Tour de Nesle: Zwei Ritter protzten mit ihren Affären - dafür starben sie grausam
Zwei Ritter protzten mit den Geschenken ihrer Geliebten – und zahlten dafür mit ihrem Leben. Die Folgen ihrer Affären sollten Frankreich hundert Jahre lang verwüsten.
Isabella von Frankreich, Gattin des englischen Königs Edward II., war keine fügsame Hofdame, sie war eine Wölfin. Über ihren Vater Philip IV., genannt der Schöne, stammte sie aus der Linie der Kapetinger, ihre Mutter Johanna war Königin von Navarra.
Isabella zeigte sich dieser Abstammung würdig. Sie war eine Frau, mit der sich niemand anlegen sollte – ihr eigener Mann inbegriffen. Ihrem scharfen Auge entging nichts – auch die Affären ihrer eigenen Familienmitglieder nicht.
Bei einem Besuch bei ihrem Vater überreichte sie ihren Brüdern und Schwägerinnen einmal kostbare Börsen. Kleine, reich verzierte Beutel, die am Gürtel getragen wurden. Noch im selben Jahr gaben sie und ihr Gemahl ein Bankett in London. Dort erspähte Isabel zwei der Schmuckstücke. Allerdings trugen nicht ihre Verwandten die Preziosen, sondern zwei französische Ritter – Gautier und Philipp von Aunay.
Verfolgung der Tempelritter
Isabel wusste sofort, was das zu bedeuten hatte. Die Ritter waren die Geliebten ihrer eigenen Schwägerinnen – also mussten sie Ehebruch an Isabels Brüdern Ludwig und Karl begangen haben. Diesen Verdacht behielt sie nicht für sich. Im Jahr 1314 informierte sie ihren Vater. WISSEN Ritter Fitness
Philipp IV. ist vor allem wegen einer Tat im kollektiven Gedächtnis verankert: Er warf dem Orden der Tempelritter Götzenanbetung und Sodomie vor und verfolgte die Ordensritter gnadenlos. Im Frühjahr 1314 ließ er den Großmeister Jacques de Molays und den Ordensmeister Godefrois de Charnys öffentlich verbrennen. Philipp IV. stärkte das französische Königtum durch sein persönliches Vorbild. Er leistete sich keinerlei Schwäche. Zeitgenossen schrieben, er sei "weder Mensch noch Tier, sondern eine Statue".
Philipps drei Söhne waren mit adeligen Frauen aus dem Burgund verheiratet. Ludwig (der zukünftige Ludwig X., auch genannt der Zänker) mit Margarete, Karl (der zukünftige Karl IV., genannt der Lange) mit Blanche, und Philipp (der zukünftige Philipp V.) mit Johanna.
König kannte keine Gnade
Untreue in der Familie konnte Isabellas Vater nicht durchgehen lassen. So ein Treiben hätte die Nachfolge in seiner Familie ins Gerede gebracht. Also ließ er die Frauen und die Ritter überwachen. Das Netz um Blanche und Margarethe zog sich zu. Tatsächlich trafen sich die Frauen mit den Rittern in einem alten Wachturm am Ufer der Seine – dem Tour de Nesle. Der Turm gab der Affäre später ihren Namen. Auch die dritte Schwägerin, Johanna, soll von den Liebesbeziehungen gewusst haben.Schweizer Kriege 9.27
Philipp IV. kannte keine Gnade, er ließ alle Beteiligten verhaften. Blanche und Margareth wurden wegen Ehebruchs verurteilt. Johanna dagegen freigesprochen – ihr Mann, von dem zahlreiche Liebesbriefe an seine Frau überliefert sind, hatte sich massiv für sie eingesetzt. Blanche und Margarethe hingegen wurde der Kopf geschoren und sie wurden lebenslang inhaftiert. Margareth musste den Rest ihres Lebens in einem unterirdisches Verließ verbringen. Dort starb sie ein Jahr später, vermutlich wurde sie ermordet. Blanche überlebte das Gefängnis, doch frei wurde sie nie. Nach der Entlassung sperrte man sie in einem Kloster ein.
Grausamer Tod der Ritter
Ihre Liebhaber wurden auf der Flucht gefangen. Unter der Folter gestanden sie den Ehebruch, doch das konnte ihre Strafe nicht mindern. Die genaue Art ihres Todes ist umstritten. Sicher ist, dass sie zunächst kastriert wurden. Danach wurden sie ausgeweidet und gevierteilt. Eine andere Überlieferung besagt, dass man sie lebendig gehäutet hat und sie dann auf das Rad geflochten wurden. Beide Methoden waren damals übliche Strafen bei Verbrechen gegen den König. Black Prince AR
Das Ende der Kapetinger
Von den Folgen des Skandals erholte sich die Dynastie der Kapetinger nicht mehr. Auf Philipp V. folgte Karl IV. – er hinterließ nur eine Tochter. Damit endete die Dynastie, die Hugo Capet begründet hatte. Auf Karl IV. folgte das Haus Valois. Doch England kannte den Ausschluß der weiblichen Linie nicht an, den Isabellas Vater nach dem Skandal verfügt hatte. So begann der Hundertjährige Krieg. Ohne die Untreue von Blanche und Margarethe wäre es zu diesem Krieg nicht gekommen, der Frankreich über Generationen hinweg verwüsten sollte.
Isabella selbst war außerehelichen Beziehungen nicht abgeneigt, wenn sie ihren politischen Zielen dienten. Mit ihrem Geliebten Roger Mortimer sammelte sie 1326 ein Söldnerheer und setzte nach England über. Sie, Mortimer und ihre Anhänger vertrieben ihren Mann, Edward II, vom Thron. Kurz darauf starb er durch einen unglücklichen "tödlichen Unfall".