Corona-Sicherheitskonzept: "Wir kämpfen für dauerhaften Präsenzunterricht"
Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Wenige Tage vor dem Schulstart sieht Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) die Bildungseinrichtungen im Land für mehr Normalität gerüstet als im vergangenen Schuljahr. Das sagte sie am Donnerstag bei der Erklärung ihres Corona-Sicherheitskonzepts. Schopper sagte, mit den nochmals angepassten Quarantänevorschriften habe das Land "eine sehr realitätsnahe und familienfreundliche, gleichzeitig aber auch sicherheitsrelevante Regelung gefunden". Zusammen mit Maskenvorgabe und einer erweiterten Testpflicht stelle das einen "engmaschigen Sicherheitszaun" dar.
Mit dem am Montag anbrechenden Schuljahr 2021/2022 beginnt für Schüler wieder die Präsenzpflicht. Ausnahmen gibt es für nur Risikogruppen oder solche Minderjährigen, die mit Risikogruppen zusammenleben. Zum Nachweis ist eine ärztliche Bescheinigung notwendig.
Auch dieses Schuljahr werde nicht unter vollkommen normalen Bedingungen stattfinden, sagte Schopper. "Wir kämpfen aber dafür, dauerhaft Präsenzunterricht anzubieten." Dafür seien Kinder und Jugendliche auf die Solidarität der Erwachsenen angewiesen. "Die Kinder und Jugendlichen waren mit uns solidarisch, als wir Erwachsene von schweren Verläufen bei einer Corona-Erkrankung bedroht waren", sagte Schopper. "Wenn Sie sich also noch nicht geimpft haben, dann lassen Sie sich jetzt impfen."
Um Schulen so sicher wie möglich zu machen, gilt dort weiterhin Maskenpflicht. Die bisherige Testpflicht wird außerdem ausgeweitet; das gilt zunächst bis zu den Herbstferien. Beschäftigte an Schulen und Kitas, die weder geimpft noch genesen sind, sollen sich vom 13. September an täglich vor Zeugen testen. Nicht immunisierte Schüler müssen sich vom 27. September an drei- statt bisher zweimal pro Woche testen, wenn das über Antigen-Schnellverfahren erfolgt. Bei PCR-Pooltests bleibt es bei einer zweimaligen Prüfung pro Woche. Dass die Ausdehnung erst zum 27. September greift, begründete Schopper mit der Beschaffung der notwendigen Tests.
Bei den Quarantäneregeln geht Baden-Württemberg über die von den Bundesländern am Montag beschlossenen Lockerungen hinaus. Falls in einer Klasse oder Gruppe ein Covid-Fall auftritt, müssen weder die ganze Klasse noch die Sitznachbarn automatisch in Quarantäne, sondern nur die infizierte Person. Die anderen Klassenmitglieder werden fünf Schultage lang täglich getestet. Sollte das Ausbruchsgeschehen innerhalb von zehn Tagen 20 Prozent des Klassenverbands erfassen, kann das Gesundheitsamt einschreiten.
Die Regelung soll einerseits dazu beitragen, Schulen und Kitas offen zu halten, andererseits den Bedürfnissen von Kindern und ihren Familien Rechnung tragen. Sie solle außerdem Gesundheitsämter von der Kontaktnachverfolgung entlasten, sagte Schopper. Dass das notwendig sei, habe der Schulbeginn in Nordrhein-Westfalen gezeigt.
Schopper setzt außerdem auf mobile Luftfilter für schlecht belüftbare Räume und solche, die von den Klassenstufen 1 bis 6 genutzt werden. Zu einem entsprechenden Förderprogramm des Landes seien Bedarfe von 47 Millionen Euro angemeldet, "von daher läuft das gut an".
Am Vortag hatten die größte Pädagogenvertretung des Landes, die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), und der Berufsschullehrerverband scharfe Kritik am Tempo geübt, mit dem Bund, Land und Kommunen die Schulen mit CO2-Messgeräten und Luftfiltern ausstatten.
Am Donnerstag legte der Philologenverband (PhV), der die Gymnasiallehrer vertritt, nach. Landesvorsitzender Ralf Scholl rügte, "dass die Raumluftfilter wahrscheinlich zum Gutteil erst im Januar, Februar dann an die Schulen kommen". Auch die übrigen Maßnahmen reichten "bei Weitem nicht".
Unter anderem fordert der PhV, Lehrkräfte in der ersten Schulwoche ausnahmslos zu testen. Sie müssten außerdem von Oktober an Impfauffrischungen erhalten können. Die Quarantäneregelung ist dem Verband zu locker: Er besteht darauf, dass die fünf aufeinanderfolgenden Tests PCR-Pooltests mit gleichzeitiger individueller Probenentnahme sein müssten. Die dann notwendige ein- bis zweitägige Wartezeit bis zum Ergebnis hätten die Sitznachbarn eines infizierten Kindes in Quarantäne zu verbringen.