Zum fünften Mal in Folge hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen gesenkt. Wir erklären, welche Auswirkungen das auf Ihr Konto hat. Christine Lagarde setzt auf demonstrative Gelassenheit: Trotz der Zolldrohungen von US-Präsident Donald Trump hält die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) an ihrem Kurs fest und verkündete am Donnerstag die nächste Zinssenkung, um die Wirtschaft zu entlasten. Wie schon im Dezember gehen die Leitzinsen in der Eurozone um 0,25 Prozentpunkte nach unten. Es ist die fünfte Zinssenkung in Folge, nachdem die EZB von Juli 2022 bis September 2023 die Leitzinsen schrittweise angehoben hatte, um die Inflation einzudämmen. Ab Juni 2024 folgte dann die Kehrtwende nach unten. Was heißt das nun für Ihre Geldanlagen, Sparpläne, Tagesgeldkonten oder Immobilienpläne? t-online erklärt die wichtigsten Folgen der Zinssenkung für Ihr Geld – und welche Leitzinsen es überhaupt gibt. Was sind überhaupt die Leitzinsen? Die Leitzinsen der EZB bestimmen, zu welchen Bedingungen sich Geschäftsbanken bei den Noten- und Zentralbanken entweder Geld beschaffen oder als Guthaben anlegen können. Und das wiederum entscheidet darüber, wie hoch die Zinsen für Sparer und Kreditnehmer in der Eurozone ausfallen. Drei Zinssätze sind dabei wichtig: der Hauptrefinanzierungszins, der Einlagenzins und der Spitzenrefinanzierungszins. Spricht man von "dem Leitzins", ist in der Regel der Hauptrefinanzierungszinssatz gemeint, zu dem sich Kreditinstitute Geld von der Zentralbank leihen. Steigt er, wird es für die Banken teurer, an Geld zu kommen, und damit auch für Schuldner, die einen Kredit bei den Geschäftsbanken aufnehmen. Jahrelang verharrte dieser Leitzins im Euroraum bei null Prozent, 2022 kam dann die erste Zinswende. Bis September 2023 stieg der Hauptrefinanzierungszins auf 4,5 Prozent, bevor ihn die erneute Zinswende zuletzt auf 3,15 Prozent drückte. Künftig wird der Zinssatz dann 2,9 Prozent betragen. Ebenso wichtig ist der Einlagenzinssatz, zu dem Banken und Sparkassen überschüssiges Geld über Nacht bei der Notenbank parken können, also kurzfristig anlegen. Steigt er, bekommen die Banken dafür mehr Geld. Anders als der Hauptrefinanzierungszins lag der Einlagenzins jahrelang nicht nur bei null, sondern war sogar negativ. Statt Zinsen für ihr Guthaben bei der Zentralbank zu bekommen, mussten Geschäftsbanken dafür Gebühren zahlen. Im September 2022 war damit Schluss: Der Einlagenzins stieg damals auf 0,75 Prozent, nach dem jetzigen EZB-Entscheid sinkt er von 3 auf 2,75 Prozent. Was bedeutet die Zinssenkung für mein Sparguthaben? Für Sparer sind sinkende Leitzinsen eine schlechte Nachricht. Da Banken und Sparkassen nun erneut weniger Zinsen dafür bekommen, dass sie ihr Geld bei der Zentralbank parken, dürften sie diesen gefallenen Prozentsatz an ihre Privat- und Geschäftskunden in Form von niedrigeren Sparzinsen weiterreichen. "Die Zinssätze für Tages- und Festgelder werden in der ersten Jahreshälfte 2025 aller Voraussicht nach weiter sinken", sagt Jasmin Ehlert, Chefanalystin beim Finanzunternehmen Raisin. Es gebe jedoch einen Lichtblick: "Durch die sinkenden Zinsen parken immer weniger Banken ihre Liquidität bei der EZB und vergeben stattdessen mehr Kredite. Damit werden vor allem Immobilien- und Konsumentenkredite wieder attraktiver, und mit zunehmendem Kreditvolumen intensiviert sich auch der Wettbewerb unter den Banken um neue Kundeneinlagen." Für Ihr Sparguthaben heißt das: In welchem Umfang Ihre Bank die Leitzinssenkung an Sie weitergibt, hängt davon ab, wie diese wirtschaftlich aufgestellt ist. Ehlerts Tipp: "Es lohnt sich, Angebote in ganz Europa zu vergleichen und so auch vom Wettbewerb unter regionalen Banken im Ausland zu profitieren, die sich zu einem großen Teil über Tages- und Festgelder refinanzieren." 