Ermittlungen gegen russischen Kapitän nach Schiffskollision vor britischer Küste
Nach der Schiffskollision vor der britischen Nordseeküste wird gegen den russischen Kapitän des Frachters "Solong" weiter wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Der am Vortag festgenommene 59-Jährige sei weiterhin in Gewahrsam, erklärte die Polizei im britischen Humberside am Mittwoch. Britischen Medienberichten zufolge waren bei einer Routinekontrolle des Frachters im vergangenen Jahr Mängel am Notfall-Steuerkompass festgestellt worden.
Das Frachtschiff "Solong" hatte am Montag aus bisher unbekannten Gründen den vom US-Militär gecharterten Tanker "Stena Immaculate" gerammt, der rund 20 Kilometer vor der britischen Küste ankerte. Ein Besatzungsmitglied der "Solong" wird seit der Kollision vermisst und ist mutmaßlich tot. An Bord beider Schiffe brachen nach dem Unglück Brände aus, die bis Mittwoch nicht vollständig gelöscht werden konnten.
Bei dem festgenommenen Kapitän der "Solong" handele es sich um einen Russen, erklärte die Hamburger Reederei Ernst Russ am Mittwoch. Die übrigen Besatzungsmitglieder stammen demnach ebenfalls aus Russland sowie von den Philippinen.
Wie der "Daily Telegraph" berichtete, waren an Bord des Frachters bei einer Routinekontrolle im Juli insgesamt zehn Mängel festgestellt worden, darunter ein Fehler beim für die Navigation wichtigen Notfall-Steuerkompass.
Laut dem Betreiber der "Stena Immaculate", der US-Reederei Crowley, wurde mindestens ein Tank-Abteil des mit insgesamt 220.000 Barrel Kerosin beladenen Tankers bei der Kollision "aufgerissen". Luftaufnahmen zeigten ein klaffendes Loch in der Mitte des 140 Meter langen Tankers.
Nach einer unmittelbaren Verschmutzung am Tag des Unglücks gebe es dennoch "keine weiteren Berichte über Verschmutzungen des Meeres", sagte Virginia McVea von der britischen Küstenschutzbehörde am Mittwoch. Eine Umweltkatastrophe im Mündungsgebiet des Humber sei "möglicherweise knapp vermieden worden", erklärte die Umweltschutzorganisation Greenpeace.
Am Mittwochmorgen wurden "keine sichtbaren Flammen an Bord" des Tankschiffs mehr gesichtet, wie die Küstenwache erklärte. Auch auf dem Frachter "Solong" sei der Brand "weitgehend zurückgedrängt" worden.
Eine derartige Kollision zwischen einem ankernden und einem fahrenden Schiff sei "sehr selten", sagte der Schifffahrtsexperte Abdul Khalique von der Liverpooler John Moores University. Noch sei vollkommen unklar, warum die Besatzung der "Solong" "nicht in der Lage war, aktiv zu werden, um die Kollision zu vermeiden". Der Frachter habe "zahlreiche Gelegenheiten" verpasst, seinen Kurs vor dem Zusammenprall noch zu ändern.
Durch die Wucht der Kollision war das Tankschiff laut der Website Vesselfinder um mehr als 400 Meter verschoben worden.