Heidelberg: Merle Brunnée gewann in der Schweiz die Duathlon-WM
Von Johannes Blem
Heidelberg. Nach kurzer Zeit in einem Sport bei der Weltmeisterschaft teilnehmen, den Titel holen und nebenbei noch das Medizinstudium abschließen – das klingt nach einem unrealistischen Unterfangen. Oder? Nicht für Merle Brunnée. Im Schweizer Zofingen krönte sich die Wahl-Heidelbergerin zur Duathlon-Weltmeisterin.
2014 verschlug es die gebürtige Bremerin für das Studium vom hohen Norden nach Heidelberg. In dieser Zeit entdeckte die angehende Ärztin ihre Liebe zum Laufsport, den sie ab 2017 bei der MTG Mannheim auf Leistungsniveau betrieb. In der Folge kam schrittweise das Radfahren dazu. Seit etwa einem Jahr trainiert die 27-Jährige nun intensiv auf dem Sattel – und fuhr im Juni bei den Deutschen Meisterschaften im Einzelzeitfahren prompt auf den siebten Platz.
Zuvor war im Winter die Idee zur Teilnahme bei der Duathlon-WM 2021 gereift. Bei der Seitensportart des Triathlons wird auf den Sprung ins kühle Nass verzichtet. Stattdessen wird gelaufen, in die Pedale getreten und nochmals gelaufen. In Brunnées Diszplin, der Langstrecke, folgen auf 10 Kilometer Laufen 150 Kilometer Radfahren und erneut 30 Kilometer Laufen. Im Vorfeld des WM-Rennens, dem "Powerman", trainierte sie täglich. Pro Woche summierten sich dabei zwölf Einheiten zu 20 Trainingsstunden. Ihre Läufe führen regelmäßig auf den Königsstuhl und über die umliegende Hügellandschaft. "Im Vergleich zu den Bremer Deichen ähnelt der Anstieg am Philosophenweg schon einem Hochgebirge – für die Schweizer Berge war das aber natürlich gutes Training", lacht Brunnée.
Ihre Wurzeln liegen zwar an der Weser, doch ihre Zukunft sieht Brunée am Neckar: "Ich fühle mich sehr wohl hier, ich habe mich in Heidelberg verliebt", sagt die Duathletin, die im Oktober eine Stelle als Ärztin im Universitätsklinikum antreten wird.
Doch wie gelingt der Spagat zwischen der Vorbereitung auf eine Weltmeisterschaft und dem Lernen für das dritte Staatsexamen? "Das bedurfte einer sehr sorgfältigen Organisation. Ich habe jede Einheit vorausgeplant", erklärt Brunnée. Dies habe einige private Abstriche unvermeidlich gemacht.
Der Triumph im Schweizer Kanton Aargau entschädigte jedoch für all die Strapazen. Bei Dauerregen und zwölf Grad Außentemperatur setzte sich die "Powerman"-Debütantin gegen ein hochkarätiges Teilnehmerfeld durch. Dabei stellten die allein auf den beiden Laufstrecken zu bewältigenden 1350 Höhenmeter noch das geringere Problem dar. Zahlreiche Athletinnen, darunter die Titelverteidigerin Nina Zoller (Schweiz), mussten das Rennen aufgrund von Unterkühlung vorzeitig beenden. "Meine Finger waren zwischenzeitlich so kalt, dass ich meine Flasche nicht mehr öffnen konnte", berichtet Brunnée, "es war abenteuerlich". Erst beim Wechsel zum zweiten Lauf habe sie erfahren, dass sie mit zwölf Minuten Vorsprung führe. Wenige Kilometer vor dem Ziel zu realisieren, dass sie gleich Weltmeisterin sein würde, sei dann "ein unbeschreibliches Gefühl" gewesen. Am Ende gewann Brunnée in 7:07:27 Stunden und mit beinahe 14 Minuten Vorsprung auf die Zweitplatzierte Nikola Corbova (Slowakei).
Nun geht es voraussichtlich erst mal in die Off-Season. Im nächsten Jahr will Brunnée, die seit dem Sommer auch im Triathlon für Amicitia Viernheim startet, wieder voll angreifen.
Entscheidenden Anteil am WM-Erfolg hatte übrigens ein altes Ehepaar in einer Zofinger Pizzeria am Vorabend des Rennens. "In einem zufälligen Gespräch riet mir der Mann, der sich als langjähriges Mitglied des ,Powerman’-Organisationskomittees herausstellte, mindestens eine extra Lage Kleidung zu tragen. Es würde immer kälter sein als man denkt", erzählt Brunnée. Der Rat sollte Gold wert sein.