Justizschlappe für Bundesregierung: Nochmals Milliarden Euro für Spahns Masken
Ein Urteil, das massive finanzielle Folgen für den Bund haben könnte: Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat im Rechtsstreit um die Bezahlung von Corona-Schutzmasken entschieden und dabei zulasten des Bundesgesundheitsministeriums geurteilt. Darüber berichten am Freitag unter anderem die Tagesschau und andere deutsche Mainstreammedien. Eine offizielle Pressemitteilung des Gerichts liegt zur Stunde noch nicht vor.
Die Richter befanden den Presseberichten zufolge eine vertragliche Klausel, wonach Masken, die nach dem 30. April 2020 angeliefert wurden, nicht bezahlt werden müssen, für unwirksam. Sie benachteilige die Lieferanten einseitig und weiche ohne sachlichen Grund vom gesetzlichen Grundsatz ab, so die Begründung. Das Ministerium hätte den Lieferanten, wenn sie nicht fristgerecht geliefert haben oder die Qualität der Masken unzureichend war, vielmehr eine Nachfrist setzen müssen, bevor es vom Vertrag hätte zurücktreten können.
Rückblende: Ende März 2020 hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein sogenanntes Open-House-Verfahren gestartet und allen Unternehmern garantiert, für jede FFP2-Maske 4,50 Euro zu bezahlen. Der Vertrag kommt bei dieser Art von Ausschreibung allein dadurch zustande, dass Lieferwillige – das kann jedermann sein – die Lieferung schriftlich ankündigen. Das Ministerium hatte bei diesem Verfahren keine Kontrolle über die eingehenden Angebote und bezogenen Mengen mehr.
Es gingen so viele Angebote ein, dass die Angebotsfrist verkürzt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatten mehr als 700 Lieferanten angekündigt, Masken an den Bund zu liefern, und damit einen wirksamen Vertrag. Die Bedingung des Bundes bei der Ausschreibung war, dass die Masken bis zum 30. April 2020 angeliefert werden – kämen sie nur einen Tag später, sollte das ganze Geschäft ungültig sein und die Lieferungen müssten nicht bezahlt werden. Letztere Klausel hat das OLG Köln nunmehr für ungültig erklärt.
In den vom OLG Köln entschiedenen beiden Fällen hat Spahns Ministerium, wie in zahlreichen anderen Fällen, den Rücktritt von dem Vertrag erklärt, ohne den säumigen Kontrahenten eine Nachfrist zu setzen. Die Rechnungen für Corona-Masken wurden in diesen Fällen nicht bezahlt. Vor dem Kölner Gericht haben die Kläger nun Recht bekommen. Der Bund muss ihre Rechnungen nun inklusive Verzugszinsen und Prozesskosten bezahlen. Nach Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung geht es wohl um mindestens 2,3 Milliarden Euro.
Ob die Oberlandesgerichte anderer Bundesländer, bei denen ebenfalls Prozesse von Maskenlieferanten gegen den Bund laufen, der Rechtsprechung des OLG Köln folgen werden, ist noch offen. Wenn sie davon abweichen wollen, muss der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe das letzte Wort sprechen. Aus den Presseberichten geht auch nicht hervor, ob dem Bundesgesundheitsministerium noch das Rechtsmittel der Revision beim BGH eingeräumt wurde. Das OLG hat eine Revision offenbar nicht zugelassen, hiergegen könnte das Ministerium theoretisch noch mit der Nichtzulassungsbeschwerde vorgehen.
Wie RT DE Ende Mai berichtete, hat der Bundesrechnungshof in einer aktuellen Auswertung zu der ausufernden Schutzmasken-Bestellpraxis des im Jahr 2020 verantwortlichen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) das angewandte Vergabeverfahren scharf kritisiert. Die Prüfer resümierten, dass das BMG zu Beginn der "Corona-Pandemie 5,7 Milliarden Schutzmasken im Wert von 5,9 Milliarden Euro beschaffte, obwohl der Bedarf viel geringer war". Geschätzt wird der tatsächliche Bedarf auf 275 Millionen Corona-Masken.
Im Jahr 2023 wurde bekannt, dass das BMG 1,2 Milliarden dieser Masken vernichten musste, da ihr Haltbarkeitsdatum abgelaufen war. Weitere 1,7 Milliarden Masken sind aktuell zur Vernichtung vorgesehen. Der Bundesrechnungshof monierte in seiner Auswertung: "Für die verbleibenden Bestände von knapp 800 Millionen Schutzmasken hat das BMG bis heute kein Verwendungs- und Verteilungskonzept."
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