Schwetzingen: Wahl ist "schicksalhafte Weichenstellung"
Von Stefan Kern
Schwetzingen. Die Kleinen Planken standen am Freitag zwei Tage vor der Bundestagswahl im Zeichen des Klimawandels. Fridays for Future hatte, wie überall in der Republik, zur Demonstration aufgerufen. In Schwetzingen versammelten sich etwa 80 Klimaschützerinnen und Klimaschützer. "Leider etwas zu wenige", befand Organisatorin Linh Ngo. Für die 18-Jährige kann die Bedeutung dieser Bundestagswahl vor dem Hintergrund des Klimawandels gar nicht hoch genug gehängt werden. "Es ist eine schicksalhafte Weichenstellung, die mit darüber entscheidet, wie das Leben auf diesem Planeten weiter geht." Bei allen Protagonisten im politischen Betrieb und Bürgern gebe es noch Luft nach oben. Gestellt habe sich der Wirklichkeit des Klimawandels niemand.
Dabei fand mit Andre Baumann (Grüne), Staatssekretär im baden-württembergischen Umweltministerium, ausgerechnet ein aktiver Landespolitiker die drastischsten Worte: "Wenn wir nicht endlich handeln, droht die Apokalypse." Auf dem Platz zwischen der evangelischen Stadtkirche und der Volkshochschule waren die Gefahren des Klimawandels präsent. Auf Plakaten hatten die Aktivisten Naturkatastrophen notiert. Alle aus diesem Jahr, was ein düsteres Bild entstehen ließ: Flutkatastrophe im Ahrtal, 49-Grad-Hitzerekord in Kanada, Waldbrände in Griechenland, Türkei, USA, Russland und Algerien, Tornado in Tschechien und 277.000 Hektar (das entspricht 390.000 Fußballfeldern) stark geschädigter deutscher Wald.
"Das ist nur ein Auszug" so Linh. Die Liste ließe sich problemlos verlängern und verdeutliche den Handlungsdruck. Ein Handlungsdruck, den Paula Stehrer-Schmidt von "Scientists for Future" (Wissenschaftler für die Zukunft) in ihrem Vortrag dick unterstrich. Der Wissensstand in Sachen Klimawandel sei enorm, habe jedoch bis dato nicht genug Resonanz erzeugt. "Wir haben kein Wissens-, aber ein Umsetzungsproblem."
Für den Klimaschutz seien viele. Doch wenn es um den Konsum von Fleisch, Mode oder Reisen gehe, sinke die Bereitschaft merklich. Hoffnung mache ihr ein Bürgerrat aus 160 Personen, der einen Plan erarbeitet habe und einen Ausweg aus diesem Dilemma aus abstrakter und tatsächlicher Bereitschaft aufzeigte. "Die Bürger sind bereit, zu verzichten, wenn sie wirklich informiert, mitgenommen und beteiligt werden." Wie wichtig die Bereitschaft ist, verdeutlichte Gerd Guntermann von Amnesty International: "Viele Menschen leiden schon jetzt entsetzlich unter dem Klimawandel." Lebensräume würden zerstört.
Laut UN leiden über 810 Millionen Menschen akut Hunger, und für drei Milliarden Menschen sei die Lebensmittelversorgung gefährdet. Und all das habe auch mit unserem Lebensstil und dem damit einhergehenden immensen Ressourcenverbrauch zu tun. "Global gesehen treten wir die Gerechtigkeit mit Füßen, und damit müssten wir aufhören."
Marie macht sich deshalb große Sorgen um die Welt: "Wenn wir so weiter machen, geht alles kaputt", sagte die Neunjährige. Auch Emilie (7) und Till (8) befürchteten, dass ihr Leben in Zukunft deutlich schwieriger wird. Sie wollen, dass die Erwachsenen jetzt etwas tun. Und im Kleinen machten sie dann auch etwas. Brachen doch rund 40 Kinder, Jugendliche und Erwachsene zum Müllsammeln auf. Nach zwei Stunden hatten sie 15 große blaue Müllsäcke gefüllt. Eigentlich auch ein erschreckendes Ergebnis. "Immer noch wird so viel Müll achtlos weggeworfen", bedauerte Iven Frehsen von Fridays for Future.