Von der Leyen will Sonderklausel für Verteidigung aktivieren
Um die EU gegen Bedrohungen durch Länder wie Russland zu wappnen, braucht es Schätzungen zufolge dreistellige Milliardeninvestitionen. Werden nun strenge Schuldenregeln aufgehoben? EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will über die Aktivierung einer Sonderklausel zu den europäischen Schuldenregeln höhere Verteidigungsausgaben ermöglichen. "Ich werde vorschlagen, die Ausweichklausel für Verteidigungsinvestitionen zu aktivieren", sagte sie bei der Münchner Sicherheitskonferenz. "Dies wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Verteidigungsausgaben erheblich zu erhöhen." Hintergrund des Vorschlags von der Leyens sind insbesondere die Bedrohungen durch Russland und die Ankündigung der USA , künftig deutlich weniger sicherheitspolitische Verantwortung für Europa übernehmen zu wollen. Man werde die Verteidigungsausgaben erheblich erhöhen müssen, sagte von der Leyen. Forderungen von Trump Druck kommt dabei auch von US-Präsident Donald Trump , der von den Nato-Mitgliedern in der EU fordert, künftig fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts auszugeben. Für die Bundesrepublik und viele andere Staaten würde dies bedeuten, dass sie ihre Verteidigungsausgaben mehr als verdoppeln müssten. Derzeit geben die 27 EU-Mitgliedstaaten nach Angaben von der Leyens im Schnitt lediglich rund zwei ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus. Schon eine Steigerung von knapp unter zwei Prozent auf mehr als drei Prozent bedeute Hunderte von Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen jedes Jahr, erklärte von der Leyen. 500 Milliarden Euro Schätzungen der EU-Kommission zufolge sind in den nächsten zehn Jahren zusätzliche Verteidigungsinvestitionen in Höhe von rund 500 Milliarden Euro erforderlich. Als mögliche EU-Projekte gelten dabei zum Beispiel ein europäisches Luftverteidigungssystem und eine verstärkte Sicherung der östlichen Landgrenze der Union. Die sogenannte allgemeine Ausweichklausel, die in den EU-Schuldenregeln verankert ist, ermöglicht EU-Ländern, vorübergehend von ihren Haushaltsplänen, und damit den Obergrenzen für Schulden und Defizit, abzuweichen. Die Ausweichklausel war zuletzt 2020 in der Corona-Pandemie aktiviert worden. Man habe damals die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, ihre Investitionen zur Bewältigung der Krise massiv zu erhöhen, sagte von der Leyen nun. "Ich glaube, wir befinden uns jetzt in einer neuen Krise, die einen ähnlichen Ansatz rechtfertigt." Wann die Ausweichklausel aktiviert werden soll, blieb zunächst unklar. Zunächst muss noch der Rat der Mitgliedstaaten mit dem Thema befasst werden. Debatte auch über deutsche Schuldenbremse Um für solide Finanzen zu sorgen, gelten in der EU Obergrenzen für den Schuldenstand und die Neuverschuldung der Mitgliedsstaaten. Das Regelwerk, der sogenannte Stabilitäts- und Wachstumspakt, schreibt vor, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Gleichzeitig muss das Defizit unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung gehalten werden. Wer die Obergrenzen übertritt, riskiert normalerweise ein Strafverfahren. In Deutschland wird derzeit bereits über eine mögliche Reform der zusätzlichen nationalen Schuldenbremse diskutiert. Vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wirbt dafür.