Mindestens zwei Tote bei mutmaßlichem Anschlag auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg
In Magdeburg geht die Polizei am Morgen nach dem mutmaßlichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt mit mindestens zwei Todesopfern und Dutzenden Verletzten weiter von einem Einzeltäter aus. Hinweise auf ein zweites, möglicherweise mit der Tat im Zusammenhang stehendes Auto hätten sich nicht bestätigt, erklärte die Polizei am Samstag. Am Freitagabend war ein Auto in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast. Ein Erwachsener und ein Kleinkind seien ums Leben gekommen, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).
Der mutmaßliche Täter ist nach Behördenangaben ein seit 2006 in Deutschland lebender Arzt aus Saudi-Arabien. Laut Polizei fuhr der Täter "mindestens 400 Meter über den Weihnachtsmarkt". Haseloff zufolge handelte es sich bei dem Tatfahrzeug um einen Leihwagen mit Münchner Kennzeichen.
Nach Haseloffs Worten wurden mindestens 60 Menschen verletzt. Angesichts der Schwere der Verletzungen sei nicht auszuschließen, "dass wir noch weitere Menschenleben zu beklagen haben könnten". Die Stadtverwaltung Magdeburg hatte zuvor von 15 Schwerstverletzten, 37 mittelschwer Verletzten und 16 Leichtverletzten gesprochen.
Am frühen Samstagmorgen dauerte der Einsatz der Polizei an. Gegenwärtig käme es unter anderem zu Durchsuchungen, hieß es.
Es sei "eine furchtbare Tragödie", sagte Haseloff. "Das ist eine Katastrophe für die Stadt Magdeburg und für das Land und auch generell für Deutschland." Gerade im Zusammenhang mit Weihnachten sei dies "eines der schlimmsten Dinge, die man sich nur vorstellen kann (...) Wir müssen sehen, wie wir das jetzt alle verarbeiten."
Der Festgenommene wurde dem Regierungschef zufolge von der Polizei verhört. Der Mann arbeitet demnach als Arzt bei einem Unternehmen. Mehrere Medien benannten den Mann als Taleb A., der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sei. Unter anderem berichtete "Spiegel Online" darüber, dass A. in Beiträgen im Onlinedienst X seine Sympathie zur AfD bekundete.
Er habe angesichts der Schwere des Anschlags auch Signale, dass der Generalbundesanwalt tätig werden könnte, sagte Haseloff. Laut Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) ist der Verdächtige 50 Jahre alt und lebte in Bernburg. Er habe einen unbefristeten Aufenthaltstitel.
Auf Videoaufnahmen des Mitteldeutschen Rundsfunks (MDR) ist die Festnahme des mutmaßlichen Täters zu sehen. "Leg dich hin, die Hände auf den Rücken", brüllt in dem Video ein Polizist mit vorgehaltener Waffe, im Hintergrund sind weitere Stimmen zu hören. Einen kurzen Moment später kommen mehrere weitere Einsatzkräfte hinzu und umstellen den Verdächtigen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich entsetzt. "Die Vorfreude auf ein friedliches Weihnachtsfest wurde durch die Meldungen aus Magdeburg jäh unterbrochen", erklärte er. Kanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte, seine Gedanken seien bei den Opfern und ihren Angehörigen. Er dankte "den engagierten Rettungskräften in diesen bangen Stunden". Ähnlich äußerten sich zahlreiche weitere Politikerinnen und Politiker.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der Landesregierung von Sachsen-Anhalt Hilfe des Bundes bei den Ermittlungen zu. Nach einem Telefonat mit Zieschang erklärte Faeser, sie habe ihrer Kollegin "jede mögliche Unterstützung des Bundes zugesagt".
Haseloff kündigte für Samstag einen Besuch von Bundeskanzler Scholz in Magdeburg an. Dabei gehe es voraussichtlich nicht nur um gemeinsames Trauern, sondern auch darum, "Maßnahmen zu besprechen, die notwendig sind".
Mehrere ausländische Regierungen bekundeten nach dem mutmaßlichen Anschlag ihre Solidarität. "Die Vereinigten Staaten sind schockiert und traurig über die tragischen Nachrichten aus Magdeburg", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Freitag. Er erklärte auch, dass die USA "bereit" seien, "Hilfe" zu leisten. Auch Saudi-Arabien drückte laut einem Beitrag des Außenministeriums in Riad bei X "seine Solidarität mit dem deutschen Volk und den Familien der Opfer" aus.
Der französische Präsident Emmanuel Macron schrieb im Online-Dienst X, er sei angesichts des "Horrors, der an diesem Abend den Weihnachtsmarkt in Magdeburg" getroffen habe "zuftiefst schockiert". Frankreich teile "den Schmerz des deutschen Volkes und bringt seine volle Solidarität zum Ausdruck".
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schrieb bei X, sie sei "zutiefst erschüttert" über den "brutalen" Angriff. Auch der spanische Regierungschef Pedro Sánchez teilte in dem Onlinedienst mit, er sei "schockiert" über den "schrecklichen Angriff" in Deutschland.
Der Vorfall in Magdeburg ereignete sich einen Tag nach dem achten Jahrestag des islamistischen Lkw-Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. Damals hatte ein islamistischer Täter einen Sattelschlepper in die Menschenmenge gesteuert, zwölf Menschen wurden getötet, ein weiterer starb Jahre später an seinen schweren Verletzungen. Der Täter konnte zunächst fliehen und wurde Tage später in Italien von Polizisten erschossen.