stern-Chefredakteur: Warum die Weihnachtsbotschaft in diesem Jahr aktueller ist denn je: Gregor Peter Schmitz über den aktuellen stern
In der aktuellen Ausgabe des stern erklärt Autor Walter Wüllenweber, warum die Weihnachtsbotschaft aktueller denn je ist. Außerdem: Bundesbank-Präsident Joachim Nagel im Interview und die neusten Entwicklungen in der EU-Korruptionsaffäre.
Man muss sich meinen Kollegen Walter Wüllenweber als einen optimistischen Menschen vorstellen. Vor Jahren hat er ein Buch mit dem Titel "Frohe Botschaft" verfasst, es handelt sich um eine Abrechnung mit dem "Immerschlimmerismus". Nicht gut stehe es um die Menschheit, so Wüllenweber damals, aber besser als je zuvor. Frohe Botschaften seien jedoch nicht sexy und würden oft ignoriert: "Die Evolution hat den Menschen als Fluchttier konstruiert. Menschen suchen ständig nach etwas, das Angst macht. Auch, wenn es dafür keinen Grund gibt." Als wir nach einem Autor für die aktuelle Titelgeschichte suchten, dachten wir natürlich an Wüllenweber. Doch der Optimist ist nachdenklich geworden, selbst an ihm nagen die vielen (neuen) Krisen. Krieg, Inflation, Klimawandel: Ist die Botschaft wirklich noch eine frohe? Doch ein echter Optimist bleibt zuversichtlich. Also erklärt uns Wüllenweber, warum die Weihnachtsbotschaft – "Fürchtet euch nicht" – vielleicht noch nie so passend war wie derzeit.
PAID 52_22 Weihnachtsbotschaft in Krisenzeiten
Je lauter wir über "Brüssel" schimpfen, desto lauter jubeln die Autokraten
Gäbe es ein Anforderungsprofil für einen Präsidenten der Deutschen Bundesbank, stünde darin gewiss "Diskretion", vielleicht gar "Hang zur Einschläferung". Denn plaudern Bundesbank-Präsidenten zu viel, können sie Märkte in Aufruhr versetzen. Als meine Kollegen Timo Pache und Nico Fried den Bundesbank-Präsidenten Joachim Nagel in Frankfurt am Main trafen, erwarteten sie nicht allzu viel Unterhaltung – und erlebten doch einen Notenbanker, der sich nicht nur mit den Preisen an der Supermarktkasse auskannte, sondern auch mit Optimismus. Klar, Deutschland müsse noch eine Durststrecke aushalten, so Nagel, doch dann gebe es wieder Grund zur Hoffnung.
STERN PAID 52_22 Interview Bundesbankpräsident Nagel 6.28
Ich habe mehrere Jahre in Brüssel gelebt, einer wunderbaren Stadt. Leider ist ihr Name auch ein wunderbarer Kampfbegriff für jene, die am liebsten gar kein Europa wollen: "Raumschiff Brüssel", schimpfen diese, oder "Brüsseler Blase". Oft richten sich diese Vorwürfe gegen das Europäische Parlament, obwohl gerade das viele Rechte für EU-Bürger erkämpft hat. Deswegen bereitet es mir persönlichen Schmerz, wenn nun Geschichten über Parlaments-Vizepräsidentinnen kursieren, die Säcke voller Geld (aus Katar?) in ihrer Wohnung bunkerten. Welche Abstimmung, welche Rede war gekauft? Diese Korruptionsaffäre ist eine moralische Katastrophe, gerade da Europas Werte mehr denn je bekräftigt werden sollten. Denn eins ist klar: Je lauter wir über "Brüssel" schimpfen, desto lauter jubeln die Autokraten. Dann wäre ihr Schmiergeld gut angelegt.
PAID 52_22 EU-Korruptionsaffäre Menschenrechtsorganisationen
Dick Pics Echo
Unsere Redakteurin Jana Luck hat vorige Woche im stern über Dick Pics geschrieben. Erlauben Sie mir die Erklärung: Es handelt sich dabei um Aufnahmen des männlichen Geschlechtsorgans, die meist ungefragt Frauen zugeschickt werden. Luck hat sachlich und einfühlsam aufgeschrieben, warum das vielen Frauen Angst macht und wie sie sich dagegen wehren. Einige Männer kamen damit offenbar nicht klar, sie beschimpften Luck in Zuschriften als Schlampe und Schlimmeres. Dick Pics seien "urkomisch und extrem fundiert und episch", schrieb ihr ein Mann namens Cole Thompson.
Luck wurde es mulmig, aber sie spürt auch neue Entschlossenheit, sie sagt: "Die Zuschriften haben mir gezeigt, dass ich recht hatte – dass hinter den Dick Pics oft mehr steckt als ein missglückter Flirtversuch. Dass die Absender oft gewalttätige und frauenverachtende Gedanken haben. Das hat mich befeuert, weiterzumachen mit diesen Themen. Cole Thompson, du kannst mir gar nichts!" Auch Luck sollten wir uns als einen optimistischen Menschen vorstellen.
Frohe Festtage!