Die letzte Olympia-Woche ist angebrochen. Die Stimmung in Paris sucht ihresgleichen – und hat den einen oder anderen schon überwältigt. Aus Paris berichtet Melanie Muschong Paris ist aktuell die Stimmungshochburg Europas. Seit Ende Juli finden in Frankreichs Hauptstadt die Olympischen Spiele statt. Wie gut die Atmosphäre ist, konnte man zuletzt beim Volleyball beobachten. Beim Viertelfinale der deutschen Mannschaft gegen Frankreich war die Stimmung in der Halle nicht nur aufgrund des DJs ohrenbetäubend laut, sondern vor allem wegen der Anhänger der Gastgeber. Das französische Team wurde von ihnen lautstark angefeuert. Schon die Nationalhymne sangen die Fans begeistert mit. Zudem schallte immer wieder der Schlachtgesang "Allez les Bleus" durch die Arena Süd in Paris. Überall wehten französische Flaggen, die auch schon in den vollen Bahnen auf dem Weg zur Arena bei vielen Menschen zu sehen waren. Ein Fan, die Französin Roxanne, betonte, dass sie die vielen Menschen in der Bahn nicht stören würden. Das sei "normal". Vor dem Spiel sei sie "sehr aufgeregt" gewesen. Zurecht, wie sich später herausstellte. Frankreich siegte in einem Krimi gegen Deutschland mit 3:2 – und die Fans feierten. Nach Rio de Janeiro (Brasilien) und Tokio (Japan) sind die Olympischen Spiele wieder in Europa. Im Zentrum des Kontinents messen sich aktuell Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt. Doch nehmen die Athleten das weltweit größte Sportereignis vor Ort überhaupt wahr? Und was denken die Einheimischen über die Olympischen Spiele in ihrer Stadt? t-online hat nachgefragt. Olympia in Paris: "Wir sind sehr stolz darauf" Freude über die Olympischen Spiele in der französischen Hauptstadt empfindet auf jeden Fall die 25-jährige Linda. "Ich lebe, seit ich klein war, in Paris", sagte sie im Gespräch mit t-online. "Wir sind sehr stolz darauf, die Olympischen Spiele in unserer Stadt begrüßen zu dürfen. All diese Menschen und all dieses Glück in meiner Stadt zu sehen, macht mich ebenfalls glücklich." Einzig, dass das Bahnticket teurer geworden ist, sei ihr aufgefallen. Der Verkehrsverband Île-de-France Mobilités (IDFM) hat die Metro-Tickets für den Zeitraum vom 20. Juli bis zum 8. September fast verdoppelt. Abgesehen davon nehme Linda aber keine Preiserhöhungen in Paris, zum Beispiel in den Restaurants, wahr. Eine gesellschaftsrelevante Sicht auf Olympia in Paris hat die 58-jährige Nelly. "Ich finde, es ist eine schöne Art, zusammenzuleben", erzählte sie t-online. "Denn in Frankreich sind wir in einer sehr wichtigen Zeit, um das Leben zu verändern. Es gibt einen politischen Wandel. Der Sport ist eine universelle Lebensweise, um einander zu respektieren", betont Nelly. Die Französin verweist mit ihren Aussagen unter anderem auch auf die Neuwahlen, die Frankreichs Präsident Emmanuel Macron aufgrund des schlechten Ergebnisses bei der EU-Wahl angesetzt hat. Nach den Spielen soll eine neue Regierung ernannt werden. "Zu viele Menschen" in Paris In der Stadt ist von dem Trubel rund um die französische Politik derweil wenig zu spüren. Die Pariserinnen und Pariser scheinen begeistert zu sein, dass ihre Heimat die Spiele ausrichten darf. Generell kleidet man sich in Paris schick. Doch in diesen Tagen fallen besonders die vielen Menschen auf, die T-Shirts mit "Paris 2024"-Aufdruck oder Socken mit dem Branding der Spiele tragen. Überall ist das Olympia-Logo zu sehen. Auffällig: In den Pariser Bahnen fahren fast überall Polizisten mit. Auch vor den Sportstätten sind die Gesetzeshüter präsent. Sie kommen nicht nur aus Frankreich. Auch Polizisten aus anderen Ländern sind in Paris, um auszuhelfen. An vielen Ecken stehen zudem freiwillige Helfer, die durch ihre Uniform erkennbar sind und sowohl Touristen als auch Fans und Journalisten den Weg weisen. Von über 15 Millionen Zuschauern, die zu den Spielen erwartet werden, war bereits die Rede. Dass so viele Fans nach Paris strömen, freut den 18-jährigen