In der CDU ist man sich uneins darüber, ob eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht sinnvoll ist oder nicht. Für Merz könnte das noch zum Problem werden. Im Konrad-Adenauer-Haus dürften sie an diesem Mittwochmorgen mal wieder die Augen verdreht haben: Können sich nicht einmal alle zusammenreißen? Es geht um die Frage, ob die CDU nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen offen für eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist – oder eben nicht. Eine Gruppe von CDU-Politikern findet: auf gar keinen Fall. Sie fordern in diesen Tagen öffentlich, von einer Koalition mit der Wagenknecht-Partei abzusehen. "Wie die AfD wendet sich auch das BSW autoritären Systemen zu. Mit solchen Gruppierungen darf es keine Zusammenarbeit geben", sagt etwa der nordrhein-westfälische Christdemokrat Frank Sarfeld dem "Tagesspiegel". Damit spricht er aus, was einige in der CDU hauptsächlich im Westen Deutschlands denken. Tatsächlich gibt es in der Partei schon länger Vorbehalte, eine Allianz mit dem BSW sehen viele kritisch. Gleichzeitig wissen die meisten, dass eine Koalition in den beiden ostdeutschen Bundesländern womöglich alternativlos ist. Also hält man sich zurück. Auch auf Bitten der Parteispitze. Nur halten sich daran eben nicht alle. Umgang mit dem BSW: die CDU zwischen Ost und West Für Merz und seine Partei ist der Umgang mit dem BSW ein Dilemma. Einerseits ist der Vorsitzende selbst unsicher, ob eine Zusammenarbeit mit der Wagenknecht-Partei für die CDU nicht noch gefährlich werden könnte. Noch im Juni hatte er deshalb eine Koalition mit dem BSW grundsätzlich ausgeschlossen. Erst auf Bitten der Spitzenkandidaten im Osten lenkte Merz ein und korrigierte: Das Nein zur Kooperation habe nur für den Bund gegolten, "in der Landespolitik werden andere Entscheidungen getroffen". In die Partei wurde anschließend hineinkommuniziert, dass man nun davon absehen wolle, sich bei dem Thema einzumischen. Übersetzt: Kluge Ratschläge aus dem Westen können sie in Sachsen und Thüringen kaum gebrauchen. Zumal das Ergebnis der Landtagswahlen zeigt: Es gibt ohnehin keine anderen Optionen. In beiden Bundesländern ist eine Koalition, abgesehen von einer Minderheitsregierung, ohne das BSW nicht möglich. Denn für AfD und Linke gelten sogenannte Unvereinbarkeitsbeschlüsse, eine Zusammenarbeit darf es also nicht geben. Und die Ampelparteien haben entweder zu schwach abgeschnitten oder sind komplett aus dem Landtag geflogen. Nun macht Merz zwar nach wie vor keinen Hehl daraus, dass er einer Koalition mit dem BSW skeptisch gegenübersteht. Etwa spricht er am Montag während einer Pressekonferenz von "einer Art Blackbox". Das heißt: Man weiß nicht so recht, was auf einen zukommt. Allerdings betont der CDU-Vorsitzende auch, dass er am Ende auf seine Länderchefs Michael Kretschmer und Mario Voigt vertraue. Nur, nimmt der Rest seiner Partei das auf Dauer auch so hin? Und was bedeutet eine Zusammenarbeit mit dem BSW langfristig für die Partei? Radtke: "Die CDU steuert auf einen Abgrund zu" Eigentlich hatte Merz versucht, die Sache zweizuteilen: Was im Bund weiter tabu bleibt, soll auf Landesebene möglich sein. Zumindest was das BSW angeht. Nicht ideal, so fand man in der Parteispitze, aber pragmatisch. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass es keinen Unvereinbarkeitsbeschluss mit dem BSW geben darf. Problem: Teile der Partei halten genau das für falsch. Der Europaabgeordnete Dennis Radtke etwa sagte dem "Tagesspiegel" am Mittwochmorgen: "Jeder politische Akteur weiß, wofür das BSW inhaltlich steht – nämlich gegen elementare christdemokratische Grundüberzeugungen wie die Westbindung, die liberale Demokratie und die europäische Einigung." Und: "Die CDU steuert auf einen Abgrund zu, wenn wir uns vor den Karren von Sahra Wagenknecht spannen lassen." Ähnlich äußerte sich der Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter. Er kritisierte: "Das BSW will die demokratische Mitte inklusive der Union als Volkspartei aushöhlen und unsere Grundwerte unterminieren, weshalb eine Zusammenarbeit ausgeschlossen sein sollte." Das BSW agiere "als verlängerter Arm des Kreml". Die Aufnahme in einen Unvereinbarkeitsbeschluss sei deshalb für ihn absehbar. Beide CDU-Politiker sollen einer Gruppe von rund 40 Mitgliedern angehören, die auf dem kommenden Parteitag im nächsten Jahr einen Antrag auf Unvereinbarkeit stellen wollen. Debatte bis zum Parteitag womöglich vorbei: wozu also das Ganze? Ob die Debatte um eine Kooperation mit der Wagenknecht-Partei bis zum CDU-Parteitag Mitte Juni 2025 anhält, wird sich zeigen. Denn klar ist fürs Erste: Die Kritik wird die verantwortlichen Akteure nicht davon abhalten, Gespräche zu führen, im Gegenteil. In Thüringen hat Voigt die SPD und das BSW bereits eingeladen. Auch in Sachsen dürfte es noch dazu kommen. Gelingt es tatsächlich, mit der Partei eine Koalition zu bilden, wird sich den kommenden Monaten noch herausstellen, inwieweit die Zusammenarbeit funktioniert oder nicht. Und ob sie tatsächlich zur Gefahr für die CDU wird. Aus der Parteispitze heraus versucht man jetzt erst einmal, auf die Kritiker einzuwirken, sie zum Abwarten zu bewegen. Wie t-online erfuhr, sollen Michael Kretschmer und Mario Voigt in der nächsten Woche sogar in die Fraktionssitzung der CDU/CSU kommen, um mit den Abgeordneten zu sprechen. Klappt es am Ende mit der Zusammenarbeit, ist fraglich, ob die Kritiker im nächsten Jahr überhaupt noch einen Anlass haben, einen Unvereinbarkeitsbeschluss zu fordern. Ist jedoch das Gegenteil der Fall, dürfte die Debatte nicht nur erneut aufflammen, sie dürfte sich auch deutlich ausbreiten. Für die CDU könnte das im Jahr der Bundestagswahl durchaus Gefahren bergen. Allen voran für Merz. Am Ende ist es, wie der CDU-Chef schon sagt: "eine Art Blackbox".