BGH-Urteil: Negativzinsen waren unwirksam – viele Sparer können nun Geld zurückfordern
Hunderte Banken verlangten einst von ihren Kunden Strafzinsen, nun hat der BGH diese für unwirksam erklärt. Droht den Geldinstituten jetzt eine riesige Klagewelle?
Aktuell sind Minuszinsen kein Thema mehr, aber es ist keine drei Jahre her, da sah die Bankenwelt noch anders aus. Mindestens 455 Geldinstitute verlangten laut Verivox im Jahr 2022 von Privatkunden ein sogenanntes "Verwahrentgelt". Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) diese Strafzinsen für weitgehend unzulässig erklärt.
Laut dem Urteil der BGH-Richter sind Negativzinsen auf Spareinlagen und Tagesgeld unwirksam. Zweck von Spareinlagen sei es, das Vermögen der Sparer mittel- bis langfristig aufzubauen und durch Zinsen vor Inflation zu schützen, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger in der Verhandlung in Karlsruhe. Wenn Sparguthaben durch Negativzinsen weniger würden, stehe das "dem Vertragszweck diametral entgegen", sagte Ellenberger. Damit schloss sich das Gericht der Auffassung der klagenden Verbraucherzentralen weitgehend an.
Eine Einschränkung machten die BGH-Richter bei Negativzinsen auf Girokontenguthaben. Hier entschied der für das Bankenrecht zuständige BGH-Senat, dass Negativzinsen im Grundsatz zulässig seien, die Klauseln aber zu unbestimmt und intransparent waren. Die Kunden hätten nicht erkennen können, wann sie von Negativzinsen auf ihren Girokonten betroffen seien. Deshalb wurden auch sie für unwirksam erklärt. IV Toxisch Reich Sebastian Klein 12.17
Können Sparer Negativzinsen zurückfordern?
Die spannende Frage ist nun, ob Sparerinnen und Sparer die zu Unrecht gezahlten Zinsen zurückfordern können. Das wurde vom BGH nicht entschieden, weil die betroffenen Bankkunden erst selbst auf Rückzahlung klagen müssen. Das BGH-Urteil liefert ihnen dafür eine aussichtsreiche juristische Grundlage.
Zu berücksichtigen wären noch unter anderem Fragen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, wobei unter Juristen umstritten ist, ob die Frist mit Erhebung der Negativzinsen zu laufen begann oder erst jetzt mit dem Urteil des BGH. Selbst im ungünstigeren Fall könnten Sparer demnach noch Geld aus dem Jahr 2022 zurückfordern – andernfalls sogar noch weiter zurück.
Wie viele Kunden tatsächlich gegen ihre Bank vorgehen werden, wird wohl auch daran hängen, um wie viel Geld es für sie im konkreten Fall geht. Viele Banken hatten Strafzinsen in Höhe von 0,5 Prozent verlangt, manche aber auch mehr. Zudem galten die Negativzinsen häufig nur für Neukunden oder erst ab einem bestimmten Betrag.
Laut einer aktuellen Befragung des Vergleichsportals Verivox musste jeder achte Kunde vor der Zinswende Negativzinsen an seine Bank zahlen. In der Umfrage, die vor dem Karlsruher Urteil durchgeführt wurde, gaben 88 Prozent der Befragten an, sie würden die gezahlten Strafzinsen bei einem entsprechenden Richterspruch zurückfordern.
Konkret entschied der BGH in dem Verfahren über Klauseln der Sparda-Bank, der Commerzbank, einer Sparkasse und einer Volksbank. Die Institute hatten zwischen 2020 und 2021 Negativzinsen in der Regel für Neuverträge verlangt. Der Freibetrag reichte von 5000 Euro bis 250.000 Euro. Die Höhe des Negativzinses lag meist bei 0,5 Prozent pro Jahr.