Asyl- und Sicherheitspaket: Ampel-Fraktionen prüfen Vorschläge unter Hochdruck
Am Dienstag soll es neue Gespräche mit Union und Ländern über die Sicherheits- und Asylpolitik geben. Die Bundesregierung legte am Wochenende einen Vorschlag für einen Gesetzentwurf vor, um die Konsequenzen aus dem Messeranschlag von Solingen zu ziehen. Er wurde am Wochenende unter Hochdruck von den Ampel-Fraktionen geprüft - denn CDU-Chef Friedrich Merz will schon vor Dienstag eine Entscheidung über mehr Zurückweisungen Geflüchteter an der Grenze.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Sonntag, die von Merz geforderten Zurückweisungen an der Grenze gebe es schon. Er zeigte sich aber offen, für Nachschärfungen: "Ein effektives Grenzmanagement ist etwas, was wir gerne weiter - und auch mit Unterstützung der Opposition - ausbauen wollen". Das Bundesinnenministerium hatte am Freitag mitgeteilt, seit Oktober 2023 seien an den deutschen Grenzen mehr als 30.000 Menschen zurückgewiesen worden.
Die Regierung hatte wenige Tage nach dem Messeranschlag von Solingen mit drei Toten von Ende August ein "Sicherheitspaket" mit weiteren Maßnahmen angekündigt. Dies umfasst unter anderem eine Ausweitung von Messerverboten, Leistungsstreichungen für bestimmte ausreisepflichtige Flüchtlinge und zusätzliche Ermittlungsbefugnisse für die Sicherheitsbehörden.
Für die gesetzliche Umsetzung stellte die Regierung den Ampel-Fraktionen nun eine sogenannte Formulierungshilfe zur Verfügung. Diese werde "unter Hochdruck", aber auch "gewissenhaft" geprüft, sagte der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz der Nachrichtenagentur AFP. Angesichts des Risikos weiterer islamistischer Anschläge seien "Bundesregierung, aber auch das Parlament, in der Pflicht, schnell zu handeln".
Im Asylbereich hatte die Gewalttat von Solingen die Probleme bei den europäischen Dublin-Verfahren in den Fokus gerückt. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, hätte eigentlich schon im vergangenen Jahr nach Bulgarien überstellt werden sollen, wo er zuerst europäischen Boden betreten hatte. Er wurde aber von den Behörden nicht in seiner Unterkunft angetroffen, die danach offenbar keinen neuen Versuch unternahmen.
Die Bundesregierung hatte deshalb angekündigt, ausreisepflichtigen Geflüchteten im Dublin-Verfahren die Sozialleistungen auf Null zu kürzen. Damit soll laut Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) Druck auf die Betroffenen ausgeübt werden, sich selbst mit den Behörden in Verbindung zu setzen oder freiwillig auszureisen.
Die Hilfsorganisation Pro Asyl kritisierte diese Maßnahme als "Versuch einer perfiden Abschreckungspolitik, die einem sozialdemokratischen Kanzler unwürdig ist". Eine solche "Verletzung der Menschenwürde wäre der bisherige Tiefpunkt der Ampel-Regierung, die sich von der CDU unnötig treiben lässt".
Dass er sich von CDU-Chef Merz treiben lasse, wies Scholz zurück. Er habe schon seit dem vergangenen Jahr "die größte Wende im Umgang mit Migration zustande gebracht in der Geschichte der letzten zehn, 20 Jahre", sagte er im ZDF. Der Kanzler nannte dabei Leistungskürzungen für Asylbewerber, stationäre Grenzkontrollen und die Ausweitung des Abschiebegewahrsams.
Die Bundesregierung hatte vergangene Woche auch Gespräche mit der Union und den Ländern über die Migrationsfrage aufgenommen. Die Union wird laut CDU-Chef Merz aber nicht an einem weiteren Treffen am Dienstag teilnehmen, wenn die Regierung davor nicht auf seine Forderungen insbesondere bei den Zurückweisungen eingeht.
Scholz reagierte darauf am Sonntag gelassen: "Ich glaube, dass niemand Ultimaten stellt und es sich höchstens so anhört", sagte er. Es werde "gute Vorschläge" der Regierung geben. Sie würden sich aber "im Rahmen der europäischen Gesetze, der internationalen Verträge und unseres Grundgesetzes bewegen".
Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht verlangte ihrerseits "eine 180-Grad-Asylwende". Die bisherigen Vorschläge der Ampel-Koalition reichten "nicht ansatzweise" aus, sagte sie. Es dürfe in Deutschland keine Asylverfahren für Menschen mehr geben, die aus sicheren Drittstaaten einreisten. Sie wie auch abgelehnte Asylbewerber sollten zudem keine Leistungen mehr bekommen.