120 Millionen Abfindung: Goldener Fußtritt: Wie Elon Musk den Twitter-Chefs den Rauswurf versüßen muss
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Er verachtete sie und feuerte sie noch an Tag eins: Der Rauswurf des alten Twitter-Managements kostet den neuen Boss Elon Musk allerdings wohl eine neunstellige Summe. Und der Rest fragt sich, wer sonst noch alles gehen muss.
Wenn man es etwas zuspitzt, könnte man sagen: Elon Musk hat Twitter hauptsächlich deshalb gekauft, weil ihm die Nasen an der Konzernspitze nicht gepasst haben. Musk würde das vielleicht anders formulieren und etwas von Redefreiheit und falschen Unternehmensentscheidungen erzählen.
Aber Fakt ist: Der nach der Verbannung Donald Trumps wohl einflussreichste Twitter-Nutzer hat sich immer wieder – gerne auch direkt auf Twitter – bitter beschwert, dass der Kurznachrichtendienst nicht genehme Meinungen unterdrücke. Und dann hat er eben entschieden, den Laden selbst zu übernehmen. So wie ein Superreicher kurzerhand sein Lieblingsrestaurant kauft, weil er sich mit dem Besitzer über die Speisekarte verkracht hat.
Nur dass dieser Laden 44 Milliarden Dollar kostet. Dass das ziemlich teuer ist, hat Musk dann auch bald gemerkt und versucht, sich mit rechtlichen Tricks aus dem Deal zurückzuziehen. Vergeblich, schließlich hatte er eine bindende Kaufvereinbarung unterschrieben. In dieser Woche wurde der Deal tatsächlich formal vollzogen. Und als erste Amtshandlung hat der neue "Chief Twit", wie sich Musk selbst auf Twitter nennt, die alte Führungsriege rausgeworfen.
Top-Management rasiert
Konzernchef Parag Agrawal und Finanzchef Ned Segal sollen gar von Sicherheitspersonal aus der Konzernzentrale in San Francisco geführt worden sein. Top-Managerin Vijaya Gadde, die als Leiterin der Rechtsabteilung unter anderem für das Vorgehen gegen Hassrede und Falschinformationen zuständig war, soll ebenfalls unter den Entlassenen sein. Ob auch Chief Customer Officer Sarah Personette mitrasiert wurde, wie von manchen spekuliert, ist noch unklar. Wie so manches andere in den chaotischen ersten Tagen unter Musks Twitter-Regentschaft (mehr dazu hier).
Personette berichtete am Donnerstag noch von "großartigen Diskussionen mit Elon Musk", ließ seitdem aber nichts mehr von sich hören. Segal hat sich am Freitag bereits via Twitter von seinen Mitarbeitern verabschiedet und seine Selbstbeschreibung in "Früherer CFO und aktueller Fan von Twitter" geändert. Auch Chefjustiziar Sean Edgett verabschiedete sich mit den Worten "Passt gut auf diesen Ort auf, Tweagle". Elon Musks erster Tag als Twitter-Boss 17.28
Twitter-Trio erhält 120 Millionen Dollar
Allerdings muss Elon Musk dem von ihm so verachteten Twitter-Management den Rauswurf unfreiwillig versüßen. Denn die Gefeuerten haben laut US-Medien Anspruch auf Abfindungszahlungen in Höhe von mehr als 120 Millionen Dollar. Aus dem Tritt in den Hintern wird so bei genauerem Hinsehen ein ziemlich goldener Handschlag, beziehungsweise ein "golden parachute" ("goldener Fallschirm"), wie die Amerikaner sagen.
So soll allein der bisherige Unternehmenschef Agrawal laut Daten der Research-Firma Equilar 57,4 Millionen Dollar Abfindung erhalten. Finanzchef Segal bekommt 44,5 Millionen Dollar mit auf den Weg und Chefjuristin Gadde 20 Millionen. Sollte Top-Managerin Personette ebenfalls den Hut nehmen müssen, hätte sie Anspruch auf 19,2 Millionen, berichtet die Washington Post mit Verweis auf die Daten von Equilar, die als Experten in Vergütungsfragen gelten. STERN PAID Elon Musk Twitter Deal 20.00
Stimmen die Zahlen, würden die Abfindungen ein Vielfaches dessen betragen, was die Twitter-Manager regulär im Jahr verdienen. Das Grundgehalt von Agrawal soll eine Million pro Jahr betragen haben, das von Segal und Gadde je 600.000 Dollar. Musk muss den Verstoßenen laut geltenden Verträgen aber nicht nur ein Jahresgehalt extra zahlen, sondern vor allem deren Aktienpakete versilbern. Wie in börsennotierten US-Unternehmen üblich, bestand ein Großteil der Bezahlung der Twitter-Manager in Aktienoptionen, also der Möglichkeit, in der Zukunft Twitter-Aktien zu erhalten. Diese muss Musk nun ausbezahlen. Da der Tesla-Gründer Twitter zudem komplett von der Börse nimmt, muss er den Twitter-Chefs auch die Anteile abkaufen, die diese schon erworben haben. Laut CNN kommen so allein für das Trio Agraval, Segal und Gadde zu den 122 Millionen Dollar Abfindung nochmal 65 Millionen Aktienerlös hinzu. In Summe reite das Trio insofern mit 187 Millionen Dollar vom Hof.
Will Elon Musk die Abfindung vermeiden?
Möglicherweise ist das letzte Wort in der Sache aber noch nicht gesprochen. Einem Medienbericht zufolge hat Musk die Kündigungen mit dem Zusatz "for cause" ("aus wichtigem Grund") versehen. Dies ist ein juristischer Terminus, der auf Verfehlungen der Twitter-Manager hindeuten soll, und mit dem Musk versuchen könnte, Abfindungszahlungen zu vermeiden. Welche vermeintlichen Verfehlungen Musk heranziehen will, ist unklar. Im Zuge der Übernahmeschlacht hatte er Twitter vorgeworfen, falsche Angaben zur Zahl von Fake-Konten auf der Plattform gemacht zu haben. jeff bezos zuckerberg milliardäre vermögen
Spekulationen gab es am Wochenende zudem, dass Musk auch abseits des Top-Managements noch vor dem 1. November Kündigungen aussprechen könnte, um zu verhindern, dass zu diesem Datum Vergütungen fällig werden. Musk hatte im Vorfeld der Übernahme einen massiven Stellenabbau angekündigt.
Vom neuen Chief Twit gab es dazu bis zum Sonntagnachmittag keine öffentliche Äußerung. Dafür teilte er via Twitter eine Mail, die er zum Start seines neuen Jobs bei Twitter bekommen habe. Es ist eine wohl automatisch generierte Einladung zu einer Fortbildung für neue Führungskräfte, in der man lerne "was es heißt, ein guter Twitter-Manager zu sein", und wie man sich gut um seine Mitarbeiter kümmert. Sie scheint Musk sehr zu amüsieren.
Quellen: Washington Post / CNN / Reuters / The Information