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Сентябрь
2021

Wieslocher Grünen-Kandidat: Jürgen Kretz entschied sich im Kongo für die Kandidatur

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Von Timo Teufert

Wiesloch. Jürgen Kretz geht es um Gerechtigkeit, genauer gesagt um globale Gerechtigkeit. Bislang arbeitete der Grünen-Bundestagskandidat dafür im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Jetzt will er die Politik aktiv mitgestalten und strebt deshalb ins Parlament. Ganz besonders liegt dem 39-Jährigen dabei ein starkes Lieferkettengesetz am Herzen, mit dem die Menschenrechte entlang der weltweiten Lieferketten verbessert werden und zum Beispiel Kinder- und Zwangsarbeit verhindert werden sollen. Im BMZ waren die Lieferketten einer seiner Arbeitsschwerpunkte. Als Kenner der Materie geht ihm der Gesetzentwurf, der derzeit auf dem Tisch liegt, deshalb auch nicht weit genug: Kretz sieht darin erheblichen Nachbesserungsbedarf.

"In meiner Brust schlägt ein internationales Herz", sagt Kretz beim Spaziergang für das Porträt mit der RNZ. Er will die Themen aktiv angehen und verändern. "Deshalb will ich selbst in die Politik und nicht nur als Mitarbeiter im Hintergrund wirken", unterstreicht der Grüne. Sein Einstieg in die Entwicklungszusammenarbeit war 2016. Als Referent für Südasien im BMZ lag sein Arbeitsschwerpunkt auf Bangladesch, wo drei Jahre zuvor die Textilfabrik "Rana Plaza" eingestürzt war und 1135 Tote zu beklagen waren. "Lieferketten habe ich schon vorher sehr spannend gefunden, mir dort aber noch weiter erschlossen", berichtet der Kandidat. Bei seiner Arbeit habe er viel mitgestalten und Ideen einbringen können. Anschließend war er in einer Taskforce eingesetzt, die sich mit der Flüchtlingssituation in Syrien beschäftigte und Fluchtursachen mindern wollte, bevor er zu seinem Herzensthema zurückkam.

Als Fachreferent für nachhaltige Lieferketten wurde er 2018 für zwei Jahre in die Deutsche Botschaft im Kongo versetzt. "Ich habe mich dort um die Entwicklungszusammenarbeit gekümmert und zusammen mit einem Team von vier Leuten mit der Regierung verhandelt", so Kretz. Er habe dort, wo es um die Ausbeutung von Mensch und Natur gehe, auch mit vielen Minen zu tun, in denen verschiedene Rohstoffe wie Kobalt, Kupfer oder Coltan für die Hightech-Produkte abgebaut werden.

Im Ost-Kongo, wo die größte Blauhelmmission der Welt läuft, war er mit den UN-Soldaten in den Konfliktregionen unterwegs. "Das war eine sehr lehrreiche Erfahrung und ich habe viel mitgenommen – auch Demut vor der Aufgabe", so Kretz. Ein Infrastrukturprojekt wie eine Brücke könne zwar den Frieden fördern, aber "mit einer solch kleinen Maßnahme kann man keinen jahrzehntelangen Konflikt beenden", ist sich Kretz bewusst. Außerdem gebe es Zielkonflikte, die man immer im Blick behalten müsse. Wenn er in den Bundestag gewählt wird, ist ihm vor allem auch die Kohärenz in der Politik wichtig: "Wir dürfen nicht auf der einen Seite den Frieden fördern und auf der anderen Seite Waffen exportieren. Oder die Entwicklungszusammenarbeit über die Handelspolitik wieder zunichte zu machen", betont der Kandidat.

Politisch geprägt hat Kretz, der in Wiesloch aufwuchs und dort die Schillerschule und das Ottheinrich-Gymnasium besuchte, ein Schüleraustausch in den USA. "In einem kleinen Dorf in Louisiana habe ich eindrücklich erlebt, wie die konservative Wählerschaft in den Südstaaten tickt", berichtet Kretz. Mit 16 Jahren verbrachte er dort ein Jahr und erlebte, wie real der Rassismus dort war: "Faktisch wird dort immer noch Rassentrennung gelebt, auch wenn sie nicht so heißt", sagt Kretz. Allein schon Rap-Musik sei für seine weiße Gastfamilie völlig fremd und unverständlich gewesen. "Mir war klar: Das kann ich nicht akzeptieren."

