Parlamentswahl in Frankreich: Kopf-an-Kopf-Rennen: Absolute Mehrheit für Macron-Lager in Gefahr
Das Lager des wiedergewählten Präsidenten Emmanuel Macron muss bei der Parlamentswahl Verluste hinnehmen und liegt nur gleichauf mit dem Links-Bündnis. Das Wahlrecht kommt dem Macron-Lager zugute, doch die absolute Mehrheit ist fraglich.
Nach der ersten Runde der französischen Parlamentswahl ist die absolute Mehrheit des Wählerbündnisses Ensemble von Präsident Emmanuel Macron nicht gesichert. Seine Partei kommt mit ihren Verbündeten nach Schätzungen mehrerer Wahlforschungsinstitute vom Sonntag auf 255 bis 310 Sitze. 289 Sitze sind für die absolute Mehrheit nötig.
Beim Stimmenanteil liegt Macrons Bündnis mit der links-grünen Allianz Nupes von Jean-Luc Mélenchon nahezu gleichauf. Beide kommen nach Hochrechnungen auf etwa 25 bis 26 Prozent der Stimmen. Das Mehrheitswahlrecht begünstigt bei der Sitzverteilung im Parlament jedoch das stärkste Wahlbündnis.Parlamentswahl in Frankreich 10.35
Frankreich: "Erstmals verfehlt wiedergewählter Präsident Mehrheit"
"Zum ersten Mal erreicht ein wiedergewählter Präsident bei der Parlamentswahl nicht die Mehrheit", kommentierte Mélenchon das Wahlergebnis: "Die Wahrheit ist, dass die Präsidentschaftspartei in der ersten Runde geschlagen und besiegt ist." Er verband seine Feststellung mit einem Wahlaufruf für den zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag: "Angesichts dieses Ergebnisses und der außerordentlichen Gelegenheit, die sie für unsere persönlichen Leben und die Zukunft der gemeinsamen Heimat darstellt, rufe ich unser Volk auf, nächsten Sonntag auszuströmen, um natürlich die verhängnisvollen Vorhaben der Mehrheit von Herrn Macron definitiv zurückzuweisen."
Die Rechtspopulistin Marine Le Pen zieht nach eigener Aussage in ihrem Wahlkreis in Hénin-Beaumont in die Stichwahl am kommenden Sonntag ein. Das Abschneiden ihrer Partei bezeichnete sie als "immensen Sieg". "Es ist wichtig, dass Emmanuel Macron nicht über eine absolute Mehrheit verfügt, die er missbrauchen wird, um seine selbstzentrierten und brutalen Methoden anzuwenden", sagte Le Pen am Sonntagabend mit Blick auf das Lager des Präsidenten. "Die zweite Runde bietet uns die Möglichkeit, eine sehr große Gruppe von patriotischen Abgeordneten in die Nationalversammlung zu entsenden." STERN PAID Frankreich Wahl 13.02
Borne: Nur Mitte-Bündnis kann Mehrheit bilden
Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne sieht dagegen die politischen Kontrahenten des Mitte-Bündnisses nach der ersten Runde der Parlamentswahl chancenlos für eine Mehrheit. "Wir sind die einzige politische Kraft, die in der Lage ist, eine Mehrheit in der Nationalversammlung zu bekommen", sagte Borne am Sonntagabend. Die Premierministerin warnte zudem indirekt vor einem weiteren Erstarken der Linken. "Wir können das Risiko von Instabilität nicht eingehen." Sie und das Mitte-Bündnis hingegen stünden für Kohärenz und würden im Kampf gegen die Extreme nichts unversucht lassen.
Frühe Hochrechnungen sahen das Mitte-Lager des Präsidenten zwar mit 25,2 bis 25,6 Prozent etwa gleichauf mit dem Linksbündnis mit 25,2 bis 26,1 Prozent. Prognosen gehen bei der Sitzverteilung nach der zweiten Wahlrunde allerdings von einer eindeutigen Mehrheit für das Lager des liberalen Präsidenten aus. Die Wahlbeteiligung liegt nach Schätzungen bei nur etwa 53 Prozent.