Vorsichtiges Erwachen: China lockert die Corona-Regeln – und das Leben kehrt langsam wieder zurück
Nach fast drei Jahren im Dauer-Lockdown hat die Regierung in China den Finger von der Stoptaste genommen. Bilder aus einem Land, das langsam wieder zum Leben erwacht.
Geöffnete Läden, volle Züge und Menschen ohne Maske in Cafés. Bilder, die hierzulande schon seit Monaten wieder Normalität sind, waren in vielen Städten Chinas lange Zeit undenkbar. Die strikte Null-Covid-Politik von Präsident Xi Jinping hatte das Leben im Land fast drei Jahre lang zum Stillstand gebracht. Doch damit ist nun Schluss.
Nachdem Tausende Menschen Ende November ein Ende der harten Lockdown-Maßnahmen gefordert hatten, legte die Regierung am Mittwoch eine Kehrtwende hin und verkündete zahlreiche Lockerungen bei Beschränkungen, den Quarantäneregeln und der Testpflicht. Mit dem Virus zu leben statt die Infektionszahlen krampfhaft auf Null zu halten, soll nun also auch für die Volksrepublik gelten.
Chinas Zehn-Punkte-Plan läutet Corona-Lockerungen ein
Vor knapp zwei Wochen rollte die größte Protestwelle seit Jahrzehnten durch mehrere chinesische Städte. Der Unmut richtete sich gegen weitgehende Ausgangssperren, Zwangsquarantäne, ständige Testpflicht und Kontrolle durch die Corona-App. Die Regierung in Peking sah sich in einem Dilemma: Während ihre Null-Covid-Strategie zu immer größerem Unmut in der Bevölkerung und enormen Belastungen für die zweitgrößte Volkswirtschaft führte, zeigte sich gleichzeitig, dass die strikten Maßnahmen gegen die neuen, leicht übertragbaren Omikron-Varianten des Virus immer weniger wirksam waren.
Mit dem neuen Zehn-Punkte-Plan sollen Lockdowns nur noch gezielt über einzelne Gebäude, Stockwerke oder Haushalte verhängt werden - und nicht mehr "willkürlich" auf ganze Stadtbezirke oder Straßenzüge ausgeweitet werden. Für Infizierte ohne Symptome oder mit leichten Krankheitsverläufen soll es zudem grundsätzlich möglich sein, zu Hause in Isolation zu gehen. Auch Kontaktpersonen droht nicht mehr wie bisher das Quarantäne-Lager. Sie sollen sich ebenfalls zu Hause isolieren können. Die Pflicht zu häufigen PCR-Tests und die ständige Kontrolle über die Corona-App zum Einscannen wurden ebenfalls gelockert.
Und eine gute Nachricht mit Blick auf das chinesische Neujahr im Januar: Für Reisen innerhalb Chinas ist kein negativer Test und kein Nachweis der Unbedenklichkeit über das Gesundheitsprogramm mehr erforderlich.
Doch mit den Lockerungen kommen neue Probleme auf das Land zu.
Was die Lockerungen für China bedeuten 20.00
Auf Protestwelle folgt Infektionswelle
Nach Ende der strikten Maßnahmen rechnen Gesundheitsexperten mit einer massiven Infektionswelle. Die große Mehrheit der 1,4 Milliarden Chinesen wird sich nach Einschätzung eines chinesischen Regierungsberaters letztlich mit dem Virus infizieren. Von 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung geht der frühere Vizedirektor des nationalen Gesundheitsamtes aus.
Oberste Priorität für die Regierung sei es nun, die Impfungen im Land voranzutreiben – besonders für ältere Menschen mit chronischen Krankheiten. Wer nicht komplett geimpft sei, solle das möglichst schnell nachholen, heißt es aus Peking.
Jetzt wo sie einen Teil ihrer Freiheit wieder bekommen haben, dürfte die erhöhte Ansteckungsgefahr für viele Chinesinnen und Chinesen das kleinere Übel sein. Bilder aus einem Land, das langsam wieder zum Leben erwacht.