Sinsheim: "Fridays for Future" fordert, "klug zu wählen"
Von Christian Beck
Sinsheim. Zuletzt war es um die "Fridays for Future"-Bewegung ruhiger geworden. Für Freitag ist nun eine Kundgebung unter dem Titel "Klimastreik" in der Innenstadt geplant. Die zwei Schüler Svenja Geißer, 17, und Nico Tremmel, 18, sprachen mit der RNZ über Ziele der Bewegung, Ideen für Sinsheim und die Kritik an den Protesten.
Die letzte große Kundgebung am 24. Mai 2019 fand vormittags statt. Einige sagten damals, die meisten der rund 150 Teilnehmer wollten einfach die Schule schwänzen.
Geißer: Und genau deswegen ist die dieses Mal um 13 Uhr. Am Burgplatz geht’s los, das Ende ist am "Wächter". Wer mitmacht, schwänzt nicht.
Wie viele Teilnehmer erwarten Sie?
Tremmel: So 40, 50. Es ist im Vorfeld aber ganz schwer zu sagen, wie viele tatsächlich kommen.
Dass die Kundgebung zwei Tage vor der Bundestagswahl stattfindet, ist kein Zufall.
Geißer: Das stimmt. Wir wollen die Menschen dazu auffordern, klug zu wählen.
Was heißt das?
Geißer: Damit meinen wir, dass man so wählen sollte, dass es die Welt in 20, 30 Jahren noch gibt, so wie sie jetzt ist. Die Folgen des Klimawandels müssen begrenzt werden, dass es nicht ständig zu Naturkatastrophen kommt. Wir finden, man sollte eine Partei wählen, die diese Ziele unterstützt.
Gibt es überhaupt eine Partei, die das, was Sie fordern, in der entsprechenden Konsequenz umsetzt?
Tremmel: Beim Blick auf die Wahlprogramm sieht man, dass die Ziele nicht erreicht werden. Aber: Seit den "Fridays for Future"-Protesten ist das Thema bei den Parteien in den Vordergrund gerückt.
Ist das bei den Sinsheimern auch der Fall?
Tremmel: Nicht bei allen, und nicht allgegenwärtig. Aber es gab eine Sensibilisierung.
Geißer: Vor allem bei den Jugendlichen.
Manche Kritiker sagen, die Jugendlichen müssten ihre Ideale auch selbst leben. Zu häufig ließen sich Schüler beispielsweise mit dem Elterntaxi in die Schule bringen.
Geißer: Ich nutze das Fahrrad so oft es geht, und viele meiner Freundinnen machen dies auch. Wir versuchen, Plastik zu vermeiden und achten auf die Mülltrennung.
Tremmel: Jeder muss selbst schauen, was bei ihm möglich ist. In meiner Familie haben wir uns zum Beispiel vorgenommen, Autofahrten gut im Voraus zu planen, sodass man vieles in einem Aufwasch erledigen kann und das Auto so seltener benutzt.
Wie geht Ihre Eltern- oder Großelterngeneration mit dem Thema Klimawandel um?
Tremmel: Sehr unterschiedlich.
Geißer: Grundsätzlich stellen wir aber fest, dass ältere Menschen sich nicht so sehr für das Thema interessieren wie Jugendliche.
Sinsheim gilt als Autostadt. Können Ihre Ziele hier überhaupt auf fruchtbaren Boden fallen?
Geißer: Ja. Wir fordern, dass mehr Radwege gebaut werden. Wenn es mehr davon geben würde, würden auch mehr Menschen mit dem Rad fahren.
Haben Sie noch weitere Wünsche und Forderungen mit Blick auf Sinsheim?
Tremmel: Zum einen der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Teilweise fährt der Bus nur stündlich, und zum Teil ab 20.20 Uhr sowie am Sonntag gar nicht. Gebe es in diesen Zeiten mehr Angebote, würden weniger Leute mit dem Auto fahren.
Geißer: Und wir fordern unter anderem, dass städtische Gebäude ihren Energiebedarf künftig aus erneuerbaren Quellen decken.
Stehen Sie mit der Stadt in Kontakt?
Geißer: Wir wollten zu einem runden Tisch mit dem Oberbürgermeister und weiteren Vertretern der Stadt einladen. Da kam dann Corona dazwischen. Das werden wir aber jetzt in Angriff nehmen.
Um die Fridays for Future-Bewegung ist es in der Corona-Zeit ziemlich ruhig geworden.
Tremmel: Ja, die ist ein bisschen versandet. Davor lief es gut. Wir sind gerade dabei, die Menschen wieder zu mobilisieren.
Geißer: Ich bin überzeugt, dass wir künftig mehr als vor Corona sein werden.
Inwieweit spielt Corona eine Rolle bei Ihrer Kundgebung?
Geißer: Wir werden alle Masken tragen und die Teilnehmer registrieren. Den Abstand die ganze Zeit einzuhalten, wird schwer.
Sie haben erwähnt, dass Politiker eine Rede halten wollen.
Geißer: Ja, Jürgen Kretz, der Bundestagskandidat der Grünen, wird sprechen. Lars Castellucci, der SPD-Bundestagsabgeordnete, hat sich auch angekündigt.
Lassen Sie sich hier nicht instrumentalisieren?
Tremmel: Wir legen Wert darauf, dass in der Rede kein Wahlkampf betrieben wird.
Und wenn ein Vertreter der CDU oder der AfD auf der Kundgebung sprechen wollte?
Geißer: Im Gegensatz zu den zwei anderen Politikern hat sich von diesen Parteien niemand bei uns gemeldet.
