Bildung: Erste-Hilfe-Ausbildung an Schulen soll mehr Raum einnehmen
Notärzte beklagen, dass Unsicherheiten beim Leisten von Erster Hilfe oft Menschenleben kosten. Das Trainieren der oft einfachen Hilfsmaßnahmen soll deshalb schon in der Schule beginnen.
An den Schulen Mecklenburg-Vorpommerns soll die Erste-Hilfe-Ausbildung der Schüler wieder größeren Raum einnehmen. Anknüpfend an das 2016 ausgelaufene Projekt "Retten macht Schule" hat das Bildungsministerium jetzt einen Leitfaden für einen Grundkurs vorgelegt. Vom kommenden Schuljahr an soll Schülern der Klassen sieben und acht altersgerecht und unterrichtsbegleitend in den Fächern Biologie und Sport Basiswissen zur Ersten Hilfe vermittelt werden.
"Oft hindern einfach Hemmungen daran, in Notfällen zu helfen. Die verliert man aber, wenn man weiß, wie man helfen kann", sagte Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) am Dienstag in Schwerin bei der Vorstellung des Programms. Mit einer unbefangenen Einstellung zum Helfen-Wollen in jungen Jahren biete sich die Chance, mehr Verantwortungsgefühl und Zivilcourage für Notfallsituation aufzubauen.
Der gemeinsam mit der Universitätsmedizin Rostock und den Hilfsorganisationen entwickelte Leitfaden diene als Handlungsempfehlung. Im Rahmen eines zweijährigen Modellvorhabens könnten diese eigenständig und freiwillig von interessierten Schulen umgesetzt werden. Die Unterweisung erfolge in zwei Modulen von jeweils 90 Minuten. Angestrebt werde die Beteiligung von landesweit 50 Schulen, doch sei auch eine höhere Zahl möglich.
"Helfen kann jeder. Je früher das trainiert wird, desto besser."
"Die ersten Reaktionen zeigen, dass wir mit einer großen Resonanz rechnen können", sagte Oldenburg. Die Kosten für die Materialbeschaffung, wie etwa von Puppen für Beatmungsübungen und Herzdruckmassage, bezifferte sie mit etwa 2000 Euro je Schule, die vom jeweiligen Träger zu finanzieren seien. Womöglich könnten aber auch Stiftungsgelder eingeworben werden.
Gernot Rücker, Notarzt an der Universitätsmedizin Rostock, hob die Bedeutung eines schnellen Eingreifens in Notfallsituationen hervor. "Helfen kann jeder. Je früher das trainiert wird, desto besser", sagte er.
Nach den Erfahrungen der Ärztlichen Leiterin des Rettungsdienstes Nordwestmecklenburg, Patricia Bunke, sterben Menschen oft, weil niemand Erste Hilfe leistet. "Die Unsicherheit und Hemmschwelle sind oft einfach zu groß. Kinder und Jugendliche sind für dieses Thema sehr offen und können die richtigen Maßnahmen schnell erlernen und umsetzen", sagte Bunke.
"Wir sind Feuer und Flamme für dieses Projekt."
Das erlebe sie seit Jahren im Reanimationsunterricht, den sie an einer Schule gebe. "Wir haben als Notärzte immer die negative Erfahrung, was passiert, wenn niemand hilft. Deswegen ist es uns eine Herzensangelegenheit, die Erste Hilfe in die breite Masse zu kriegen. Wir sind Feuer und Flamme für dieses Projekt", betonte Bunke.
Laut Oldenburg hatte das Thema Erste Hilfe lernen, können und anwenden bereits in dem Projekt "Retten macht Schule" der Björn-Steiger-Stiftung von 2010 bis 2016 einen besonderen Stellenwert. In diesem Zeitraum seien in 278 allgemeinbildenden Schulen etwa 300 Lehrkräfte und 54 000 Schülerinnen und Schüler im Land ausgebildet worden.
Danach hätten Lehrerinnen und Lehrer in eigener Verantwortung mit den noch vorhandenen Übungsmaterialien Projekte zur Wiederbelebung umgesetzt. Doch seien diese Materialien inzwischen meist verschlissen.