Nach seiner Rückkehr nach Wiesloch, wo Kretz zuvor schon in der katholischen Jugend und in der Jugend des Technischen Hilfswerks aktiv war, engagierte er sich in der Grünen Jugend. Und entschied sich nach dem Abitur für eine Zivildienststelle in Peru und arbeitete dort in einem Kinderheim. "Ich habe dort eine andere Perspektive bekommen, wie Menschen in einem Entwicklungsland leben. Das hat meine Einstellung bis heute verändert", so Kretz. Er habe die Zeit in Lima sehr genossen und schnell die Sprache gelernt. "Das ist ein tolles Land", sagt Kretz. Ihm sei damals bewusst geworden, dass die westlichen Industrienationen eine Mitverantwortung für das haben, was in den Entwicklungsländern passiert.

Nach seiner Rückkehr studierte Kretz in Chemnitz – und einige Semester in Berlin – Politikwissenschaft und interkulturelle Kommunikation. Sein Studium sah auch einen Auslandsaufenthalt in einem Land vor, dessen Sprache die Studenten noch nicht beherrschen. Kretz verschlug es dabei für eineinhalb Jahre nach China. Das Land sei vielfältiger als man oft denke, aber das Reinkommen in die fremde Kultur war schwierig: "Ich musste darum kämpfen, in die Kultur eintauchen zu können. Das Dabeisein und Mitmachen war viel schwieriger als in Peru", erinnert sich Kretz. Hinzu komme, dass die Sprache nicht einfach sei – mit unterschiedlichen Betonungen und Schriftzeichen. "Für mich war es so, als müsste ich mehrere Sprachen lernen", sagt Kretz. Während seines Auslandsaufenthalts fanden 2008 in Peking auch die Olympischen Spielen statt. Zu dieser Zeit machte er gerade ein Praktikum in der Deutschen Botschaft und half etwa bei der Betreuung von Delegationen. "Ich habe dabei die unheimlich große Vielfalt an kulturellen und kulinarischen Schätzen des Landes kennenlernen dürfen", so Kretz.

Trotz aller Auslandsaufenthalte habe Wiesloch für ihn immer eine wichtige Rolle gespielt: "Wiesloch war immer ein wichtiger Bezugspunkt für mich, als ich weg war", sagt Kretz. Von 2014 bis 2016 war er auch als Kreisrat für seine Partei aktiv. Heute lebt der 39-Jährige zur Hälfte in Wiesloch und zur anderen Hälfte in Berlin: In der Bundeshauptstadt lebt er im Möckernkiez in Kreuzberg, einer selbstverwalteten, sozialen und ökologischen Wohngenossenschaft. "Dort leben mehrere Generationen unter einem Dach, wir haben ein anspruchsvolles Energiekonzept und es gibt keine übertriebenen Mietsteigerungen", berichtet Kretz. Für ihn ist der Möckernkiez ein Dorf in der großen Stadt.

Kretz liebt es, seine Wege selbst zurückzulegen und schwärmt von den kurzen Entfernungen in Wiesloch, durch die er alles mit dem Fahrrad erledigen könne. In Berlin hatte er eine Zeit lang ein eigenes Kajak, um die vielen Kanäle und die Spree zu erkunden. In seiner Freizeit joggt Kretz am liebsten auf seiner Stammstrecke durch den Wieslocher Dämmelwald, wandert oder klettert und macht gerne Urlaub mit Freunden. Nachdem er berufsbedingt viel fliegen musste, hat er für sich beschlossen: "Privat will ich eigentlich gar nicht fliegen." Wie toll die Region eigentlich ist, habe er deshalb zum Beispiel beim Campen in der Pfalz wiederentdeckt.

Seine Entscheidung, für den Bundestag zu kandidieren, fiel fernab der Heimat – im Kongo. "Den Gedanken an eine Kandidatur hatte ich schon im Hinterkopf, weil ich gerne die Erfahrung aus meiner Arbeit im Ministerium ins Parlament einbringen wollte", sagt der 39-Jährige. Nach seiner Rückkehr startete ein intensiver parteiinterner Wahlkampf, den er mit 69 Prozent bei einem Parteitag für sich entscheiden konnte. Mit Listenplatz 19 ist Kretz außerdem sehr zuversichtlich, den Einzug ins Parlament zu schaffen und unterstreicht: "Wir wollen eine starke grüne Regierungsbeteiligung."




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