Der designierte US-Präsident Donald Trump hat darüber spekuliert, Kanada zu einem Teil der USA zu machen. In dem Land sind die Reaktionen darauf eindeutig. Die Haltung der Kanadier zu Donald Trumps Idee, ihr Land in die Vereinigten Staaten einzugliedern, ist eindeutig: 90 Prozent lehnen die Forderung des künftigen US-Präsidenten ab, Kanada zum 51. Bundesstaat zu machen, wie eine Umfrage des Instituts Angus Reid ergab. Trumps Drohung mit "wirtschaftlicher Gewalt" und Strafzöllen bewirkt das Gegenteil: Der kanadische Nationalstolz wächst, und die Menschen betonen die Unterschiede zum Nachbarn im Süden. "Es gibt nicht den Hauch einer Chance, dass Kanada Teil der Vereinigten Staaten wird", spricht der scheidende Premierminister Justin Trudeau vielen seiner Landsleute aus dem Herzen. Trumps Vorstoß beschäftigt und beunruhigt die Menschen im nördlichen Nachbarland. "Wir sind eine souveräne Nation mit einer einzigartigen Identität und Kultur, die Respekt verdient", sagt der Geschichtsstudent Michael Connolly aus der westkanadischen Provinz Alberta. "Die Regierung muss sich gegen den amerikanischen Imperialismus wehren." Im Internet wird über die Expansionspläne mitunter gewitzelt: Werden die Sterne auf der US-Flagge durch ein Ahornblatt ersetzt, wenn Trump Kanada annektiert? Und wer bringt dem britischen König und damit kanadischem Staatsoberhaupt Charles III. bei, dass das Commonwealth schrumpft? Kommentare in den Onlinenetzwerken verweisen zudem auf die Unterschiede zu den USA : die andere Aussprache und teilweise auch Schreibweise im Englischen, die Messung von Temperaturen in Celsius und nicht in Fahrenheit – oder auch, dass Patienten nicht für einen Arztbesuch bezahlen müssen. "Täuschen Sie sich nicht" Selbst manchen Bewunderern Trumps geht seine Idee einer Einverleibung Kanadas zu weit. "Ich bin sehr stolz darauf, Kanadier zu sein. Ich liebe es, in die Vereinigten Staaten zu reisen. Ich mache gerne Geschäfte in den USA, aber Kanada ist meine Heimat", sagt Paul Koidis, ein Trump-Fan aus Toronto. Die Menschen in den USA und Kanada stünden sich kulturell nahe, doch die Mentalität sei sehr verschieden. "Trump hat die Kanadier mehr geeint als je zuvor", schreibt der ehemalige kanadische Premierminister Jean Chrétien in einem offenen Brief. Er nennt Trumps Äußerungen eine "beispiellose Bedrohung für unsere Souveränität". Die Kanadier hätten "eine Nation auf dem rauesten und schwierigsten Terrain aufgebaut, das man sich vorstellen kann", schreibt Chrétien. "Wir mögen unbekümmert und sanftmütig erscheinen. Aber täuschen Sie sich nicht, wir haben Rückgrat und sind zäh." "Machen es unmöglich, ein Land zu werden" Mark Brawley, US-kanadischer Professor für internationale Beziehungen an der McGill Universität in Montreal, sieht "deutliche Unterschiede" zwischen den beiden Nationen. "Wir haben unterschiedliche Werte und die machen es unmöglich, ein Land zu werden." Der Freihandel zwischen Kanada und den USA seit 1994 habe beide Staaten einander näher gebracht. Nun aber würden Trumps Provokationen eine Gegenreaktion auslösen und "den kanadischen Nationalismus stärken", konstatiert der Wissenschaftler. Auch in der französischsprachigen Provinz Québec stößt Trumps Forderung auf große Ablehnung. In ihrer Familie und im Freundeskreis werde viel darüber diskutiert, sagt die dortige Einwohnerin Marie-Josée Roussy. "Mein Gott, nein! Wir wollen nicht der 51. Staat sein. Wir sind als Nachbarn zufrieden, wir helfen einander, wir kooperieren, aber nein, wir wollen keine Amerikaner sein", sei die einhellige Meinung. "Ich bemerke die Unterschiede, sobald ich die Grenze überquere", erzählt Roussy und verweist auf die weitverbreitete Waffengewalt, das große Wohlstandsgefälle und den strukturellen Rassismus in den Vereinigten Staaten. Das Gerede von einer Fusion sei "völliger Unsinn", sagt sie – und fügt hinzu: "Aber es fängt auch an, uns Angst zu machen."