SAP: IG Metall und Verdi übernehmen Betriebsratsvorsitz (Update)
Von Barbara Klauß
Walldorf. Erstmals in der 16-jährigen Geschichte des Betriebsrats der SAP SE rücken zwei Vertreter großer Gewerkschaften an die Spitze des Gremiums: Am Donnerstag wählten die Arbeitnehmervertreter den Physiker Eberhard Schick zum neuen Vorsitzenden. Der 55-Jährige gehört zur IG-Metall-Liste "Pro Mitbestimmung", die aus der Betriebsratswahl vor einem Monat als stärkste Gruppe hervorgegangen ist. Damit stellt erstmals eine Gewerkschaft den Betriebsratsvorsitzenden bei Europas größtem Softwarekonzern. Den Posten der stellvertretenden Vorsitzenden übernimmt die 51-jährige Anne Schmitz, die bei SAP im internen Marketing- und Kommunikationsbereich arbeitet. Sie gehört der drittstärksten Liste "Upgrade" an, die von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi unterstützt wird.
"Ich freue mich und bin dankbar", sagte Schick am Abend im Gespräch mit der RNZ. Seit 1997 arbeitet er bei SAP und gehörte zu denjenigen, die die Wahl eines Betriebsrats 2006 gegen massive Widerstände im Management und in der Belegschaft durchsetzten. Seither hätten sie dicke Bretter gebohrt, so Schick. Nun, da er nach 16 Jahren den Vorsitz übernimmt, sei es ihm wichtig, "die Interessen aller Kolleginnen und Kollegen zu vertreten und die verschiedenen Listen zu beteiligen".
Von Beginn an war das Gremium zersplittert. Es galt als Sammelbecken auch für Selbstdarsteller und Menschen, die vor allem auf den eigenen Vorteil bedacht waren. Immer wieder kam es zu Grabenkämpfen zwischen Mitgliedern. Aus Sicht des scheidenden Vorsitzenden Klaus Merx bleibt die Vielfalt auch in dieser Amtszeit mit zwölf gewählten Listen sehr groß.
Vor der Abstimmung hatte Merx die Hoffnung geäußert, dass es dem neuen Vorsitzenden gelingt, "nicht erneut in eine unbrauchbare Aufteilung zwischen ‚Regierung‘ und ‚Opposition‘ zu verfallen". Nach der Wahl Schicks zu seinem Nachfolger erklärte Merx nun: "Es sieht so aus, als könnte ihm das gelingen."
Von Anfang an will der neue Vorsitzende allen Mitglieder des Gremiums die Möglichkeit geben, sich zu beteiligen – und so den Wählerwillen fair abbilden, wie Schick sagte. Auf der konstituierenden Sitzung am Donnerstag habe es bereits eine sehr offene und gute Diskussion gegeben, erklärte er. "Das ist ein Anfang."
Sein Vorgänger Merx, der das Gremium noch bis zum 17. Mai leitet, bei der zurückliegenden Betriebsratswahl aber nicht mehr kandidiert hatte, wünschte Schick am Donnerstag "viel Erfolg bei der Vertretung der Mitarbeiterinteressen". "Ich drücke ihm die Daumen, dass die Zusammenarbeit innerhalb des Betriebsrats gut funktionieren wird.".
Er wertete es als "gutes Zeichen", dass mit Schick nun der Spitzenkandidat der Liste den Vorsitz übernimmt, die bei der Wahl die meisten Stimmen erhalten hatte. Damit werde dem Wählerwillen entsprochen, so Merx.
Bei der Betriebsratswahl vor einem Monat hatte erstmals seit Bestehen des Gremiums eine Gewerkschaftsliste die meisten Stimmen erhalten. So gehören nun neun Kandidaten der IG Metall-Liste "Pro Mitbestimmung" dem 45-köpfigen Betriebsrat an und bilden dort die stärkste Fraktion. Auf Platz zwei landete die Liste "Triple E" mit acht Sitzen. Auf Platz drei folgte "Upgrade", unterstützt von Verdi, mit sechs Sitzen. Damit kommen die beiden DGB-Gewerkschaften auf 15 Sitze und damit genau auf ein Drittel.
"Wir freuen uns über dieses Ergebnis", hatte Türker Baloglu, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall in Heidelberg, nach der Wahl erklärt. "Das bestärkt uns darin, so weiterzumachen wie in den vergangenen 16 Jahren." Die IG Metall hatte die späteren Betriebsratsgründer 2006 dabei unterstützt, die Wahl des Gremium beim Softwarekonzern durchzusetzen. Dennoch blieb der Einfluss der Gewerkschaften lange Zeit relativ gering. Die Zugewinne nun führten Beobachter unter anderem auf die letzte Gehaltsrunde bei SAP zurück, die teilweise als mager empfunden wurde. Auf dieses Thema hatten die Gewerkschaften im Wahlkampf stark gesetzt.