Gewalt im Klassenraum: Beschimpft, gemobbt, bedroht: Was Lehrer an Schulen erleben
Lehrer werden immer häufiger Opfer von Gewalt, zeigt eine Befragung des Verbands Erziehung und Bildung. Ein alarmierender Bericht darüber, was sich an Schulen abspielt.
Die Gewalt an Schulen bleibt nach Einschätzungen von Schulleiterinnen und Schulleitern ein wachsendes Problem. Das geht aus einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) hervor, die in Stuttgart vorgestellt wurde. Unter den Begriff Gewalt fielen bei der Befragung körperliche und psychische Gewalt beziehungsweise Formen des Mobbings.
"Mit unseren Umfragen zu Gewalt gegen Lehrkräfte konnten wir die Behauptung, Gewalt gegen Lehrkräfte sei ein Randphänomen und trete nur in Einzelfällen auf, wissenschaftlich valide entkräften", erklärte der VBE-Bundesvorsitzende Gerhard Brand. Dass Lehrer in diesem Ausmaß Opfer von Gewalt würden, sei "unerträglich".Seiteneinsteiger Lehrer Selbstversuch 09.11
Demnach gaben 60 Prozent der Befragten an, dass körperliche und psychische Gewalt an ihrer Schule in den vergangenen fünf Jahren eher zugenommen habe. Einen Rückgang der Gewalt nahmen nur vier Prozent der Befragten wahr. Besonders häufig äußerten Schulleitungen unter 40 Jahren und Schulleitungen von Haupt-, Real- und Gesamtschulen eine Zunahme der Gewalt. Körperliche Angriffe treten an 66 Prozent der Förder- und Sonderschulen auf – fast doppelt so oft wie im Durchschnitt.
Schüler und Eltern bedrängen Lehrkräfte fast gleichermaßen
Viele Schulleitungen berichteten in der Umfrage von Fällen, bei denen Lehrkräfte beschimpft, bedroht, beleidigt, gemobbt oder belästigt wurden. Knapp zwei Drittel aller Befragten (65 Prozent) kann sich an einen entsprechenden Fall in den vergangenen fünf Jahren erinnern. An mehr als jeder dritten Schule wurden Lehrkräfte über das Internet bedroht (36 Prozent) oder auch körperlich angegriffen (35 Prozent). Das sind ähnliche Werte wie bei einer Befragung im Jahr 2022.
Psychische Gewalt von Angesicht zu Angesicht übten der Erhebung zufolge vor allem Eltern aus, im Internet waren demnach am häufigsten Schülerinnen und Schüler die Täter. Körperliche Gewalt ging fast ausschließlich von Schülerinnen und Schülern aus.STERN PAID 13_24 Gewalt an Schulen 12:21
Der Umgang mit Gewalt habe sich in den letzten Jahrzehnten aber verändert. "Was früher noch als Kavaliersdelikt verharmlost wurde, wird mittlerweile klar als Gewalt benannt", sagte der VBE-Bundesvorsitzende. Vor allem junge Schulleitungen seien mit diesem Bewusstsein aufgewachsen und gingen sensibler mit dem Thema Gewalt um, so Brand.
Verband fordert mehr Unterstützung gegen Gewalt an Schulen
Der VBE kritisierte fehlende Unterstützung nach Gewaltvorfällen. Verglichen mit den Ergebnissen aus dem Jahr 2020 habe sich nichts getan, um Lehrkräfte besser zu schützen. Rund die Hälfte der Schulleitungen sieht sich in der Lage, betroffene Lehrer ausreichend unterstützen zu können. Meist scheitert das jedoch an uneinsichtigen Schülern, unkooperativen Eltern und mangelnder Unterstützung durch den Dienstherrn.
Brand forderte von der Politik, den Schutz von Lehrern ernst zu nehmen. Zudem forderte er Schulbehörden dazu auf, eine umfassende psychologische und juristische Unterstützung zu ermöglichen.Schulbarometer 08.25
Die bürokratischen Strukturen bei der Meldung von Gewalttaten seien zu aufwändig. Fast ein Fünftel der befragten Schulleitungen gab an, dass die Meldung von Gewaltvorfällen seitens der Schulbehörde nicht gewünscht sei.
Für die seit 2016 regelmäßig stattfindende Erhebung wurden im September und Oktober 1311 Schulleitungen befragt.