Spanische Herrscher: Warum Johanna, die Wahnsinnige mit dem Sarg ihres Mannes durch Spanien zog
Johanna von Kastilien war eine sinnliche, leidenschaftliche Frau. Ihren Mann, Philipp den Schönen, liebte sie über alles. Als er jung starb, trennte sie sich nicht von dem Leichnam.
Man nannte sie die Wahnsinnige, dabei war Johanna von Kastilien vor allem eine mächtige Frau – zu mächtig für die Männer der Zeit. Sie stammte aus dem Haus Trastámara, das eine ganze Reihe von Herrschern hervorgebracht hat und sich auf die Zeit des früheren Mittelalters herleiten konnte. Ihre Schwestern wurden Königinnen von England und von Portugal. In ihr fanden die beiden Linien des Haus Trastámara wieder zusammen, so wurde sie später Herrscherin über Kastilien und die Länder der Krone von Aragon. Denn sie war die Tochter von Isabella und Ferdinands II., dem Paar, das die Mauren aus Spanien vertrieb.
Zweckbündnis wird Liebesheirat
Das war ihr als Mädchen kaum bewusst, denn sie war das dritte Kind. In die Weltgeschichte trat sie mit ihrer Ehe mit dem einzigen Sohn des Habsburger Kaisers Maximilian. Maximilian hatte durch seine Ehe den Habsburgern das reiche Burgund gesichert. Sein Sohn Philipp, der Schöne, Herzog von Burgund, sollte nun Johanna heiraten. Und damit das Bündnis der Habsburger mit den Spaniern besiegeln. Und da geschah etwas Ungewöhnliches: Die beiden trafen sich am 20. Oktober 1496 und entbrannten sofort in Liebe. Das junge Paar wollte nicht auf die anberaumte Hochzeit warten, sie ließen sich sofort trauen, um die Ehe sogleich zu vollziehen. Johanna liebte ihren Mann abgöttisch und der wohl auch sie – zumindest zunächst. Das Paar hatte sechs Kinder. Allesamt gesund und wohlgeraten – die späteren Folgen der Inzucht-Hochzeiten der Habsburger gab es noch nicht.WISSEN Habsburger Kiefer 08.26
Die Ehe von Maximilian und Maria von Burgund war auch als Zweckbündnis gedacht. Die chronisch klammen Habsburger schielten auf ihre Reichtümer und Maria benötigte nach dem Tod ihres Vaters, Karls des Kühnen, dringend militärischen Beistand. Aber auch Maximilian und Maria sollen sich sehr zugetan gewesen sein. Johannas ungestüme Liebesbeweise in aller Öffentlichkeit sollen Philipp allerdings weniger recht gewesen sein. Johannas Sinnlichkeit wird von ihren Biographen betont. Dazu kam ihre Eifersucht. Johanna versuchte, alle Frauen vom Hof zu verbannen. Auch wegen der zahlreichen Affären ihres Mannes. Dabei schlug Johanna durchaus auf echte oder auch vermeintliche Rivalinnen ein.
Johanna wird Erbin eines Weltreichs
Durch eine Reihe von Todesfällen rückte sie in der Erbfolge nach oben – und wurde die Erbin des spanischen Weltreiches. Zunächst wurde sie Königin von Kastilien. Und geriet in die Intrigen der Männer, die um die Macht in Spanien rangen – ihr Ehemann Philipp und ihr Vater, Ferdinand II.. Beide Männer setzten in diesem Kampf das gleiche Mittel, nämlich Johanna für unzurechnungsfähig zu erklären und so eine dauerhafte Regentschaft zu rechtfertigen. Johanna wurde zu einer Marionette im Konflikt zwischen Vater und Gatten.EL Cid Serie - 13.20 Uhr
Und tatsächlich hatte Johanna psychische Probleme. Tagelang saß sie regungslos da und starrte vor sich hin. Damals nannte man so etwas Melancholie, heute würde man von Depressionen sprechen. Doch Adel und Bürgertum Kastiliens hatten damals nicht den Eindruck, sie sei komplett verrückt. Sie bestätigten Johannas und Philipps Ansprüche und wiesen die ihres Vaters zurück. Das Paar hätte gemeinsam regieren können, doch dann erkrankte Philipp überraschend – neun Tage kämpften die beiden gegen seine Lungenentzündung. Vergebens, Philipp der Schöne starb mit nur 28 Jahren. Nun war Johanna Alleinherrscherin. Stand aber auch allein gegen ihren Vater. Ihren Mann gab sie nicht auf. Mit dem Toten zog sie monatelang durch Kastilien. Dabei ließ sie den Sarg öffnen, um mit ihm zu sprechen. Man sagt, sie habe gehofft, Philipp würde wieder erwachen. So wurde sie im Volksmund zur "Wahnsinnigen".
Elendes Ende
Am Heiligabend, dem 24. Dezember 1506, erreicht der Trauerzug aus Hunderten von Menschen das Dorf Torquemada. Trotz ihrer Schwangerschaft reiste die Königin Johanna nachts zu Fuß von Burgos. Sie wollte den Toten nach Granada überführen. Blieb dann aber in dem Dorf, um ihr letztes Kind von Philipp auf die Welt zu bringen. Der Leichnam ihres Mannes wurde in der Kirche Santa Eulalia aufgebahrt und von Soldaten bewacht. Frauen verbot sie den Zugang zur Kirche und zu ihrem toten Gemahl. 1507 wurde Katharina geboren. Auf ihren Sohn Karl, dem späteren Kaiser, machte das Mädchen zehn Jahre später einen verwahrlosten Eindruck. Karl machte sie zur mächtigen Königin von Portugal.
Johanna blieb formal noch eine Zeitlang Königin, lebte aber abgeschieden und abgeschoben im Kloster Santa Clara. Ob und inwieweit Johanna "wahnsinnig" war, ist seitdem umstritten. Selbst die Wanderschaft mit dem Sarg hatte auch einen realen Grund. Johanna machte es ihrem Vater eine Zeit lang unmöglich, sie festzusetzen. Als junge Frau war sie überspannt, später überfordert oder gar depressiv. Und Johanna war keine Frau der Macht wie Elisabeth II. und das hätte sie sein müssen, um ihren Thron auch wirklich auszufüllen. Letztlich ließ sie sich widerstandslos in das Klostergefängnis abschieben. Ihr Zustand verschlechterte sich stetig. Sie soll nur wenige klare Momente gehabt haben. Mit 75 verbrühte sie sich schwer. Die Frau, die den Habsburgern unverhofft ein Weltreich beschert hat, starb vollkommen vernachlässigt und verwahrlost.