Altlasten: Lemke: Probe-Bergung von Munition aus Meer beginnt
Die Weltkriege haben auch in der Nord- und Ostsee ihre Spuren hinterlassen: Dort liegen immer noch mehr als 1,6 Millionen Tonnen Alt-Munition auf dem Meeresgrund. Erste Bergungen sollen bald beginnen.
Die ersten Probe-Bergungen von Alt-Munition aus der Ostsee sollen Mitte September beginnen. Das kündigte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bei einem Termin mit Unternehmen aus der Entsorgungsbranche in Berlin an. Demnach sollen die ersten Munitionsaltlasten in den kommenden Wochen aus der Lübecker Bucht geborgen werden. Die Leitung der Pilotphase übernimmt den Angaben zufolge die Firma Seascape.
Mehr als 1,6 Millionen Tonnen Munition im Meer
Laut Lemke befinden sich aus den beiden Weltkriegen noch mehr als 1,6 Millionen Tonnen an Alt-Munition auf dem Meeresgrund der deutschen Nord- und Ostsee. Sie sollen ab 2026 dann dauerhaft geborgen werden. Die Auftragsvergabe für die Entwicklung und den Bau der künftigen Entsorgungsplattform hat am Mittwoch begonnen. Die Umweltministerin betonte, dass mit einer solchen Plattform erstmals weltweit Munitionsaltlasten "in industriellem Maßstab" auf See geborgen und vernichtet werden sollen. Dafür stelle der Bund Mittel in Höhe von 100 Millionen Euro bereit.
Die Probe-Bergungen sollen den Angaben zufolge helfen, Erkenntnisse über den Zustand geborgener Kampfmittel zu sammeln. Erste Vorarbeiten habe es bereits im Juli dieses Jahres gegeben. Die Erfahrungen aus den anstehenden Bergungen sollen in die Entwicklung der geplanten Entsorgungsanlage einfließen.
Risiken auch für die menschliche Gesundheit
Die Bundesregierung hatte sich auch in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, ein Sofortprogramm aufzulegen, um die Bergung von Munition und Kampfstoffen aus Nord- und Ostsee in Angriff zu nehmen. Dies werde nun umgesetzt, betonte Lemke - die auch die Bedeutung für die menschliche Gesundheit hervorhob.
Wissenschaftler hätten im Jahr 2019 darauf hingewiesen, dass aus den verrostenden Kampfmitteln der Sprengstoff TNT und seine Abbauprodukte austreten würden, sagte Lemke. "Dass von der Munition Gefahren für Fischer, für die Seeschifffahrt und auch für den Tourismus ausgehen, war schon länger bekannt. Das Risiko für die Meeresumwelt und für die menschliche Gesundheit stellt jedoch eine neue Dimension dar", betonte die Ministerin.
Munitionsaltlasten seien "eine große Belastung". Je länger sie am Meeresboden liegen, desto größer sei die Gefahr für Tiere und Pflanzen, erklärte sie. Der schleswig-holsteinische Umweltminister Tobias Goldschmidt hatte zuletzt im März auf die Dringlichkeit der Bergung hingewiesen. Allein in der Kolberger Heide in der Ostsee bei Kiel korrodierten seinen Angaben zufolge 18 000 Großsprengkörper.
Die Pilot-Bergungen sollen sich nach Angaben von Lemkes Ministerium zunächst auf die Standorte Haffkrug und Pelzerhaken Nord in der Ostsee konzentrieren. Mitte Oktober will die beauftragte Firma dann probeweise Munition in Pelzerhaken West entnehmen. Ein weiterer Bergeauftrag in Großklützhöved im Küstenmeer von Mecklenburg-Vorpommern muss laut Lemke noch vergeben werden. Das Ministerium rechne mit einer Auftragsvergabe im kommenden Jahr, heißt es.