Heidelberg: Wird die Weststadt von der Stadtverwaltung bevorzugt?
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Die Aufwertung von öffentlichen Plätzen ist ein Thema, bei dem in den gemeinderätlichen Ausschüssen meistens große Einigkeit herrscht. Ganz anders lief die Diskussion jedoch im Stadtentwicklungs- und Bauausschuss am Dienstag. Die Stadtverwaltung bevorzuge einige Stadtteile wie die Weststadt, so die Kritik von GAL-Stadträtin Judith Marggraf. Weniger zentrale Quartiere wie der Pfaffengrund hätten das Nachsehen.
Der Streit entzündete sich an zwei Tagesordnungspunkten: die Umgestaltung des Alois-Link-Platzes und die Aufwertung des Wilhelmsplatzes. Beide liegen in der Weststadt – dem Stadtteil, in dem auch Baubürgermeister Jürgen Odszuck wohnt. Langfristig möchten Stadtverwaltung und der Bezirksbeirat den Alois-Link-Platz komplett neu gestalten. So soll der Autoverkehr, der bisher als Einbahnstraße um den Platz herum geführt wird, künftig nur noch auf einer Seite – dem Steigerweg – in beide Fahrtrichtungen verlaufen. Die Gaisbergstraße würde so auf der Höhe des Platzes zum verkehrsberuhigten Bereich, der Parkplatz könnte entsiegelt werden. Die Kosten werden auf mehr als 1,8 Millionen Euro veranschlagt und stehen frühestens im Doppelhaushalt 2023/2024 zur Verfügung. Damit der sanierungsbedürftige Kiosk erhalten werden kann, müssen aber jetzt schon knapp 78.000 Euro in die Hand genommen werden – um den einsturzgefährdeten Keller zu verfüllen.
Für den Wilhelmsplatz, der zu einem späteren Zeitpunkt grundhaft erneuert werden soll, möchte die Stadt ebenfalls jetzt schon 46.800 Euro ausgeben. Neue Sitzbänke, Fahrradanlehnbügel und kostenloses W-Lan sind hier geplant. Damit reagiert die Stadt auf die Wünsche des "Aktionsbündnisses Schöner Willi".
Judith Marggraf hat prinzipiell gar nichts gegen diese beiden Projekte. "Doch so sollte man mal mit dem Pfaffengrund umgehen." Seit September 2019 setzt sich die GAL-Stadträtin bereits dafür ein, dass ein Drittel bis die Hälfte des dortigen Marktplatzes autofrei gestaltet werden kann. Doch erst im Februar dieses Jahres wurde der Antrag im Ausschuss behandelt. Aufgrund der Corona-Krise habe die Stadt für eine grundsätzliche Aufwertung des Platzes kein Geld, sagte damals Odszuck. Er versprach aber auch, dass wenigstens ein paar Pflanzkübel auf dem Pfaffengrunder Marktplatz aufgestellt und einige Parkplätze weggenommen werden, damit die frei gewordene Fläche möglichst schnell für ein öffentliches Bücherregal und ein Straßencafé genutzt werden könne.
Der Sommer verging – und passiert ist nichts. "Das Stadtplanungsamt sagte, es sei überlastet", klagt Marggraf. Und das Landschaftsamt, das die Kübel aufstellen sollte, verwies darauf, dass erst einmal das Verkehrsamt die Parkplätze streichen müsse. "Man könnte auf dem Pfaffengrunder Marktplatz mit viel kleinerem Aufwand mehr erreichen, als in der Weststadt einen Keller zu verfüllen. Dieser Platz ist ein Juwel und wird bisher nur als Stellfläche für Autos genutzt", ärgert sich die GAL-Stadträtin.
Warum nach nur wenigen Monaten Diskussion, jetzt schon der Wilhelmsplatz provisorisch aufgewertet werden soll, während der Pfaffengrund weiterhin warten muss, begründete Odszuck damit, dass es in der Weststadt dieses "bürgerschaftliche Engagement" gebe. Das brachte wiederum SPD-Stadtrat Sören Michelsburg in Rage: "Das ist doch keine Begründung. Vielleicht haben die Pfaffengrunder etwas anderes zu tun, als ständig Briefe an die Verwaltung zu schreiben." Man solle nicht immer nur den Interessengruppen nachgeben, die am lautesten schreien.
In der hitzigen Debatte bezichtigte Björn Leuzinger (Die Partei) den Baubürgermeister der Lüge, wurde dafür jedoch von Odszuck gemaßregelt und nahm diese Äußerung wieder zurück. Und Marggraf behauptete, dass Stadtteile, in denen die Bürger schlechter vernetzt seien, wie der Boxberg, der Emmertsgrund und der Pfaffengrund, häufiger bei der Stadtverwaltung durchfielen.
"Wir haben viel Geld für die Aufwertung öffentlichen Raumes im Emmertsgrund ausgegeben", konterte dagegen Odszuck: "Es stimmt schlichtweg nicht, dass in die Weststadt mehr Geld fließt als in andere Stadtteile." Aus der Diskussion nehme er mit, dass man sehr aufpassen müsse, welche Bürgerinitiative man gut finde, und dass man mehr für den Pfaffengrund tun müsse.
Immerhin sagte Odszuck am Ende zu, dass er sich jetzt noch einmal persönlich um die paar Pflanzkübel auf dem Pfaffengrunder Marktplatz kümmern wolle. Und er ärgerte sich darüber, dass die einzelnen städtischen Ämter bislang bei dieser einfachen Maßnahme die Verantwortung hin und hergeschoben haben. Als kleiner Seitenhieb sagte er, der letztes Jahr das Verkehrsmanagement an Klimabürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain abgeben musste: "Natürlich gehören die für das Bauen zuständige Ämter in ein Dezernat." Marggraf möchte Odszuck nun alle vier Wochen an den Pfaffengrunder Marktplatz erinnern.