Nationalelf: Tah als Torte für Oma Lotti: Warum der DFB den EM-Kader stückweise verkündet
Erst Nico Schlotterbeck, jetzt Jonathan Tah: Der DFB geht bei der Verkündung des EM-Kaders neue Wege. Bis zur offiziellen Präsentation am Donnerstag werden einzelne Namen über verschiedene Kanäle lanciert. Muss das sein?
Den Anfang machte Nico Schlotterbeck, dann folgte Jonathan Tah: Die beiden Innenverteidiger sind die ersten Profis, die Bundestrainer Julian Nagelsmann für die EM nominiert hat. Dass erst zwei Namen verkündet wurden, hat seinen Grund darin, dass der DFB diesmal einen ungewöhnlichen Weg für die Kader-Präsentation gewählt hat. Der Name von BVB-Profi Schlotterbeck wurde den Zuschauern in der "Tagesschau" am Sonntagabend vermeldet, wo man sich auf eine DFB-Quelle berief. Für Jonathan Tah wählte die Medienabteilung des Verbands einen ganz anderen Weg. Diesmal war es der durch Social-Media-Auftritte bekannte Hamburger Altenpfleger Rashid Hamid, der am Montagmorgen auf seinem Instagram-Kanal einen Videoclip postete. Darin ist zu sehen, wie Hamid der ebenfalls schon bekannten Oma Lotti ein DFB-Trikot mit der Nummer 93 (ihr Alter) und eine Torte überreicht, auf der das Bild von Tah abgebildet ist.
Die häppchenweise Bekanntgabe über verschiedene Kanäle ist die jüngste Variante, mit der der DFB vor einem großen Turnier den Kader der Nationalelf präsentiert. Früher gab es, die Älteren erinnern sich, pompöse Bergsteigershows auf der Zugspitze (EM 2008) oder Spieler als lebensgroße Pappkameraden, wie vor der Sommermärchen-WM 2006. Zuletzt hatte der Verband die Präsentation vor großen Turnieren aber eigentlich wieder auf gewöhnliche und schmucklose Pressekonferenzen eingedampft, gewiss auch, weil sich nicht wenige an den Überinszenierungen jener Bierhoff-Ära störten, die nur noch selten ihre Entsprechung auf dem Rasen fanden.PAID Nachbericht DFB USA 09.07
DFB-Kader für die EM 2024: Scheibchenweise Bekanntgabe über soziale Medien
Jetzt also die scheibchenweise Bekanntgabe über die sozialen Medien und andere Kanäle. Ja, das ist natürlich vor allem zeitgemäß. Und dürfte aber auch dadurch begründet sein, dass in den vergangenen Jahren regelmäßig Namen vorab an die Öffentlichkeit durchsickert waren. Zuletzt hatten sich im März vor den Länderspielen gegen Frankreich und die Niederlande die Namen der Debütanten Maximilian Mittelstädt, Deniz Undav, Waldemar Anton, Maximilian Beier, Aleksandar Pavlovic und Jan-Niklas Beste verbreitet. Gleichzeitig entfachte die Ausbootung einiger Dortmunder Spieler Unruhe.
Jetzt versucht der DFB ganz offensichtlich, dem nationalen Rätselraten vorzugreifen, indem einzelne Namen schon vor der am Donnerstag angesetzten "offiziellen" Präsentation in Berlin lanciert werden. Wie viele Spieler bis dahin genannt werden? Ist offen. Die "Bild" spekulierte, dass bis zu vier Namen täglich fallen könnten. Wer den Überblick behalten möchte, sollte den Instagram-Account des DFB im Auge behalten. Dort sind unter der Rubrik Kader mit einem Goldpokal als Symbol die Nominierungen zu sehen.
Mats Hummels wird wohl nicht nominiert
Die Nominierung von Schlotterbeck ist eine der spannenderen Personalien. Der Innenverteidiger war in den vergangenen acht Monaten nicht mehr von Nagelsmann berücksichtigt worden, hat sich aber durch konstant gute Leistungen zurück in den Fokus gespielt. Mit dem BVB steht der 24-Jährige im Champions-League-Finale. In der Nationalelf dürfte Nagelsmann ihn als Ergänzungsspieler einplanen, Antonio Rüdiger von Real Madrid (auf den Schlotterbeck im besagten Finale trifft) und Jonathan Tah gelten als gesetzt. Ob Schlotterbecks Berufung die Chancen von Mats Hummels erhöht, darf derweil stark bezweifelt werden. Alle Zeichen deuten daraufhin, dass Nagelsmann bei seinem strikten Kurs bleibt und den Weltmeister von 2014 wie auch Bayern Münchens Leon Goretzka nicht für die EM zurückzuholen gedenkt.