Prozesse: Gutachter hält Trierer Amokfahrer für vermindert schuldfähig
Im neuen Amokprozess bestätigt das psychiatrische Gutachten die Aussagen des Erstgutachters. Es bleibt bei vermindert schuldfähig und einer empfohlenen Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie.
Auch im neu aufgerollten Prozess gegen den Trierer Amokfahrer hält der psychiatrische Gutachter den Angeklagten für vermindert schuldfähig. Er leide an einer paranoiden Schizophrenie, die seine Steuerungsfähigkeit bei der Tat erheblich eingeschränkt habe, sagte der Sachverständige Jürgen Müller am Mittwoch vor dem Landgericht Trier. Schuldunfähig sei der Amokfahrer aber nicht.
Bei dem 54-Jährigen sei ein "Verfolgungs- und Beeinträchtigungswahn" festzustellen, der sich vor der Tat verstärkt habe. Im Kern drehe sich der Wahn darum, dass der gelernte Elektroinstallateur überzeugt sei, als Kind Opfer eines staatlichen Experiments mit dem Spritzen einer radioaktiven Substanz geworden zu sein - und in der Folge gemäß seines Wahns vielfach benachteiligt und verfolgt wurde.
Seit Jahrzehnten kämpfe er vergeblich darum, 500.000 Euro zu bekommen, die ihm für die angebliche Versuchsreihe zustehe. Am Tag vor der Tat sei ein Besuch bei einem Anwalt wieder erfolglos gewesen: Das habe er als "demütigend und kränkend" empfunden. Daraufhin habe er "allgemeine Rachegefühle an der Trierer Bevölkerung" umgesetzt und die geplante Amokfahrt ausgeführt.
Von dem Amokfahrer seien aus psychiatrischer Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Straftaten zu erwarten, sagte Müller. Daher sei die Unterbringung des Deutschen in einem psychiatrischen Krankenhaus zu empfehlen, sagte der Professor für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Göttingen. Der Amokfahrer habe sich weder zur Tat noch zum Motiv geäußert. Er mache eine Erinnerungslücke geltend.
Bei der Amokfahrt am 1. Dezember 2020 durch die Fußgängerzone waren fünf Menschen getötet worden, zahlreiche weitere wurden verletzt und traumatisiert. Ein weiterer Mann erlag vor zwei Monaten seinen bei der Amokfahrt erlittenen Verletzungen. Dass der Angeklagte der Täter war, ist unbestritten und wird nicht neu verhandelt.
Nachdem der Bundesgerichtshof das erste Urteil überwiegend aufgehoben hatte, steht die Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten im Fokus. Der Mann war im August 2022 wegen mehrfachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht ordnete die Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Wegen seiner Erkrankung hatte das Gericht den Mann generell für vermindert schuldfähig gehalten. Das Urteil im Prozess könnte am 6. Mai fallen.