beispiel dem Weg zur Klimaneutralität, müsse aber noch nachgebessert werden.
> Die ersten Bebauungspläne dienen der verkehrlichen Erschließung: Laut Samy Schneider vom Stadtplanungsamt soll als nächstes die neue Erschließungsstraße im Norden des Neuenheimer Feldes geplant werden und danach der kleine Straßenbahnring durch die Straße "Im Neuenheimer Feld". Von deren Ausgestaltung seien alle weiteren Bebauungspläne abhängig. "Es geht dabei auch um die Dimensionierung der Straßenquerschnitte", so Schneider. Bei der Überprüfung der aktuellen Planungsentwürfe von Astoc und Höger habe man nämlich festgestellt, dass beide Teams diese Querschnitte zu knapp bemessen hätten. Das müsse nun konkretisiert werden. Bei der Aufstellung aller Bebauungspläne, die aus dem Masterplan resultieren, werde es eine breite Bürgerbeteiligung nach den Heidelberger Leitlinien geben, verspricht Schneider. Bei der Abarbeitung einiger Hausaufgaben, die der Gemeinderat formuliert habe, zum Beispiel die Einführung kostendeckender Parkgebühren und die Einrichtung von Park-and-Ride-Anlagen am Wohnort der Klinikbeschäftigten, sei man aber auf die Zusammenarbeit der wissenschaftlichen Einrichtungen und der Nachbarkommunen angewiesen. Schneider: "Das muss regional gelöst werden." Auch eine Fuß- und Radwege-Brücke im Westen, die standortunabhängig untersucht werden soll, sei noch eine offene Baustelle. "Und auch eine mögliche Seilbahn ist kein einfaches Thema."
> Finanzstaatssekretärin wünscht mehr Photovoltaik-Anlagen: Der Masterplan könne für ganz Baden-Württemberg als Leitlinie für gelungene Bürgerbeteiligung gelten, lobte Finanzstaatssekretärin Gisela Splett. Ihr ist es wichtig, die die Dächer und Fassaden im Neuenheimer Feld so weit wie möglich für Photovoltaik-Anlagen zu nutzen. Splett begrüßte auch, dass der zu hohe Flächenbedarf für Pkw-Stellplätze kritisch betrachtet wurde.
> Eckart Würzner nimmt das Land in die Pflicht: Der Oberbürgermeister betonte die Wichtigkeit der international herausragenden wissenschaftlichen Einrichtungen für Heidelberg und nannte dabei unter anderem das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen und das Deutsche Krebsforschungszentrum. Um einen Campus zu schaffen, der nicht auf fossile Energien angewiesen ist, müsse das Land nun aber "eine Menge Ressourcen" freigeben, so Würzner. Auch beim Thema Verkehr benötigten die Kommunen viel mehr Unterstützung. "Letzten Endes ist das alles eine Riesenherausforderung auch für das Land."
> Der Universitätsrektor bleibt skeptisch: Bernhard Eitel lobte zwar den Masterplan als "Rahmen", der den wissenschaftlichen Einrichtungen eine Zukunftsperspektive biete. Gleichwohl sieht er bei dem Bau der Campus-Straßenbahn noch große Herausforderungen. Die grundrechtlich verbriefte Freiheit der Wissenschaft dürfe nicht durch Elektrosmog oder Erschütterungen beeinträchtigt werden.
> Ohne die Bürgerbeteiligung wäre der Kompromiss nicht möglich gewesen: In diesem Punkt waren sich die meisten Anwesenden einig. Mit Leben gefüllt wurde diese von den vielen ehrenamtlichen Mitgliedern des Forums sowie vom Koordinationsbeirat und dessen Vorsitzenden Lenelis Kruse-Graumann und Albertus Bujard. Die Ergebnisse des Masterplanprozesses müssten weiterhin mit Leben gefüllt werden, mit Kommunikationsbereitschaft und Toleranz. "Die Identität einer Stadt entsteht nicht nur durch Schloss, Altstadt, Neue und Alte Universität oder das Neuenheimer Feld, sondern auch durch die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt", resümierte Kruse-Graumann. Und die Co-Vorsitzende hatte zugleich mit einem Albert-Einstein-Zitat auch noch eine Warnung parat, an alle, die die Ergebnisse nun umsetzen sollen: "Probleme kann man nicht mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind." Die Stadtentwicklung von der Zukunft her denken, das könne man lernen und müsse man sich immer wieder vergegenwärtigen.