Auch wenn am Ende ein souveränes 2:0 stand: Fünf Minuten kurz nach der Pause entschieden wohl über ein spektakuläres Spiel. Eine der vielen Fußballweisheiten besagt ja, dass ein Fußballspiel 90 Minuten dauert. Dass dem nicht immer so ist, durften zu Beginn der Rückrunde insbesondere die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Bundesliga erfahren. Die Proteste gegen einen Investorendeal stellten wochenlang die Geduld des Publikums auf die Probe, führten Tennisbälle, ferngesteuerte Autos oder grenzüberschreitende Plakate doch zu langwierigen Spielpausen. Auch am Samstagabend musste die Partie zwischen Deutschland und Dänemark (2:0) für 20 Minuten unterbrochen werden. Der Dortmunder Wolkenbruch sorgte 35 Minuten nach Spielbeginn für eine kuriose wie ungewohnte Pause, die einigen dänischen Fans aber nicht die gute Laune verderben sollte . Die Unterbrechung ob des Dortmunder Wetters sollte aber nur ein Highlight gewesen sein an einem Abend, dessen Ablauf die Fanlager beider Nationen nervlich an ihre Grenzen gebracht hatte. Die wohl wesentlichen Szenen spielten sich kurz nach Wiederanpfiff in der zweiten Halbzeit ab. Konkret waren es fünf Minuten zwischen der 48. und 53. Minute, die am Ende entschieden. Über Himmel und Hölle, über Freude und Tristesse, über Ausscheiden und Weiterkommen. Dänemarks vermeintliche Führung durch Joachim Andersen in der 48. Minute hatte nur kurz Bestand, der Verteidiger hatte, das belegten die Bilder kurze Zeit später, Zentimeter im Abseits gestanden. Gut eine Minute, nachdem der Video-Schiedsrichter das dänische Tor annulliert hatte, stand Andersen abermals im Fokus, dieses Mal auf der anderen Seite. Erneut checkte der VAR und Schiedsrichter Michael Oliver entschied: Handspiel Andersen, Elfmeter für Deutschland, 1:0 durch Havertz. Zwei Szenen, die über Leid auf der einen und Freud auf der anderen Seite entschieden. Und Belege dafür, wie grausam und schön Fußball manchmal sein kann. "Es war ein Zentimeter, das ist lächerlich", beschwerte sich der aus der Bundesliga (Mainz 05) bekannte dänische Chefcoach Kasper Hjulmand nach Abpfiff auf der Pressekonferenz. Bundestrainer Nagelsmann konnte den Frust seines Gegenübers verstehen, der sich neben dem nicht gegebenen Tor seiner Mannschaft zudem über den Elfmeterpfiff für Deutschland echauffierte. Auch für Nagelsmann waren die Szenen, die sich zwischen der 48. und 53. Minute abspielten keine angenehmen. "Das sind Momente, die nicht super angenehm sind, weil man nicht weiß, was rauskommt. Es ist aber ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass da einige Tausend auf der Tribüne sind, die einen unterstützen", lobte der 36-Jährige das Dortmunder Publikum, das mal wieder eine magische, regnerische Nacht erleben durfte. Eine kleine Wende beim Trainer, hatte der das Publikum in Frankfurt noch deutlich kritisiert. "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin", schallte es noch weit nach Abpfiff durch die Dortmunder Arena. Und auch, dass man nun zum ersten Mal seit 2016 wieder in das Viertelfinale eines großen Turniers einziehen konnte, sorgte zwischen den stinkenden Pissoirs für Hochgefühle bei den in Pink und Weiß gekleideten Deutschland-Fans. Teamgeist bleibt ein großer Faktor Dass die EM nun schon jetzt nicht mehr als großer Misserfolg bezeichnet werden kann, hängt auch mit dem Teamgeist der Nationalmannschaft zusammen. Vor dem Elfmeter zum 1:0 hatte Ersatzmann Niclas Füllkrug alle sich warm machenden Ersatzspieler zusammengerufen. Eine spontan entstandene Aktion, wie der Angreifer nach Abpfiff verriet. "Ich habe die Jungs zusammengeholt, um den Teamgedanken zu stärken und daran zu glauben, dass der Ball am Ende sitzt. Das ist wichtig", unterstrich der 31-Jährige in der Mixed Zone den Zusammenhalt der Mannschaft. Es könnte ein entscheidender Kniff auf dem Weg zum Titel sein. Trainer Nagelsmann hob nochmals hervor, wie wichtig es sei, dass jeder der Spieler, die nicht allzu viel Spielzeit bekommen, seine Rolle annehme: "Das ist ein Schlüssel. Stimmung, Zusammenhalt, die Akzeptanz gewisser Spieler, ist unfassbar wichtig. Wir haben viele Charaktere, die nicht so viele Minuten sammeln, die den Laden gut zusammenhalten. Das hat etwas mit Selbstlosigkeit zu tun, sich nicht wichtiger zu nehmen als die gesamte Gruppe", lobte der Bundestrainer seine Ersatzleute. Am Freitag geht es nun gegen Top-Favorit Spanien oder Sensations-Achtelfinalist Georgien. Ob er denn eine Präferenz habe, wollte ein spanischer Kollege vom Bundestrainer wissen. Nagelsmann zögerte kurz, ehe er Diplomatie walten ließ. "Ich kann nichts beeinflussen in diesem Spiel. Wir werden es schauen, den nächsten Gegner analysieren und fokussiert sein, den kommenden Gegner zu schlagen", gab der Cheftrainer eine nüchterne Antwort. Eine Antwort, die im kompletten Gegensatz stand zum Spektakel, das das Publikum zuvor auf dem Platz begutachten durfte. Eines, dass sie wohl lange nicht vergessen werden.