Wer eine alte private Rentenversicherung besitzt, kann sich eigentlich glücklich schätzen. Doch in der Auszahlungsphase gibt es einen Haken. Es könnte so einfach sein: Haben Sie Ihre Kapitallebensversicherung oder Ihre private Rentenversicherung vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen, profitieren Sie vermutlich nicht nur von vergleichsweise guten Konditionen, sondern zahlen unter bestimmten Bedingungen auch keine Steuern auf die Versicherungsleistung. Das gilt immer dann, wenn Sie mindestens fünf Jahre lang regelmäßig Beiträge gezahlt haben, der Vertrag mindestens zwölf Jahre bestanden hat und die vereinbarte Todesfallsumme mindestens 60 Prozent der eingezahlten Beiträge erreicht. Doch bei privaten Rentenversicherungen lauert eine Falle. Finanzämter besteuern trotzdem Entscheiden Sie sich zu Rentenbeginn gegen eine einmalige Kapitalauszahlung und für eine lebenslange monatliche Rente , erheben viele Finanzämter doch Einkommensteuer – auch wenn Sie alle genannten Kriterien für die Steuerfreiheit erfüllen. Für die Behörden sind diese Renten so wie bei Verträgen ab 2005 mit dem sogenannten Ertragsanteil als "sonstige Einkünfte" nach § 22 EStG zu versteuern. Ein Teil Ihrer privaten Rente wird also mit Ihrem persönlichen Einkommensteuersatz belegt. Welcher Ertragsanteil für Sie gilt, richtet sich nach Ihrem Alter zu Beginn der Rentenauszahlung. So steht es in einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 1. Oktober 2009 (BStBl. 2009 I S. 1172 Rz. 19). Wer sich die private Zusatzrente zum Beispiel mit 63 Jahren auszahlen lässt, muss auf 20 Prozent davon Einkommensteuer zahlen. Allerdings hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits Mitte 2021 entschieden, dass lebenslange Rentenzahlungen aus begünstigten Altverträgen steuerlich genauso behandelt werden müssen wie eine einmalige Kapitalauszahlung aus derselben Art Vertrag (BFH-Urteil vom 1. Juli 2021, VIII R 4/18). Das heißt: Auch Rentenzahlungen sind zumindest so lange steuerfrei, bis sie den Wert der alternativ möglich gewesenen Kapitalauszahlung erreicht haben. Das Problem ist nur: Die Versicherungsträger halten sich offenbar weiter an das Schreiben des Bundesfinanzministeriums von 2009 und übermitteln den Finanzämtern elektronisch die demnach steuerpflichtigen Ertragsanteile – auch wenn die Versicherungsleistung laut BFH komplett steuerfrei bleiben müsste. Und die Finanzämter setzen dann Steuern fest, selbst wenn betroffene Rentner die Felder in der Steuererklärung freigelassen haben, weil sie von Steuerfreiheit ausgingen. Das sagt das Finanzministerium t-online hat beim Bundesfinanzministerium nachgefragt, warum das BFH-Urteil bisher nicht angewendet wird. Die Antwort: "Das BMF erörtert derzeit die sich aus dem Urteil ergebenden vielschichtigen und klärungsbedürftigen Fragen mit den obersten Finanzbehörden der Länder und der Versicherungsbranche", sagt eine Sprecherin. Es handelt sich hier um Sachverhalte, die weit in die Vergangenheit reichen und bei denen auch die zukünftige Perspektive zu beachten ist." Anders gesagt: Das Urteil wird bisher nicht angewendet, weil Bund, Länder und Versicherungen noch über die Folgen beraten. Besitzen Sie eine alte private Rentenversicherung, deren Leistung Sie sich als lebenslange Rente auszahlen lassen, empfiehlt der Bund der Steuerzahler , die Steuerbescheide genau zu prüfen. Hat das Finanzamt Einkommensteuer auf den Ertragsanteil erhoben, sollten Sie mit Hinweis auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs rechtzeitig Einspruch einlegen. Steuerzahlerbund kritisiert Dauer der Prüfung "Wir betrachten es durchaus kritisch, wenn Urteile des Bundesfinanzhofes von der Finanzverwaltung nicht angewendet werden", sagt Daniela Karbe-Geßler, Leiterin Steuerrecht und Steuerpolitik beim Bund der Steuerzahler, t-online. Es sei zwar zu beobachten, dass solche Nicht-Anwendungserlasse zurückgingen, dennoch dauere es manchmal sehr lange, bis klar sei, ob die Urteile angewendet werden oder nicht. "Nicht immer ist natürlich ein Urteil des Bundesfinanzhofes für die praktische Anwendung geeignet", sagt Karbe-Geßler. "Daher ist es sicherlich richtig, sich die Urteile anzuschauen und zu beurteilen, ob diese für die Großzahl der Bescheide Anwendung finden können." Allerdings sei es kritisch zu betrachten, wenn ausdrücklich positive Urteile für die Steuerzahler nicht angewendet würden. Wann die Beratungen enden und mit welchem Ergebnis, ist unklar. Bis dahin bleibt Betroffenen nur der rechtzeitige Widerspruch.
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