Eigentlich stand das Thema US-Wahlen im Fokus. Schnell ging es jedoch auch um deutsche Politik. Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel fand deutliche Worte. Zwei Tage vor dem Ende der Präsidentschaftswahlen in den USA hat Caren Miosga mit ihren Gästen diskutiert, welche Konsequenzen der Ausgang mit sich bringen könnte. Grund zur Sorge um Europa sah Ex-Außenminister Sigmar Gabriel jedoch unabhängig davon, wer das Kopf-an-Kopf-Rennen gewinnt. Das Problem werde aus seiner Sicht "am Tag nach der Wahl beginnen", erklärte er. Die Gäste Sigmar Gabriel (SPD), Bundesaußenminister a. D. Cathryn Clüver Ashbrook, deutsch-amerikanische Politologin Julius van de Laar, Wahlkampfexperte Jörg Wimalasena, Politischer Korrespondent "Die Welt" Egal ob Donald Trump oder Kamala Harris die Wahl gewinnen, sei damit zu rechnen, dass sich die beiden Lager "noch stärker ineinander verbeißen", prophezeite der Sozialdemokrat. Gewinne Trump, werde er einen Rachefeldzug gegen die Demokraten starten. Mache Harris das Rennen, werde Trump das wohl nicht akzeptieren, so Gabriels Prognose. Wenn sich die einzige Supermacht dann nur noch mit sich selbst beschäftigt und Außenpolitisches lediglich zum Reflex der Innenpolitik werde, habe Europa darunter am meisten zu leiden, führte der ehemalige Chef-Diplomat aus. "Wir sind auf dieses Amerika angewiesen – wir sind Provinz ohne die!", wurde Gabriel deutlich. Gabriel appelliert an Europapolitiker Im Falle eines Trump-Siegs müsse man sich außerdem Sorgen um Signale an Kreml-Chef Wladimir Putin machen, erklärte Gabriel mit Blick auf die Nato . "Der Trump wird nicht aus der Nato austreten, aber es reicht, wenn er die Nato in Zweifel zieht", so Gabriel. Auf Putin würde das wie eine Einladung wirken, weitere Länder zu überfallen – beispielsweise Moldau oder Georgien. "Ob wir darauf vorbereitet sind, wage ich zu bezweifeln", stellte der Ex-Außenminister klar und verwies darauf, dass derzeit in Europa Deutschland und Frankreich keinen gemeinsamen "Motor" bildeten. Sein Appell an die Politik: "Hausaufgaben machen!" Sorgen um Europa machte sich angesichts eines möglichen Trump-Sieges auch die deutsch-amerikanische Politologin Cathryn Clüver Ashbrook. Sollte es der Republikaner noch einmal ins Weiße Haus schaffen, bekomme Europa ein "immenses Problem", so die Expertin. Denn: Trumps Strategen und Taktiker arbeiteten daran, ihn als "mächtigen Mann" zu installieren. In Europa bringe das die Glaubwürdigkeit der Demokratien in Gefahr, der sowieso bereits eine "Achse des Autoritarismus" gegenüberstehe. "Ist Trump wie Höcke?" Im Zusammenhang mit Trump brachte Caren Miosga am Sonntagabend auch dessen rassistische Äußerungen im Wahlkampf zur Sprache. Sein ehemaliger Stabschef John Kelly habe den Präsidentschaftskandidaten deswegen jüngst als Faschisten bezeichnet, führte die Moderatorin aus. "Übertreibt der?", wollte sie von Gabriel wissen. Der SPD-Mann nutzte die Gelegenheit, für einen kritischen Blick ins eigene Land. Trump verwende die Sprache der Rechtsradikalen, erklärte Gabriel und fügte hinzu: "Wir brauchen ja gar nicht so weit gehen, Herr Höcke redet genauso!" Er frage sich deswegen schon lange, "warum den eigentlich keiner rausschmeißt", immerhin sei der Thüringer AfD-Vorsitzende, Björn Höcke , hessischer Landesbeamter. "Ist Trump wie Höcke?", hakte Miosga nach. Die Sprache ist die gleiche, antwortete Gabriel, sah jedoch auch einen Unterschied: Bei Trump handele es sich nicht um einen Faschisten "im klassischen Sinne". Höcke wird vom Bundesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. "So blöd ist der Scholz nicht" Um deutsche Innenpolitik ging es am Sonntagabend auch an anderer Stelle. Mit Blick auf den Wirtschaftsgipfel, bei dem sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag mit Bossen der Großindustrie getroffen hatte, ohne Wirtschaftsminister Robert Habeck einzuladen, wollte Miosga von Gabriel wissen: "Hätten Sie sich das bieten lassen?" So etwas könne nur passieren, wenn eine Regierung nicht zusammenarbeitet, erklärte Gabriel. "Es gibt offenbar keine Regierung!", so sein Urteil. Es herrsche Vorwahlkampf, erklärte Gabriel. Neuwahlen hielt er trotz aller Unstimmigkeiten in der Ampel dennoch für unwahrscheinlich. "Das wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tode", so seine Einschätzung. Auch, dass Finanzminister Christian Lindner mit seinem jüngst veröffentlichten Thesenpapier für eine Wirtschaftswende die Koalition sprengen könnte, glaubte Gabriel nicht. "Der hofft, dass man ihn rausschmeißt", so der SPD-Mann über den FDP-Chef und fügte hinzu: "Aber so blöd ist der Scholz nicht, das macht er nicht!" Söder-Witz sorgt für Lacher im Studio Trotz ernster Themen blieb am Sonntagabend auch Zeit für ein paar Scherze. Für Lacher im Studio sorgte unter anderem eine Anmerkung des Wahlkampfexperten Julius van de Laar. Der erklärte, dass CSU-Chef Markus Söder wohl zu denjenigen in Deutschland gehört, die auf einen Sieg von Harris hofften – und zwar aus eigennützigem Motiv. Damit gebe es dann nämlich endlich einen Präzedenzfall dafür, dass man auch drei Monate vor einer Wahl noch den Spitzenkandidaten wechseln könne, so der USA-Experte. Gabriel amüsierte derweil mit einem Scherz über Trumps Frisur. Während eines Wahlkampfauftritts hatte der Republikaner nämlich jüngst einen Barbershop besucht. "Mit der Frisur muss man auch ab und zu mal", bemerkte der Sozialdemokrat zur allgemeinen Erheiterung.