Das Aus der deutschen Nationalelf bei der EM ist bitter. Der Schmerz ist besonders nach einer Handspielszene verständlich. Den Umgang einiger DFB-Fans damit rechtfertigt das jedoch nicht. Hass im Netz ist immer verwerflich. Besonders zu verurteilen ist er jedoch, wenn sich ein nach Selbstjustiz lechzender Internet-Mob auf jemanden einschießt, der nur ein Opfer der Umstände, beileibe aber kein böswilliger Täter ist. Doch genau das passiert gerade im Fall von Marc Cucurella ( mehr dazu lesen Sie hier ). Der spanische Nationalspieler warf vor wenigen Tagen mit seinem Team die deutsche Mannschaft bei ihrer Heim-EM aus dem Turnier. Cucurella hatte daran einen entscheidenden Anteil, weil er beim Stand von 1:1 rund eine Viertelstunde vor dem Ende einen Schuss von DFB-Star Jamal Musiala mit der Hand abblockte. Schiedsrichter Anthony Taylor entschied zur Verwunderung einer ganzen Nation nicht auf Elfmeter, überprüfte die Situation auch nicht noch mal per Videobeweis. Taylor war in der Folge für viele deutsche Fans der Sündenbock und der Grund, warum die DFB-Elf im eigenen Land jetzt nicht mehr um den Titel mitspielt. Doch auch auf Cucurella schossen sich die Anhänger vehement ein. Die Kommentare unter dessen letzten Instagram-Posts lassen bei den Deutschen Größe nach einer Niederlage vermissen. Das ist nicht die Art, wie sich ein Gastgeber mit Stil aus einem Turnier verabschieden sollte. Das ist absolut erbärmlich "Ganz Deutschland hasst dich." Das hat tatsächlich ein Nutzer bei Instagram unter einen der jüngsten Beiträge von Marc Cucurella geschrieben. "Deutschland-Verbot für immer", kommentierte wiederum ein anderer. Etliche weitere User bezeichneten den 25-Jährigen noch verhältnismäßig harmlos als Handballspieler. Wiederum andere attackierten aber auch sein Aussehen. "Geh mal Haare schneiden", stand da mit Verweis auf Cucurellas lange Locken. Und: "Der Wischmopp kann mein Klo putzen." Doch damit nicht genug. Auch Verletzungen wurden dem Spanier gewünscht. Ein Kreuzbandriss, eine Gehirnerschütterung und "ein Leben lang Durchfall": All das soll Cucurella laut deutschen Fans widerfahren. Und das nur, weil er einen Ball an die Hand bekommen hat? Wo sind wir denn hier gelandet? Das wäre zu viel verlangt gewesen Die Frage, ob es einen Elfmeter in dieser Situation hätte geben müssen, stellt sich kaum. Ja, das war ein Handspiel. Ja, es hätte gepfiffen werden und einen Strafstoß für Deutschland geben müssen. Aber für den Pfiff ist eben nicht Cucurella verantwortlich, sondern der Schiedsrichter, also Anthony Taylor. Und überhaupt: Was soll Cucurella denn in der Verlängerung eines EM-Viertelfinales in so einer Situation machen? Zum Spielleiter rennen und ihn auf dessen Fehler hinweisen? Sein eigenes Land möglicherweise damit ums Halbfinale bringen? Edelmütig wäre das allemal gewesen. Aber auch zu viel verlangt. Ziemlich sicher hätte kein deutscher Spieler in einer vergleichbaren Situation so gehandelt, wie es im Nachgang indirekt von Cucurella verlangt wurde. Kein einziger. Wer glaubt, dass Joshua Kimmich , Antonio Rüdiger oder Toni Kroos bei einem eigenen Handspiel im Strafraum zum Schiedsrichter gerannt wären, um klarzustellen, dass es einen Elfmeter für Spanien hätte geben müssen, lebt hinter dem Mond. Was nun also bleibt, ist, die Niederlage endlich zu akzeptieren, so weh sie auch tut, so unfair sie vielleicht auch zustande gekommen sein mag. Denn auch das gehört zu diesem Sport: den Schmerz des Verlierens anzunehmen, ihn zu verarbeiten und im besten Fall als noch enger zusammengerückte Gesellschaft gestärkt daraus hervorzugehen. Hass, zum Beispiel der im Netz auf Cucurella, bewirkt das Gegenteil. Und: Den Deutschen steht er nach einem über weite Strecken herzlichen und weltoffenen EM-Sommer einfach nicht gut zu Gesicht.
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