Erneute Ausschreitungen bei rechtsradikalen Protesten in britischen Städten
In Großbritannien sind die nach einem tödlichen Messerangriff auf Kinder am vierten Tag in Folge stattfindenden Proteste rechtsradikaler Gruppen erneut in Gewalt umgeschlagen. Wie ein AFP-Fotograf am Samstag berichtete, warfen in Liverpool Demonstranten Stühle, Leuchtraketen und Ziegelsteine auf Polizisten, die Polizei sprach von mehreren verletzten Sicherheitskräften. In Manchester kam es britischen Medien zufolge zu Handgemengen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. Premier Keir Starmer verurteilte die Gewalt scharf.
Wie die Rundfunkanstalt BBC berichtete, warfen Protestierende in der nordostenglischen Stadt Hull die Fensterscheiben eines Hotels ein, das als Unterkunft für Migranten genutzt worden war. Drei Polizisten wurden bei den Protesten in der Stadt nach Polizeiangaben verletzt und vier Menschen festgenommen.
Bei den Protesten im Zentrum Liverpools wurden der Polizei zufolge "zahlreiche Polizisten" verletzt. Die zuständige Merseyside Police sprach von "schweren Unruhen". Im nordirischen Belfast geriet eine antimuslimische Gruppierung mit den Teilnehmern einer anti-rassistischen Demonstration aneinander, es wurden Feuerwerkskörper abgefeuert. Auch in Leeds und Nottingham trafen Gruppen von Demonstranten und Gegendemonstranten aufeinander. In London wurden, getrennt voneinander, eine regelmäßig stattfindende propalästinensische und eine migrantenfeindliche Demonstration abgehalten.
Der Anti-Rassismus-Gruppe Hope not Hate zufolge waren am Wochenende insgesamt mehr als 30 rechtsradikale Protestveranstaltungen geplant. Mehrere rechtsradikale Kanäle hatten in Online-Netzwerken zu migrantenfeindlichen Protesten unter dem Motto "Genug ist genug" aufgerufen. Antifaschistische Gruppen organisierten ihrerseits Gegenproteste.
Bereits in der Nacht zum Samstag war es im nordostenglischen Sunderland zu Ausschreitungen gekommen, in deren Verlauf vier Polizisten verletzt und zehn Menschen festgenommen wurden. Aufnahmen der britischen Rundfunkanstalt BBC zeigten, wie mehrere hundert Menschen im Stadtzentrum randalierten, die Polizei angriffen und mindestens ein Auto und ein Polizeirevier in Brand setzten. Nach ähnlichen Vorfällen in anderen Städten griffen die Protestierenden zudem eine Moschee an.
Auf anderen Bildern, die in Onlinenetzwerken verbreitet wurden, waren mit Sturmhauben bekleidete Jugendliche zu sehen, die Ziegelsteine und andere Wurfgeschosse schleuderten, während Feuerwerkskörper und Leuchtraketen gezündet wurden. Die Einsatzkräfte seien mit "schwerer und anhaltender Gewalt" konfrontiert gewesen, erklärte die Polizei.
In Großbritannien hatte es nach dem Messerangriff in mehreren Städten Unruhen gegeben. Am Montag war ein Angreifer in der nahe Liverpool gelegenen Küstenstadt Southport in ein Gebäude eingedrungen, in dem gerade ein Ferientanzkurs für Kinder zur Musik von US-Popstar Taylor Swift stattfand.
Er griff die Kinder mit einem Messer an, zwei Mädchen im Alter von sechs und sieben Jahren starben sofort, eine Neunjährige erlag am Dienstag ihren Verletzungen. Acht weitere Kinder wurden verletzt, ebenso zwei Erwachsene, welche die Kinder schützen wollten.
Der Angriff versetzte Großbritannien in Schock. Im Internet kursierten zudem schnell Spekulationen und Falschinformationen über den Hintergrund des Verdächtigen - bei dem es sich um einen in Großbritannien geborenen 17-Jährigen handelt, dessen Familie der BBC zufolge aus Ruanda stammt.
Infolge der Tat randalierten am Dienstagabend zunächst in Southport rund hundert Rechtsextreme, sie griffen unter anderem eine Moschee an. Später kam es auch in den nordenglischen Städten Hartlepool und Manchester zu Gewaltausbrüchen. In der Londoner Downing Street wurden nach teils gewaltsamen Protesten vor dem Amtssitz von Premierminister Starmer 111 Menschen festgenommen. Hunderte Moscheen in Großbritannien verschärften ihre Sicherheitsmaßnahmen.
Mehrere Minister der britischen Regierung traf sich am Samstag zu Gesprächen über die Ausschreitungen. Premier Starmer, der die Gewalt bei den Protesten bereits in den vergangenen Tagen scharf kritisiert hatte, sagte, es gebe "keine Rechtfertigung für Gewalt". Die Regierung unterstütze die Polizei dabei, alle nötigen Vorkehrungen zu treffen, um "unsere Straßen sicher zu halten", hieß es zudem in einer Erklärung.
Bereits zuvor hatte Starmer Maßnahmen gegen die Gewaltausbrüche bekanntgegeben - darunter den Austausch geheimdienstlicher Informationen, einen verstärkten Einsatz von Technologie zur Gesichtserkennung, und Maßnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit bekannter Gewalttäter.