VHS-Bürgerforum: Was der Klimaschutz in Eberbach erfordert
Von Felix Hüll
Eberbach. Sich die unabwendbaren Auswirkungen der Naturgesetze bewusst machen und jetzt sofort Konsequenzen ziehen – für sich selbst, für die eigene Gemeinde wie auch für das ganze Land – das erfordert Klimaschutz in Eberbach. Was dabei zuerst anzupacken ist, deuteten die Vorträge zweier Fachleute und des Mitbegründers der Klimainitiative Eberbach beim Bürgerforum "Klimawandel vor Ort" der Volkshochschule in der Stadthalle an, gingen aber nicht zu sehr in Details.
"Klimaschutz ist keine Privatangelegenheit", erklärte Stefan Klein. Zusammen mit seiner Frau Katharina hat er die Klimainitiative Eberbach ins Leben gerufen, die aktuell 12 Aktive umfasst. Auf ihrer Webseite www.klimainitiative-eberbach.de sind aktuell 224 Unterzeichner der Forderung aufgelistet, die Stadt Eberbach möge bis 2035 komplett klimaneutral sein.
Klein sprach nach den Vorträgen der beiden Experten, Peter Kolbe von der Klimaschutz- und Energieberatungsagentur Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis gGmbH (KLiBA) sowie Hans Hertle vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH. (Ifeu). Das Wichtigste sei, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, die globale Erwärmung wie im Pariser Klimaschutzabkommen 2015 vereinbart unter zwei Grad zu halten. Dabei sei schon jetzt absehbar, dass dieses Ziel wohl nicht erreicht werde und dies unweigerlich schwerwiegende Folgen nach sich ziehe.
Architekt und Diplomingenieur Kolbe hatte seinen Sachvortrag zum Klimawandel bereits vor dem Eberbacher Gemeinderat gehalten, worauf sich u.a. Stadtrat Dietmar Polzin an die VHS wandte mit dem Wunsch, die Vortragsaussagen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Kolbe fasste in knapp einer Dreiviertelstunde zusammen, was Wissenschaftler zum Klimawandel aussagen und welche Ratschläge sie erteilen. Die globale Durchschnittstemperatur zwischen 1880 und 2020 sei bereits jetzt um ein Grad angestiegen, bezogen allein auf Europa bereits um zwei Grad über dem Mittel der letzten 140 Jahre.
Dafür sei eindeutig der Mensch der Hauptgrund. Kolbe: "97 Prozent der Wissenschaftler sind sich da einig." Weil Medien sich der Neutralität verpflichtet sehen, stellten sie dieser Aussage auch immer die Gegenmeinung gegenüber, ohne sie entsprechend zu gewichten. Kolbe: "Das verzerrt das Bild. Man müsste 97 gleiche Meinungen gegen drei abweichende Meinungen stellen."
Kolbe zeigte in Schaubildern Zusammenhänge: je nachdem, ob man bis 2030, 2040 oder 2050 den CO²-Ausstoß um gewisse Prozentsätze verringere, erhöhe sich die Temperatur weiter mit den absehbaren Folgen in Naturkatastrophen und ihren sozialen Auswirkungen. Als sechs wichtigste Veränderungen empfehle die weltweite Vereinigung der Wissenschaftler den Umstieg auf erneuerbare Energien, das Verringern des Ausstoßes von Methangas und Ruß, besseren Schutz für Wälder und Moore, das Herstellen von mehr pflanzlichen und weniger tierischen Produkten, eine "nachhaltige Transformation der Weltwirtschaft" sowie das Eindämmern des Anwachsens der Weltbevölkerung. Ifeu-Fachmann Hans Hertle nannte u.a. Kommunen, die bereits "die Kosten des Energieverbrauchs einpreisen" wie Walldorf, Stuttgart, Frankfurt oder Konstanz.
Besucherin Monika Bergler erfuhr, dass der Eberbacher Meilensteinplan zum Klimaschutzkonzept demnächst in den Gemeinderat kommen solle. Bettina Greif hörte, dass es keine Priorisierung von Aufgaben gebe sondern dass alle Maßnahmen parallel zu ergreifen seien, so Kolbe. Er nannte aus der Gemeinde Malsch ein Beispiel, bei dem Bürger, die bereits Solaranlagen installiert hatten, anderen ihr Beispiel vorführten, es erklärten und sie unterstützten beim Anschaffen eigener Anlagen.
Hans Hertle antwortete Ekkehard Leytz, dass es Kirchen gebe, die Solaranlagen einfach auf ihre Dächer montierten und dass beim Denkmalschutz "Bewegung sei": "Die sind unter Druck," Solaranlagen zu genehmigen.
VHS-Leiter Dr. Malte Awolin hatte dieses erste VHS-Bürgerforum eröffnet. Er verwies noch auf die VHS-Veranstaltungsreihe in Neckargemünd mit weiteren Vorträgen und Workshops zum Klimaschutz.
Felix Hüll zum Bürgerforum Klimawandel vor Ort
Die Ausgangslage ist klar. Trockene Sommer, Extremniederschläge, Stürme, Hochwasser, Waldbrände, der Anstieg des Meeresspiegels – die Folgen für Menschen sind gravierend: Not an Leib und Leben, Verlust auch von Heimat, Eigentum und Gewohnheiten sowie ein bislang ungekannter Zusatzaufwand, immer häufiger auftretende Probleme in den Griff zu kriegen. Egal, ob dies eindeutig auf den Klimawandel zurück geht – es ist da und kommt wieder. Was tun?
Die Antwort ist auch schon lange da. Die Klimaschutzfreunde packen das jetzt für Eberbach an. Das VHS-Bürgerforum ist ein Mosaiksteinchen auf dem Weg, den am Dienstagabend 62 von 14.629 Eberbacher Bürgern weiter folgten.
Zu Schlüsselbegriffen des Abends zählen "Umdenken" und "Weniger ist mehr". Wie genau und wo überall lieb gewonnene Gewohn- und Gewissheiten nicht mehr gelten dürfen, weil sonst das verpasste Klimaschutzziel geradewegs in Flutwelle und tödliche Orkanböen führt – das wird noch zu heftigen Auseinandersetzungen führen. Was sagen und vor allem tun jene, die nicht da waren?
Stefan Klein versucht ganz richtig, die Debatte gar nicht erst zwischen die unversöhnlich gegensätzlichen Positionen im festgefahrenen Windkraftstreit geraten zu lassen. Er bittet, dass sich möglichst viele Bürger - durchaus auch anderer Meinung - offen an der Diskussion über Maßnahmen beteiligen.
Absehbar ist, dass da noch eine ganze Menge auf uns zu kommt.