Quentin. Er sei "sehr glücklich, hier so viele unterschiedliche Menschen zu sehen", sagte er t-online, ergänzt aber auch, dass sich nicht alle über Olympia freuen. "Ich habe viele Freunde, die in Paris leben und sagen, dass es zu viele Menschen sind." Für ihn ist Olympia aber von großer Bedeutung: "Seit ich klein war, hieß es, dass wir 2024 die Olympischen Spiele hier haben werden. Ich habe lange auf diesen Moment gewartet." Unterstützung der Fans: "Es ist unfassbar" Quentin ist damit nicht allein. Auch die französischen Athleten haben auf dieses Event vor eigenem Publikum hingearbeitet. Die meisten Stadien sind komplett voll. Das Stade France ist auch zu den Wettbewerben am Vormittag fast ausverkauft. Der französische Speerwerfer Teura'itera'i Tupaia erklärte auf t-online-Nachfrage: "Es hat mich sehr gefreut, all diese Unterstützung zu spüren. Ich habe noch nie ein solches Publikum für mich erlebt. Ich war im Himmel, das zu sehen. Es war so wunderbar, all diese Unterstützung hinter mir zu sehen, aber unglücklicherweise konnte ich nicht so gut auftreten, wie ich wollte." Tupaia konnte keinen gültigen Versuch zeigen. Besser lief es wie zu Beginn für die bereits erwähnten französischen Volleyballer gegen Deutschland. Sie stehen im Halbfinale. Kein Wunder, bei der Unterstützung, die das Team erhielt. Vor Ort war es so laut, dass die Pressetribüne wackelte und sogar die Apple-Watch eine "laute Umgebung" anzeigte. Frankreichs Nationalspieler Barthélémy Chinenyeze erklärt zur Stimmung mit den eigenen Fans: "Ich denke, es ist unfassbar. Das Gebäude ist voll und es hilft uns sehr, dass wir all diese Unterstützer haben." Das Team spiele auch für die Fans. Dem pflichtete auch sein Teamkollege Kévin Tillie bei: "Es ist ein unfassbares Gefühl. Denn auch wenn wir zurückliegen oder verlieren, singen sie und treiben uns an, weiterzuspielen und nie aufzugeben. Es ist toll, die Olympischen Spiele in Frankreich zu spielen." Was es ihm bedeutet, dass das Großereignis in Paris stattfindet? "Genau das. Es ist die Unterstützung aller Fans, der ganzen Stadt, des ganzen Landes, die hinter uns stehen und uns zum Sieg pushen." "Habe direkt eine Gänsehaut bekommen" Was für den französischen Athleten einen zusätzlichen Ansporn darstellte, war für das deutsche Sprint-Ass Gina Lückenkemper zu Beginn wiederum überwältigend . Sie sagte über die Fans im Stade de France: "Es war der totale Wahnsinn hier jetzt. Damit habe ich in keiner Weise gerechnet. Ich meine, ich habe noch nie so eine extreme Atmosphäre in einem Leichtathletik-Stadion erlebt." Daher sei es ihr das erste Mal schwergefallen, den "Fokus zu behalten, wenn halt die Ränge so extrem toben und es überhaupt nicht ruhig wird, obwohl die Athleten schon auf der Bahn vorgestellt werden". Für ihren Halbfinallauf über 100 Meter setzte sie sich jedoch mit einer Sportpsychologin zusammen und konnte dann ganz anders in ihren Lauf starten. Auch der deutsche Hürdenläufer Emil Agyekum sagte nach seinem Rennen: "Wenn man reinkommt, sieht man halt, das komplette Stadion ist voll. Aber im Lauf muss man sich auf sich selbst konzentrieren. Wenn man da zu viel darauf achtet, was die Leute dann schreien, das lenkt dann nur ab." Anders als Agyekum sieht es Weitsprung-Olympiasiegern Malaika Mihambo: "Es waren 70.000 oder mehr, die da Stimmung gemacht haben. Es war schon so bei mir, dass ich reingelaufen bin und direkt eine Gänsehaut bekommen habe, weil man auch gemerkt hat, dass so viele Deutsche im Publikum sind." Viele hätten sie bereits angefeuert, einfach, weil sie ins Stadion gelaufen sei. "Es war einfach schön, diese Unterstützung zu spüren", so Mihambo. Es ist also eine einzigartige Unterstützung, die die Sportlerinnen und Sportler in Paris erfahren – und von der nicht nur die französischen Teilnehmer profitieren. Eine ganze Stadt genießt die Olympischen Spiele. Ein Zustand, der wohl noch bis zur Schlussfeier am 11. August anhalten dürfte.