KSK noch nicht "aus der Schusslinie" – Wehrbeauftragte sieht jedoch Fortschritte
Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) sieht beim von Skandalen erschütterten Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr dauerhaften Handlungsbedarf. Auch nach dem Abschlussbericht, wonach das KSK Reformauflagen weitgehend erfüllt hat, sei es eine Daueraufgabe, "die Vorfälle, die es gegeben hat, sorgfältig und konsequent aufzuklären und die Reform auch fortzuführen", sagte Högl am Donnerstag im Deutschlandfunk. Das KSK sei nicht "aus der Schusslinie".
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte vor gut einem Jahr eine ministerielle Arbeitsgruppe damit beauftragt, rechtsextremistische Tendenzen innerhalb des KSK und Verstöße im Umgang mit Munition und Waffen zu prüfen und diese abzustellen. Auslöser waren zahlreiche rechtsextremistische Verdachtsfälle sowie das Horten von Munition und Sprengstoff auf dem Privatgelände eines Kommandofeldwebels. Jedoch brachten die Untersuchungen weitere Probleme ans Licht, neben dem bedenklichen Umgang mit Munition vor allem mögliche ungenehmigte Nebentätigkeiten und Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe der Einheit. Im Rahmen des Reformprozesses sind mehr als 50 zusätzliche Dienstposten bis hin zu mehr Truppenpsychologen geschaffen worden.
Mehr als 90 Prozent der 60 Einzelmaßnahmen seien umgesetzt, stellte das Verteidigungsministerium in einem am Mittwoch veröffentlichten Abschlussbericht fest. KSK-Soldaten sind inzwischen wieder in Afghanistan eingesetzt – zur Absicherung des Abzugs.
Für unsauber geführte Bücher über Munitionsbestände wurden mehrheitlich Schludrigkeit und Zeitdruck als Fehlerquelle ausgemacht, nicht aber eine zunächst nicht ausgeschlossene Unterschlagung, womöglich sogar mit extremistischem Hintergrund.
Der Fund eines Waffenlagers im Garten eines KSK-Soldaten im Sachsen habe neben einer Verstärkung der Ermittlungen im Bereich rechtsextremistischer Verdachtsfälle auch zu einer Konzentration der Ermittlungen auf den Umgang mit Waffen und Munition im KSK geführt. In 14 Fällen laufen disziplinarische Vorermittlungen. Jedem Verdacht sei mit etwa 150 ergänzenden Vernehmungen in zweiten Halbjahr 2020 intensiv nachgegangen worden. Es wurden zudem mehrere Fälle bekannt, bei denen sich KSK-Munition in deutschen Botschaften im Ausland befand und nun nach Deutschland zurückgebracht und wieder eingebucht wurde. Eine Ressortvereinbarung zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium soll nun die Regeln für solche Fälle festschreiben. Auch Regelverstöße beim Zukauf von Geräten oder Dienstleistungen für das KSK stellte die Arbeitsgruppe fest, nicht aber mit der Absicht der Bereicherung.
Die Frage nach der persönlichen Verantwortung von KSK-Kommandeuren wurde in dem Bericht nicht tiefer erörtert, sondern zunächst als eine allgemeine "Fehlerkultur" beschrieben. "Rückblickend muss konstatiert werden, dass die Ursachen von Missständen und Fehlentwicklungen weit in die Vergangenheit zurückreichen, die Auswirkungen sich über die Jahre kumuliert und bisweilen als unheilvolle Fehlkultur etabliert haben", heißt es in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag. "Damit stellt sich unwillkürlich die Frage nach der Verantwortung ehemaliger Vorgesetzter. Stellungnahmen der Kommandeure des KSK und deren Vorgesetzter, der Kommandeure der Division Schnelle Kräfte (ehemals Divison Spezielle Kräfte) liegen vor."
Auch der heutige Generalinspekteur, Eberhard Zorn, der den Abschlussbericht vorlegte, war von Juni 2014 bis Oktober 2015 Kommandeur dieser Division, wie Thomas Wiegold im Blog Augen geradeaus! feststellt.
Högl forderte in einer Reaktion auf den Bericht, den Kurs der Transparenz und Öffnung fortzusetzen. "Wir brauchen die speziellen Fähigkeiten des KSK, das zeigt sich gerade bei der Organisation und Sicherung des Abzugs aus Afghanistan", so Högl am Mittwoch. "Ich möchte diejenigen stärken, die Aufklärung und Reformen unterstützen und vorantreiben. Wir müssen das verlorene Vertrauen zwischen KSK und Politik wiederaufbauen."
Laut der Wehrbeauftragten zeigt der Abschlussbericht, dass die ergriffenen Maßnahmen wirksam seien und im KSK viel verändert worden sei. "Und ich finde, der Abschlussbericht zeigt auch, dass das KSK eine gute Zukunft haben kann. Aber es muss eben weitergehen", betonte Högl am Donnerstag. Sie habe selbst mit vielen Soldaten gesprochen. Die überwiegende Mehrheit stehe "ganz fest auf dem Boden des Grundgesetzes", leiste verantwortungsvoll ihren Dienst und wolle an Aufklärung und Reform mitarbeiten.
Die Entscheidung über die Zukunft des KSK soll Kramp-Karrenbauer nach einem erneuten Besuch der Einheit in Calw treffen, der bereits im Juni geplant ist. Der Verteidigungsausschuss des Bundestages berät voraussichtlich am 20. Juni in einer Sondersitzung über dieses Thema.
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