Die von Syriens Rebellen geführte Übergangsregierung warnt vor Versuchen von Anhängern des gestürzten Machthabers Assad, das Land zu destabilisieren. In mehreren Städten kommt es zu Protesten. Gut zwei Wochen nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad haben nach Angaben der Übergangsregierung Assad-Anhänger mehr als ein Dutzend Sicherheitskräfte erschossen. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte waren die Sicherheitskräfte in der westlichen Hafenstadt Tartus in einen Hinterhalt geraten, als sie einen Ex-Offizier wegen seiner mutmaßlichen Rolle im berüchtigten Militärgefängnis Saidnaja festnehmen wollten. 14 Einsatzkräfte seien erschossen und weitere verletzt worden, hieß es. Demnach wurden auch drei der jungen Täter getötet. Zudem sorgte nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira ein Video, das die Schändung eines alawitischen Heiligtums in der Stadt Aleppo zeigen soll, in mehreren Städten des Landes für wütende Proteste. Auch die Familie des gestürzten Machthabers Assad gehört der religiösen Minderheit der Alawiten an. Dem Innenministerium der Übergangsregierung zufolge war der Schrein eines muslimischen Scheichs im November, als die Rebellenoffensive auf die Stadt Aleppo begann, "von unbekannten Gruppen" verwüstet worden. Erneut Proteste Am 8. Dezember wurde Assad von einer Rebellenallianz unter Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) gestürzt. Laut der Übergangsregierung werde das "alte Video" jetzt gezielt im Internet verbreitet, um "Unfrieden zu stiften", berichtete der arabische Sender weiter. Wegen der Proteste wurde in der Stadt Homs nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. "Dies ist ein Angriff auf alle Angehörigen der Alawiten in Syrien", sagte ein Bewohner der Deutschen Presse-Agentur. Erst am Montagabend hatten Unbekannte in Al-Sukailabija in der Provinz Hama einen Weihnachtsbaum in Brand gesetzt. Eine Person wurde festgenommen. Hunderte Christen und Muslime waren daraufhin in Damaskus und anderen Städten auf die Straße gegangen und demonstrierten gegen die Tat. In einer Mitteilung warnte das Innenministerium der Übergangsregierung vor Gerüchten, "die darauf abzielen, das Land zu destabilisieren und den zivilen Frieden zu stören." Verbliebene Assad-Anhänger würden dies ausnutzen. Christen, Alawiten und andere Minderheiten fürchten nach dem Umsturz Repressionen. Syriens Außenminister warnt Iran: Kein Chaos verbreiten Der Außenminister der Übergangsregierung, Asaad Hassan al-Schaibani, warnte derweil den Iran davor, "Chaos in Syrien zu verbreiten". Teheran müsse "den Willen des syrischen Volkes und die Souveränität und Sicherheit des Landes respektieren", schrieb er auf der Plattform X. Irans Staatsoberhaupt, Ajatollah Ali Chamenei, hatte gesagt, er rechne nach dem Machtwechsel in Syrien mit einem erneuten Widerstandskampf von Syrern gegen die neuen Strukturen im Land. Vor allem die syrische Jugend werde erneut Widerstand gegen diejenigen leisten, die ihr Land und ihre Zukunft wiederholt unsicher gemacht hätten. Der Sturz des langjährigen syrischen Machthabers Assad war ein schwerer Schlag für den Iran, der dadurch seine gesamte Nahostpolitik geschwächt sah. Assad galt als ein strategisch wichtiger Verbündeter in der selbst ernannten "Widerstandsachse" Irans gegen den Erzfeind Israel . Zudem diente Syrien als Korridor für iranische Waffenlieferungen an die Hisbollah-Miliz im Libanon . Deshalb unterstützte das Land Assad großzügig, sowohl finanziell als auch militärisch, und brandmarkte das Bündnis HTS als terroristisch. Iran: Machtverhältnisse in Syrien könnten sich wieder ändern "Es ist noch zu früh, um über die Zukunft Syriens zu urteilen, denn viele Faktoren können die politische Lage dort noch erheblich beeinflussen", sagte nun der iranische Außenminister Abbas Araghtschi, ohne ins Detail zu gehen. Dies gelte für alle Seiten, und deshalb sollten sich auch diejenigen, "die sich derzeit als sichere Sieger fühlen", nicht zu früh freuen, zitierte ihn die iranische Nachrichtenagentur Isna. Zwar behauptet Teheran, diplomatische Kontakte zu den neuen Machthabern in Syrien zu unterhalten, doch die Erlaubnis zur Wiedereröffnung der Botschaft in Damaskus steht weiterhin aus. Zudem verbot die HTS iranischen Fluggesellschaften, die syrische Hauptstadt anzufliegen.