Berlin und Brüssel machen wegen steigender Flüchtlingszahl Druck auf Serbien
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Wegen der steigenden Flüchtlingszahlen über die Balkanroute machen Deutschland und die EU-Kommission Druck auf Serbien, die Visaregeln für Migranten zu verschärfen. "Serbien muss jetzt die Visapraxis ändern", forderte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Treffen mit ihren EU-Kollegen in Luxemburg. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson schloss als Druckmittel auch eine erschwerte Einreise für serbische Staatsbürger nicht aus.
"Wir müssen den Zufluss stoppen", sagte Johansson weiter. Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex sind seit Jahresbeginn über die Balkanroute mehr als 106.000 Menschen irregulär in die EU gelangt, 170 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das ist der höchste Stand seit 2016.
Die EU wirft Serbien und anderen Westbalkanstaaten vor, die Einreiseregeln in den Schengen-Raum zu unterlaufen. Serbien habe Abkommen zur visafreien Einreise etwa mit Indien, Tunesien oder der Türkei geschlossen, sagte der luxemburgische Innen- und Außenminister Jean Asselborn. "Die bleiben natürlich nicht dort, sondern ziehen weiter", betonte er.
Auch aus dem ostafrikanischen Burundi und sogar aus Kuba kommen derzeit viele Menschen über die Balkanroute in die EU, die sonst vor allem von Syrern und Afghanen genutzt wird. Viele dieser Neuankömmlinge haben keine Chance auf Asyl in Europa.
Innenkommissarin Johansson äußerte sich "besorgt" über die Lage. Eine Reihe von Mitgliedstaaten stünden "stark unter Druck". Mit Deutschland und anderen betroffenen Ländern hatte sie zuvor gesondert beraten. Auf die Frage, ob sie eine Aussetzung des Visa-Erleichterungsabkommens mit Serbien befürworte, sagte Johansson: "Natürlich schließe ich das nicht aus, aber ich hoffe weiter auf Kooperation."
Neben Deutschland, Frankreich und Italien sehen sich auch Transitländer wie Österreich oder Belgien stark belastet. Der österreichische Innenminister Gerhard Karner kritisierte das Vorgehen der Kommission als zu zögerlich: Er habe bereits vor Monaten gefordert, die EU müsse "härter und konsequenter" vorgehen, sagte er in Luxemburg
Bundesinnenministerin Faeser verwies bei der Frage nach Druckmitteln auf den EU-Beitrittswunsch Serbiens. Zu den Aufnahmekriterien gehöre auch eine abgestimmte Visapraxis, betonte sie. Deutschland hatte wegen der steigenden Flüchtlingszahlen die Grenzkontrollen zu Österreich verlängert, die Polizei betreibt zudem Schleierfahndung an der Grenze zu Tschechien.
Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für den Westbalkan, Manuel Sarrazin (Grüne), verwies auf eine Ankündigung des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic, bis Jahresende die Visa-Vergabe seines Landes den europäischen Standards anzupassen. Dies sei "ein wichtiger Schritt, denn das würde dazu beitragen, die Durchreisen durch Serbien zu verringern", sagte Sarrazin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben).
Asselborn forderte erneut Fortschritte bei der gemeinsamen Aylpolitik, die seit 2015 in der EU massiv umstritten ist. Die aktuelle Lage sei eine "große Hilfe für die nationalistischen Parteien" in Europa, bedauerte der Luxemburger. Lösungsanstöße des französischen Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr seien "leider verflogen".