Die Lokführergewerkschaft GDL verliert ihr prominentestes Gesicht: Claus Weselsky geht in Rente. Doch wer wird dem streitbaren Charakter nun die Stirn bieten? Er müsse jetzt aufpassen, dass er nicht wie die Hauptfigur in Loriots "Pappa ante Portas" seine Arbeitsgewohnheiten ins Private übertrage, sagte Claus Weselsky vor ein paar Tagen in einem Interview mit dem "Spiegel". Jetzt ist der Tag gekommen: Seit dem 4. September ist der Ex-GDL-Chef im Ruhestand – und bisher ist noch keine Geschichte überliefert, in der es um einen Mann mit Schnauzbart und dessen kuriosen Einkauf in einem Lebensmittelladen geht. In "Pappa ante Portas" überträgt Heinrich Lohse, einst Einkaufschef einer Röhrenfabrik, als Rentner sein Organisationstalent auf den Haushalt, die Familie und eben auch den Einkauf im Lebensmittelladen – mit verheerenden Folgen. "Mein Name ist Weselsky, ich kaufe hier ein", müsste es in Anlehnung an Loriots Hauptfigur Lohse also heißen. Doch ein solches Szenario findet der 65-Jährige, in zweiter Ehe verheiratet, abwegig. Ein Lohse-Leben im Ruhestand – das werde ihm nicht passieren. "Mich kennt fast jeder. In den wenigen Stunden, in denen meine Frau und ich zusammen sind, zeige ich ein ganz normales Verhalten. Ich gehe einkaufen, koche und übernehme auch hauswirtschaftliche Aufgaben." Claus Weselsky, der Taucher Interessant ist das aus zweierlei Hinsicht. Denn seit der Scheidung von seiner ersten Ehefrau Ingrid, mit der er einen inzwischen erwachsenen Sohn hat, war nicht viel über das Privatleben des ehemaligen Lokführers an die Öffentlichkeit gedrungen. Jetzt ist klar: Weselsky wird im Ruhestand nicht vor lauter Einsamkeit die Talkshows der Republik stürmen und gegen habgierige Bahnvorstände wettern. Unklar ist eigentlich nur, ob er in seiner Wahlheimat Leipzig oder in seiner Zweitwohnung in Frankfurt am Main die meiste Zeit verbringen wird. Oder ob er erst einmal abtaucht – ganz im Stil seines Hobbys, dem Tauchen, für das er auch schon in ferne Urlaubsregionen geflogen ist. Das CDU-Mitglied – 2007 trat er in die Partei ein – kündigte in dem Interview an, ein paar Gänge zurückzuschalten. "Was ich die Jahre über gemacht habe, war Raubbau an der Gesundheit", so Weselsky und weiter: "Ich freu mich auf mehr Zeit, um mich fit zu halten – geistig wie körperlich. Sonst fängt das Leben mit 66 nicht an, sondern es macht klack – und auf einmal kannst du nichts mehr von dem genießen, was du dir geschaffen hast." Verdiente Weselsky fast 9.000 Euro im Monat? Zwischen 7.000 und 8.700 Euro soll er laut dem entsprechenden Beamtentarif zuletzt monatlich verdient haben. Seine Pension dürfte nun für eine weitgehend sorglose Zeit reichen. Doch eine große Umstellung wird es dennoch – wohl nicht nur für ihn. Claus Weselsky sagte im "Spiegel", dass sich seine Büroleiterin Petra Buchfeld während seiner Tätigkeit als GDL-Chef sehr um ihn gekümmert habe: "Dieses komplette Umsorgtsein wird mir schon fehlen. Aber ich bin weiterhin gut aufgehoben in meiner anderen Funktion als stellvertretender Bundesvorsitzender des Beamtenbundes. Und zu Hause umsorgt mich meine Frau." Es gebe eine "Arbeitsteilung, etwa bei der Vermietung unserer Ferienwohnung", so Weselsky. Er müsse aber aufpassen, dass er sich "nicht zu sehr einmische und Aufgaben nur im Einvernehmen übernehme". Also ein Projekt für den Ruhestand mit Streitpotenzial? Dass es dabei auch mal krachen kann, dürften viele Menschen in Deutschland Claus Weselsky zutrauen. Der Mann mit dem akkurat rasierten Oberlippenbart hat sich über die letzten Jahrzehnte den Ruf eines Hardliners, eines hartnäckigen Verhandlers erarbeitet. In Talkshows trat er teils ruppig auf, in Interviews verteidigte er seine Belange oft mit schroffem Ton. Und doch kann Weselsky auch für seine Verhältnisse fast versöhnlich wirken, wenn er in dem Interview sagt: "Ich wünsche mir, dass dieses Land wieder aufblüht und sein Wohlstand nicht bei einigen wenigen landet, sondern auf gerechte Weise verteilt wird." Weselsky von Ex-Frau als "Diktator" beschimpft Einer Person könne er allerdings nicht verzeihen: seiner Ex-Frau Ingrid. Sie kritisierte ihn in aller Öffentlichkeit, sagte 2014 in einem Interview mit der Hamburger "Mopo", Weselsky habe sich auch zu Hause "zum Diktator" entwickelt. Ihr Ex-Mann sei ungeeignet als Chef der Lokführergewerkschaft GDL , auch privat sei er "machtversessen". In dieser für Weselsky schwierigen Zeit erhielt er Drohungen und beantragte Polizeischutz. Vielleicht auch deshalb sagt er nun, zehn Jahre später, über seine Ex: "Verzeihen würde ja letztlich bedeuten, dass ich wieder mit ihr zusammen wäre. Dem ist aus guten Gründen nicht mehr so, wir haben uns vor vielen Jahren getrennt."