Reformpläne: WM alle zwei Jahre? Damit würde die Fifa dem Fußball schaden – und sich selbst
Die Fifa überlegt, die Fußball-WM ab 2026 alle zwei Jahre auszutragen – das würde eine Revolution bedeuten. Und es würde einem Trend die Krone aufsetzen, der schon jetzt viele Fans ärgert.
Zuverlässig schaffen es die großen Fußballverbände, sich bei den Fans immer unbeliebter zu machen. Mit Korruptionsaffären, Kooperationen mit zwielichtigen Machthabern sowie nur halbherzigem Vorgehen gegen Rassismus und Diskriminierung haben sie in den vergangenen Jahren viel Vertrauen verspielt. Jetzt sorgt ein neuer Plan für Unmut: Die Fifa überlegt, die Fußball-WM künftig alle zwei Jahre – statt wie bisher alle vier Jahre – auszutragen.
Dafür hat sich die Technische Beratungsgruppe der Fifa um den ehemaligen Arsenal-Trainer Arsène Wenger ausgesprochen. Die Weltmeisterschaft würde dann in den geraden Jahren, die kontinentalen Wettbewerbe wie die EM in jedem ungeraden Jahr stattfinden. Im Sinne der Fans kann das nicht sein – und auch nicht im Sinne des Profifußballs selbst.Der WM-Rhythmus bewegt die Fußball-Welt - was bedeutet der Fifa-Plan? 11.41
Fußball-WM würde ihren Reiz verlieren
Sollte der neue Rhythmus tatsächlich eingeführt werden, käme das nämlich einer Entwertung der Weltmeisterschaft gleich. Die Fußball-WM gilt rund um die Welt als eines der größten Sportereignisse überhaupt, für Fans wie für die Fußballer. Sie ist etwas besonderes, ein echter Höhepunkt – und das liegt eben auch zu einem großen Teil daran, dass sie nur alle vier Jahre stattfindet. Wer in jedem Jahr ein großes Fußballturnier ansetzt, macht daraus eine Alltagsveranstaltung, die für alle Beteiligten ihren Reiz verliert.STERN PAID 28_21 Fußball kann mehr 18.00
Schon jetzt sind viele Fans fußballmüde
Es gibt im internationalen Fußball genügend warnende Beispiele. Schon jetzt ist bei vielen Fans eine gewisse Fußballmüdigkeit festzustellen. Einen großen Anteil daran hat die ständig zunehmende Aufblähung von Wettbewerben und Terminkalendern. Die Gruppenphase der Champions League hat kaum noch sportlichen Reiz, weil zu viele Klubs mitspielen, die den Top-Mannschaften nicht Paroli bieten können. Wettbewerbe wie die Europa League oder die neugeschaffene Conference League werden von den Fans bestenfalls stiefmütterlich behandelt. Und auch bei der Nationalmannschaft locken Qualifikationsspiele nur noch wenige hinter dem Ofen hervor.
Auch ohne eine Reform des WM-Rhythmus wird sich dieser Trend in den nächsten Jahren fortsetzen: Ab 2024 gibt es noch mehr Champions-League-Spiele, ab WM 2026 nehmen 48 statt bisher 32 Mannschaften an der WM teil. Fußball ist zu einem inflationären Gut geworden. Die Fans wollten große Spiele sehen, begründet Arsène Wenger den Vorstoß, alle zwei Jahre eine WM auszurichten. Aber wie groß sind diese Spiele noch, wenn sie gefühlt ständig stattfinden? Wahrscheinlich würde sich der Effekt sehr schnell abnutzen. Ein Sieg gegen eine andere große Fußball-Nation oder gar ein Titel hätte nicht mehr den gleichen Wert wie heute – vergleichbar mit Sportarten wie Handball und Tennis, wo es quasi kaum Verschnaufpausen zwischen den bedeutenden Turnieren gibt.fs-gerd-mueller 15.17
Die Fifa macht ihr Premium-Produkt beliebig
Am Ende geht es, wie meistens, in erster Linie ums Geld. Mehr Weltmeisterschaften bedeuten potenziell mehr Länder, die teilnehmen und in denen die Spiele verfolgt werden. Mehr Spiele bedeuten steigende Zuschauereinnahmen, Fernsehgelder und mehr Möglichkeiten für Sponsoren. Mittelfristig könnte sich die Fifa allerdings selbst empfindlich damit schaden, wenn sie ihr Premium-Produkt so beliebig gestaltet. Nicht umsonst setzen Marketing-Profis gern auf künstliche Verknappung – und Großmütter auf den Spruch: "Willst du gelten, mach dich selten."
Noch ist der neue Rhythmus nicht beschlossen, Fifa-Präsident Gianni Infantino will aber bis Ende des Jahres Klarheit haben. Die Änderung würde dann wohl ab 2026 gelten. Sollte sie wirklich kommen, könnte daraus ein Eklat entstehen: Uefa-Chef Aleksander Ceferin hat bereits mit dem Boykott der europäischen Mannschaften gedroht. Das wäre noch mal ein Beben einer ganz anderen Größenordnung.