Bei den Bayern schaffte es Nicolas Kühn nie in die erste Mannschaft. Jetzt empfängt er seinen alten Arbeitgeber in Schottland – und stellt für ihn plötzlich die größte Gefahr dar. Gerade einmal ein halbes Jahr stand Nicolas Kühn im vergangenen Sommer beim schottischen Spitzenklub Celtic Glasgow unter Vertrag, als t-online den Fußballer zum Interview bat. Der heute 25-Jährige hatte gerade mit seinem Klub das Double aus Meisterschaft und Pokal gewonnen. Kühn sprach mit Stolz und einer gewissen Euphorie über die Trophäen und seine ersten Monate auf der Insel. Doch er richtete den Blick auch nach vorne – und damit auf seinen großen Traum. In der kommenden Saison werde er "das erste Mal in der Champions League" spielen, sagte Kühn damals t-online. "Das war immer das Ziel. Jetzt kann keiner mehr sagen, dass es bei mir an irgendwas fehlt." Acht Monate später bleibt festzuhalten: Kühn hat sich seinen Traum erfüllt, hat seine ersten Partien in der Königsklasse absolviert und diese Herausforderung mit Bravour gemeistert. Viel entscheidender aber: Der Flügelspieler hat wohl auch seine letzten Zweifler – sollte es diese nach vergangenem Sommer noch gegeben haben – endgültig verstummen lassen. Denn Nicolas Kühn ist endgültig angekommen im europäischen Spitzenfußball. Damit stellt er nun auch eine große Gefahr für seinen Ex-Verein dar: den FC Bayern . Kühn spielt die Saison seines Lebens Kühn spielte nämlich von Januar 2020 bis Sommer 2021 in München. Zugegeben: Für die Profis kam er nie zum Einsatz. Anderthalb Jahre kickte der Offensivakteur in der 3. Liga für die Zweitvertretung des deutschen Rekordmeisters. Dann schloss er das Kapitel FC Bayern, wurde zum damaligen Zweitligisten Erzgebirge Aue verliehen. Seitdem ist viel passiert im Leben von Nicolas Kühn. So viel, dass es jetzt zum großen Wiedersehen mit seinem Ex-Klub kommt. Denn nach dem Abstieg mit Aue in die 3. Liga 2022 verpflichtete ihn zunächst Rapid Wien und nach guten Leistungen in der österreichischen Hauptstadt anderthalb Jahre später Celtic. Mit den Schotten trifft Kühn am Mittwochabend nun in der Zwischenrunde der Champions League auf die Bayern (ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online). Der Bundesliga-Primus dürfte sich vor dem Duell im legendären Celtic Park noch einmal intensiv mit seinem ehemaligen Spieler auseinandergesetzt haben. Denn nach dem Winterabgang von Top-Torjäger Kyōgo Furuhashi zum französischen Klub Stade Rennes ist Kühn die wohl heißeste Aktie in der Offensive der "Bhoys". Aktuell ist er in Top-Form, spielt wohl die Saison seines Lebens. 34 Pflichtspiele hat Kühn in dieser Spielzeit bereits für Celtic absolviert. Seine außergewöhnliche Bilanz dabei: 17 Treffer und zwölf Assists. Zwei seiner Tore steuerte er dabei in der Champions League bei. Gerade dieser Umstand sollte die Bayern hellhörig werden lassen. Denn bereits im vergangenen November erzielte Kühn einen Doppelpack – ebenfalls gegen einen seiner Ex-Vereine. Eine wilde Karriere in jungen Jahren Im Herbst des letzten Jahres gastierte nämlich RB Leipzig im "Paradise", wie der Celtic Park gerne auch genannt wird. Die Sachsen hatten ihre ersten drei Spiele in der Königsklasse allesamt verloren. An diesem Abend in Schottland folgte Niederlage Nummer vier – dank Nicolas Kühn. Die Führung der Leipziger durch Christoph Baumgartner wusste Celtics Nummer zehn mit seinen zwei Toren noch vor der Pause umzubiegen. Gerade beim ersten Treffer zeigte er seine ganze Klasse, schlenzte den Ball traumhaft von der Strafraumkante in das Gehäuse der Gäste, für die er in der Jugend noch selbst aufgelaufen war. Denn Kühns Karriere war schon vor seiner Zeit bei den Bayern eine ereignisreiche gewesen. Angefangen mit dem Fußballspielen hatte er bei zwei lokalen Vereinen in seiner Heimatstadt, dem niedersächsischen Wunstorf . 2009 begann dann seine fußballerische Odyssee. Zunächst zog es ihn in die Jugend des FC St. Pauli , 2011 dann in die von Hannover 96 und 2015 in die von RB Leipzig. Zweieinhalb Jahre später, mit gerade einmal 18 Jahren, wagte er bereits den Schritt ins Ausland. Niederlandes Rekordmeister Ajax Amsterdam nahm ihn für seine zweite Mannschaft unter Vertrag, ehe es zwei Jahre später für den Linksfuß nach München ging. Die wilde Laufbahn bereits in jungen Jahren bedauerte Kühn im t-online-Interview vergangenen Sommer aber nicht. Der Wechsel zu den Bayern beispielsweise sei damals "für mich die richtige Entscheidung" gewesen, betonte er. Doch er gab auch zu: "Wenn ich jetzt darüber nachdenke, gibt es in meiner Karriere aber natürlich Situationen, in denen ich anders hätte entscheiden können. Ich weiß nicht, ob ich den Schritt zu Ajax nochmal machen würde. Es kann offenbar auch über andere Wege nach oben gehen." Kühn will ins DFB-Team – und irgendwann in die Bundesliga Doch am Ende dürften ihm diese anderen Wege egal sein. Er hat es auf seine Art und Weise in die Riege der europäischen Spitzenspieler geschafft. Der nächste Traum nach der Champions League? Zumindest im vergangenen Jahr war Kühn diesbezüglich mehr als deutlich. "Das Ziel danach ist für mich klar", sagte er noch vor seinem ersten Champions-League-Auftritt. "Die deutsche Nationalmannschaft." Was möglicherweise damals auf den ein oder anderen wie bloßes Wunschdenken des Spielers wirkte, könnte demnächst Realität werden. Im März trifft die DFB-Elf in der Nations League auf Italien. Brilliert der ehemalige Juniorennationalspieler bis dahin weiter – und vor allem im Champions-League-Duell mit den Bayern – dürfte Bundestrainer Julian Nagelsmann an seiner Nominierung für die A-Auswahl wohl kaum noch vorbeikommen. Gut möglich ist derweil auch, dass Kühn über kurz oder lang wieder in Deutschland auftaucht. So sagte er im letzten t-online-Gespräch: "Für mich wäre es schön, irgendwann mal in der Bundesliga zu spielen." An Interessenten dürfte es in Deutschlands Spitzenliga definitiv nicht mangeln. Vielleicht wirft bei guten Leistungen in der Zwischenrunde sogar der FC Bayern wieder ein Auge auf seinen ehemaligen Spieler. Der selbst schloss ein neuerliches Engagement in München im vergangenen Sommer nicht aus. "Dann aber bitte in der ersten Mannschaft", sagte Kühn augenzwinkernd und traf damit erneut eine Aussage, die im ersten Moment vielleicht abwegig wirkte – und auf einmal nicht mehr völlig unmöglich erscheint. Vor allem nicht, wenn er für die Bayern in der Champions League tatsächlich zum Schreckgespenst werden sollte.