2024 hätten private Haushalte in der EU bereits mehr als 150 Milliarden Euro außerhalb ihrer Heimatländer angelegt. Lesen Sie hier, wie Ihr Geld bei ausländischen Banken geschützt ist. In eine Falle sollten Sparer laut Ehlert jetzt nicht tappen: "Die extrem flache Zinskurve lässt Tages- und Festgelder auf den ersten Blick vergleichbar attraktiv erscheinen. Sparerinnen und Sparern muss jedoch bewusst sein, dass sie sich das Zinsniveau nur mit Festgeldern sichern können", so die Finanzexpertin. In der Spitze bringe Festgeld mit Laufzeiten von drei bis fünf Jahren aktuell bis zu 3 Prozent Zinsen pro Jahr – mehr als das Geld aller Voraussicht nach durch die Inflation verlieren würde. "Damit bleibt Festgeld eine attraktive Option, um auf Erspartes ein reales Plus zu erzielen", sagt Ehlert. Beflügeln sinkende Zinsen den Aktienmarkt? Diese Behauptung hört man zwar oft, sie hat aber keine allgemeine Gültigkeit. Die Zinssenkung der EZB im Dezember 2024 ließ den deutschen Leitindex Dax beispielsweise kalt. Und auch diesmal reagierte das deutsche Börsenbarometer nicht besonders auf die EZB-Nachrichten. Verbraucherschützer raten ohnehin dazu, sich vom kurzfristigen Auf und Ab an der Börse oder von Prognosen nicht irritieren zu lassen. "Für Aktien und Aktienfonds sollte man sowieso einen langfristigen Anlagehorizont haben", heißt es bei der Verbraucherzentrale. Mindestens zehn, besser 15 Jahre, sollten Sie am Aktienmarkt investiert bleiben, um mögliche Krisen aussitzen zu können. Empfehlenswert ist zudem eine breit gestreute Anlage in sogenannte ETFs . Das sind börsennotierte Fonds, die einen Index wie zum Beispiel den Dax nachbilden. Sie entwickeln sich also immer fast genauso wie der Index, den sie abbilden. Für eine ausreichend große Streuung sollten Sie auf einen weltweiten Aktienindex wie den MSCI World setzen. Wie Sie dabei genau vorgehen, lesen Sie hier. Werden Kredite jetzt billiger? Ja, aber wohl nur in geringem Umfang. Auch dürfte es große Unterschiede zwischen den Banken geben. Darauf deutet zumindest eine Umfrage des Kreditvergleichsportals Smava hin. "Etwas mehr als die Hälfte der von uns befragten Banken wird ihre Kreditzinsen unverändert lassen. Die andere Hälfte wird sie hingegen voraussichtlich senken", sagt Smava-Geschäftsführer Alexander Artopé. "Das sind gute Nachrichten für all diejenigen, die in den nächsten Monaten einen Kredit aufnehmen möchten." Ein Vergleich der Angebote ist dabei aber unerlässlich: Das teuerste und das günstigste Angebot für den gewünschten Kredit unterscheiden sich aktuell im Schnitt um rund 3 Prozentpunkte. Das kann, je nach Kredit, einen Unterschied von mehreren Hundert oder Tausend Euro machen. "Verbraucherinnen und Verbraucher, die Angebote verschiedener Banken vergleichen, haben dadurch gute Chancen, einen Kredit deutlich unter 8 Prozent zu finden, etwa im Bereich zwischen 5 und 6 Prozent", sagt Artopé. Sinken die Bauzinsen? Eher nicht. Experten der großen Baufinanzierungsvermittler rechnen in den kommenden Wochen mit stagnierenden Bauzinsen, für das laufende Jahr sollten sich Immobilieninteressenten auf Zinsen zwischen 3 und 3,5 Prozent einstellen. Zuletzt mussten Häuslebauer für Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit 2,7 Prozent Zinsen zahlen, für solche mit 15-jähriger Laufzeit 2,95 Prozent. "Grund dafür sind steigende Renditen an den Anleihemärkten, an denen sich die Bauzinsen orientieren", schreibt Oliver Kohnen, Geschäftsführer des Kreditvermittlers Baufi24, in seinem jüngsten Zinskommentar. "Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe lag zuletzt bei 2,60 Prozent, Mitte Dezember hatte sie teils noch bei 2,15 Prozent gelegen." Da Bauzinsen meist für einen längeren Zeitraum festgeschrieben werden, lässt sich ihre Entwicklung schwerer vorhersagen. Grundsätzlich gilt aber: Selbst kleine Veränderungen machen angesichts der großen Summen, die bei Baufinanzierungen aufgenommen werden, einen spürbaren Unterschied. Darauf weist der Geldratgeber "Finanztip" hin. Wer mit seiner Bank über einen Immobilienkredit spreche, sollte die Zinsentwicklung also genau im Blick haben. Warum senkt die EZB die Leitzinsen? Die EZB reagiert mit ihrer Entscheidung auf die gesunkene Inflation und die anhaltende wirtschaftliche Schwäche in der Eurozone. Nachdem die Teuerungsrate 2022 noch Spitzenwerte von über 8 Prozent erreichte, nähert sie sich nun dem langfristigen Ziel der Notenbank von 2 Prozent. Dennoch bleibt die wirtschaftliche Lage angespannt – besonders in Deutschland, wo die Wirtschaftsleistung bereits das zweite Jahr in Folge zurückgegangen ist. Einen anderen Kurs als die EZB hatte am Mittwoch die US-Notenbank Fed eingeschlagen. Nach drei Leitzinssenkungen in Folge beließ sie ihren Leitzins auf hohem Niveau in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent. Sie bietet damit US-Präsident Donald Trump die Stirn, der weitere Zinssenkungen gefordert hatte. Allerdings erwarten Experten, dass Trumps Politik die Inflation in den USA wieder befeuern könnte – ein zusätzliches Argument dafür, geldpolitisch erst einmal für einige Zeit innezuhalten.